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Repair-Café für Fahrräder vor dem Offenbacher Rathaus zieht viele Radler an

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Von: Lisa Schmedemann

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Mit Freude und guten Ratschlägen: Werner Röder packt im Repair-Café an.
Mit Freude und guten Ratschlägen: Werner Röder packt im Repair-Café an. © Schmedemann

Das UND-Repair-Café hat zahlreiche Radfahrer vors Rathaus gelockt

Offenbach – Zumindest einen kurzen Besuch hat die Sonne sich erlaubt. Die wenigen Strahlen sind jedoch Grund genug, sich allmählich auf die wärmeren Monate vorzubereiten – und den eingestaubten Drahtesel aus dem Winterschlaf zu holen. Das Bild, das sich vermutlich vielen Schönwetterfahrern bietet, sind vorwiegend platte Reifen. Nach längerem Stillstand empfiehlt sich nicht nur, die Luftpumpe zu bemühen. Sitzen alle Schrauben fest, greifen die Bremsen? Und was hat es eigentlich mit diesem Klackern beim Gangwechsel auf sich? Wem es am Sachverstand oder dem Werkzeug fehlt, konnte beim Repair-Café vor dem Rathaus vorbeischauen, das im Rahmen des Forschungsprojektes „UND“ der HfG Offenbach stattgefunden hat.

Auf einer Bank unter einem Pavillon sind Schlüssel in unterschiedlicher Größe griffbereit aufgereiht. Der Tüftler Werner Röder greift nahezu blind dort hin. Mit einem kurzen Ruck hebt er ein Fahrrad in die Halterung und ist somit auf Augenhöhe mit der Gangschaltung, die der Radbesitzerin Sorge bereitet. Der Hobbyreparateur greift beherzt zu und schaltet sich durch alle Stufen. „Hier ist alles gut“, lautet schließlich sein Fazit. Und das Klackern? „Das ist normal.“

Einen prüfenden Blick wirft der Rentner, der als Software-Entwickler tätig war, auf die Kette. Vorsichtig testet Röder die Spannung und erzählt dabei: „Das Tüfteln hat mir schon immer Spaß gemacht.“ Insbesondere kleine Elektrogeräte seien seine Spezialität. Zunächst waren es die Spielzeugeisenbahnen aus dem Geschäft seiner Eltern, später probierte sich der Tüftler an den Mischpulten seiner Band. 2015 stieß er auf das Elektro-Repair-Café der Bürgerinitiative Rumpenheim (BIR). „Die Idee mit den Fahrrädern kam dann ein bisschen später“, berichtet er weiter, während er mit wenigen Zügen den Fahrradständer wieder fest anzieht. „Ein Klassiker“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln, „die lockern sich bei den meisten mit der Zeit.“

Allmählich wird es eng unter dem orangefarbenen Pavillon – das Repair-Café hat Aufmerksamkeit erregt und lockt weitere Fahrradfahrer an. Weil die Halterungen inzwischen alle belegt sind, dreht Tüftlerkollege Martin Kräuter den Drahtesel kurzerhand auf den Kopf, der auf Sattel und Lenkstange einen festen Stand findet. Interessiert beugt sich die Besitzerin vor, um dem ehrenamtlichen Reparateur über die Schulter zu schauen. Denn dort findet sie das, was das Repair-Café ausmacht: Hilfe zur Selbsthilfe, Erklärungen und Ratschläge. Die Tüftler teilen ihre Erfahrungen und die Freude am Reparieren. „Praktisch ist auch, dass hier das ganze Werkzeug vorhanden ist“, sagt die Besucherin. Somit ist auch der Nachhaltigkeits- und Konsumgedanke eine der treibenden Kräfte für das Café. „Und wir machen Leuten gerne eine Freude“, ergänzt Röder. Für ihn sei dann das Lächeln in den Gesichtern der Menschen das passende Entgelt. Wer sich darüber hinaus erkenntlich zeigen will, kann die Spendenbüchse nutzen. Der Inhalt geht an den Verein Lebenszeiten, dessen Mitbegründerin Mahshid Najafi den Kontakt zum UND-Projekt geknüpft hat. „Hier herrscht eine tolle Atmosphäre“, resümiert sie und lässt ihren Blick über den Platz schweifen. „Schön, dass nun so viele mit ihren Fahrrädern gekommen sind“.

Während die Tüftler sich an die Arbeit machen, sind andere Besucher bei gutem Essen und Wein in Gespräche vertieft. Kulinarisch locken vietnamesische Speisen oder Erbsensuppe aus der UND-Küche. Es ist ein reges Treiben mit Teilnehmern unterschiedlichster Herkunft, das zu keinem Zeitpunkt chaotisch wirkt. Im Gegenteil: Vor und in der ehemaligen Bankfiliale ist ein neuer Raum entstanden, an dem Menschen zusammenkommen und sich gegenseitig unterstützen. Auf diese besondere Atmosphäre ist Jan Lotter, der als künstlerischer Mitarbeiter für das Projekt zuständig ist, stolz: „Offenbach ist so vielfältig und das sehen wir auch heute hier“, findet er.

Noch ein paar Testrunden vor dem Rathaus gedreht, dann werden die Räder wieder in die Obhut der glücklichen Besitzer gegeben. Nun steht ausgiebigen Radtouren wohl nichts mehr im Wege.

Wer den Termin am Rathaus verpasst hat, kann die regelmäßigen Angebote der Bürgerinitiative Rumpenheim wahrnehmen. Getüftelt wird dann im Garten des Treffs (Landgraf-Friedrich-Straße 1), Termine gibt die BIR über ihre Internetseite bi-rumpenheim.org bekannt.

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