Runder Tisch für den Offenbacher Wald gefordert

Das Offenbacher Wald-Moratorium soll für die Erstellung eines Konzeptes zur Zukunft des heimischen Waldes genutzt werden. Grüne und Nabu fordern mehr klimaresiliente Arten anzupflanzen.
Offenbach – Ein gutes Drittel des Offenbacher Stadtgebiets, rund 1250 Hektar, sind Wälder im städtischen Besitz. Die Stadtpolitik beschäftigt sich normalerweise nur während der Haushaltsberatung mit dem Wald, da der Wirtschaftsplan für den Forst parallel beschlossen wird.
Im Zuge der Debatte um den Klimawandel rückt der Wald stärker in den Fokus der Politik. Im vergangenen Jahr hat die Ampel-Koalition ein Wald-Moratorium beschlossen: Bis auf weiteres wird der Offenbacher Wald aus der Bewirtschaftung herausgenommen. Dies führte jedoch zu Irritationen, nach mehreren Gesprächen mit den Förstern wurde nachgebessert, etwa in Sachen Bestandsschutz und Nachzucht.
Wenig beachtet in der Diskussion blieb bisher die Zielsetzung: Man wolle den Wald aus der Bewirtschaftung nehmen, bis geprüft sei, wie sich diese Aktion auf die Öko-Punkte auswirke, hieß es im Beschluss. Die Grünen, ohnehin die treibende Kraft in der Koalition hinter den Anträgen um den Wald, werden nun genauer. Es geht um die Erstellung eines Konzeptes für die kommenden Jahre, wie mit dem Wald mit Blick auf Klimaveränderungen umzugehen ist, sagt Olaf Zimmermann von den Grünen. Gemeinsam mit dem Nabu-Kreisverband Offenbach fordern sie, dass die Stadt sich an einem Projekt des Bundes für klimaangepasstes Waldmanagement beteiligen soll.
Dabei fordern sowohl die Grünen wie der Nabu, dass es ein breites Bündnis für den Schutz und die Zukunftsfähigkeit des Waldes geben muss: Politik, Hessen-Forst, Bürger und Naturschutzverbände sollen einbezogen und an einen runden Tisch gebracht werden. Alleingänge seien zu vermeiden, sagt auch Gerd Dettweiler vom Nabu-Kreisverband Offenbach.
Wenig überraschend plädiert der Nabu für eine Abkehr von der bisherigen Waldbewirtschaftung: Statt auf Holzernte müsse der Blick noch mehr auf den Erhalt gerichtet werden, sagt er. Dafür sei es nötig, andere Baumarten anzupflanzen, die besser mit Trockenheit zurechtkämen. „In Rheinland-Pfalz wird das schon praktiziert, dort werden für eine größere Baumdiversität andere Arten angepflanzt.“ Wichtig sei, dass es heimische Arten wären: Feldahorn, Walnuss oder Edelkastanie hätten viel Potenzial und kämen mit dem Klimawandel besser zurecht als die bisherigen Bestandsarten. Laut Forstamt Langen ist momentan die Kiefer in den Wäldern um Offenbach mit 55 Prozent überrepräsentiert, Buchen machen 21 Prozent und Eichen nur 14 Prozent des Waldes aus. Forstamt wie Nabu sind sich einig, dass es besser wäre, die Zahl der Eichen zu erhöhen.
Für die Holzwirtschaft – der Verbrauch der Bundesrepublik ist unverändert groß – bedeutet das aber, dass ganze Teile aus dem Wirtschaftssystem entfallen: Einerseits durch Moratorien, andererseits, da die geforderten Arten deutlich länger bis zur Ernte benötigen, teils 100 Jahre länger. Man müsse daher je nach Region entscheiden, sagen Dettweiler wie Zimmermann: In Nordhessen sei Holzeinschlag sinnvoll, während im Rhein-Main-Gebiet die wirtschaftliche Bedeutung nicht im Vordergrund stehen solle.
Klimaangepasstes Waldmanagement
Die Stadtverordneten haben im Februar beschlossen, eine Bewerbung der Stadt für das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu prüfen. Bis 2026 stellt das Ministerium aus dem Klima- und Transformationsfonds rund 900 Millionen Euro für unterschiedliche Vorhaben bezüglich klimaresilienter Wälder, darunter auch dieses Projekt, bereit. Zu den Kriterien für einen klimaangepassten Wald zählen die Verjüngung des Bestandes sowie die Erhöhung von standortheimischen Baumarten. Statt Monokulturen wird auf Mischwälder gesetzt, eine Biodiversität ist gefordert. Auf fünf Prozent der jeweiligen Fläche soll eine natürliche Waldentwicklung ohne Einwirkung des Menschen erfolgen. Totholz soll im Wald liegen bleiben, außerdem soll auf Kahlschläge ebenso verzichtet werden wie auf Pestizide und Dünger. Pro Hektar sind laut Kriterien des Ministeriums fünf statt bisher zwei sogenannte Habitatbäume auszuweisen, außerdem soll auf Entwässerung verzichtet werden.
Bundesweit gebe es bereits Vorbilder für einen neuen Umgang mit dem Wald, sagt Zimmermann und verweist etwa auf die Stadt Lübeck: Dort wurde der Wald nicht nur aus der Bewirtschaftung genommen, sondern ganze Teile dürfen nicht mehr betreten werden. Das sei für Offenbach jedoch keine Lösung, betont Zimmermann. Allerdings könnten die Wege eingeschränkt werden, um einen eher an der Natur denn an der Wirtschaft orientierten Wald zu entwickeln.
„Durch das Moratorium haben wir Zeit für ein Konzept gewonnen“, sagt Zimmermann. Nun gelte es, die Akteure an einen Tisch zu bringen, um bis Ende nächsten Jahres ein Konzept vorzulegen.
Von Frank Sommer