Booster-Impfung gegen Corona: Zwischen strengen Vorgaben und Tricksereien

Die Stadt Offenbach weist Impfwillige ab, der Kreis spritzt jeden und in Main-Kinzig wird getrickst: Die Corona-Booster-Impfung sorgt für Chaos in der Region.
Offenbach – Obwohl die Corona-Welle auf bestem Weg ist, zu einem Tsunami zu werden, herrscht in Sachen Booster-Impfung Chaos. In der Offenbacher Impfstation lautet die Maßgabe für die Mitarbeiter: streng nach Empfehlung der Stiko (Ständige Impfkommission). Das bedeutet: Nur Personen über 70 Jahre oder Vorerkrankte erhalten dort ihre Booster-Impfung.
„Wir haben bis heute keine offizielle Freigabe vom Land Hessen erhalten, ob wir davon abweichen können“, sagt die Koordinatorin der Impfstation, Maria Sanchez. Deshalb seien sie und ihre Mitarbeiter gezwungen gewesen, zahlreiche Leute abzuweisen. „Gott sei Dank rufen die Leute vorher oft an, sodass wir das schon am Telefon klarstellen können“, sagt Sanchez. „Wir haben allerdings auch schon einige Leute ohne die Booster-Impfung wegschicken müssen.“
Sechs-Monats-Frist für Corona-Booster-Impfung: Stadt Offenbach gibt sich entspannt
Das Kuriose: Die Gesundheitsministerkonferenz hat bereits vor einer Woche die Drittimpfung für alle – unabhängig von der Stiko-Vorgabe – empfohlen. Ebenso Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dennoch ist diese Freigabe offenbar nicht bis zu den Gesundheitsämtern durchgedrungen. Sanchez: „Wir warten im Grunde jeden Tag auf die Freigabe vom Ministerium.“ Bis dahin würden jüngere Impfwillige weiterhin vertröstet.
In Sachen Sechs-Monats-Frist hingegen gibt sich die Stadt Offenbach dann wieder ganz entspannt. „Wir haben uns auf eine Karenzzeit von zwei Wochen festgelegt“, erklärt Sanchez die Situation.
Wir haben schon einige Leute ohne die Booster-Impfung wegschicken müssen.
Corona-Impfzentren Kreis Offenbach: Jeder erhält den Piks
Impfberechtigte dürften also zwei Wochen vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist ihre Spritze abholen. Ein ganz anderes Bild zeigt sich in den Impfzentren des Kreises Offenbach. Dort gilt: Jeder Impfwillige erhält den dritten Piks. Voraussetzung ist allerdings der volle Ablauf der Karenzzeit von sechs Monaten seit der letzten Impfung. Kreissprecherin Ursula Luh bestätigt diese Praxis entgegen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Allerdings mit einem Kunstgriff. „Jede Impfung findet nur nach einem Arztgespräch statt“, sagt Luh. So sei es immer eine ärztliche Einzelfallentscheidung.
Ähnlich geht man auch im Main-Kinzig-Kreis und der Stadt Hanau vor. Kreissprecher John Mewes: „Offiziell impfen wir nach der Stiko-Empfehlung.“ In der Praxis sei es aber so, dass so gut wie niemand bei den Impfzentren weggeschickt werde. Auch hier gelte jeweils das Einzelgespräch mit dem Arzt als maßgeblich. „Aber wir bewerben das bislang nicht.“ Die große Masse richte sich deshalb weiterhin nach der Stiko-Empfehlung.
Offenbacher Corona-Impfstationen: Vereinzelt jüngere Menschen geimpft
Auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen angesprochen, räumt Offenbachs Gesundheitsamtsleiter Bernhard Bornhofen ein, dass man auch in der Offenbacher Impfstation vereinzelt Jüngere geimpft hat. „Allerdings immer erst nach einer ärztlichen Einzelentscheidung“, schränkt er ein. Wer allerdings zuvor angerufen habe und nicht der Stiko-Empfehlung entsprochen habe, sei von den Mitarbeitern abgewiesen worden. (Christian Reinartz)