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Schätze aus dem Offenbacher Museumsdepot

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Von: Frank Sommer

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Tabakdose um 1850, die das Offenbacher Büsing-Palais vor dem Umbau zeigt
Erst kürzlich erworben: Eine Schnupftabakdose aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die das Offenbacher Büsing-Palais vor dem Umbau zeigt. © Sommer

Kein Museum dieser Welt kann alle seine Objekte ausstellen, dafür fehlt es schlicht an Platz, die Fülle an Schauobjekten würde die Besucher zudem überfordern. Im Offenbacher Haus der Stadtgeschichte ist es nicht anders. „Museen können im Schnitt nur 30 Prozent ihrer Sammlung zeigen, der Rest lagert im Magazin“, sagt Museumsleiter Jürgen Eichenauer.

Offenbach - Manche Objekte können während einer Sonderausstellung den Besuchern zugänglich gemacht werden oder werden anderen Museen ausgeliehen, ansonsten lagern sie katalogisiert und wohl gehütet im Depot.

Das Magazin des Hauses der Stadtgeschichte umfasst so einiges: Kunst- und graphische Sammlung, die Münzkollektion, die archäologische und volkskundliche Sammlung sowie den Bestand Industriekultur. Und es kommen regelmäßig neue Objekte dazu, durch Schenkung oder Nachlass. „Manchmal stehen Leute mit einer Kiste voller Gegenstände vor der Tür“, sagt Eichenauer und lacht. Freilich könne nicht alles angenommen werden, was ihm angeboten werde. In bestimmten Fällen steht ihm auch kleines Budget für den Ankauf oder für Aktionen bereit. Zum teuersten Ankauf zählen Briefe von Sophie von la Roche, die in einer Auktion nicht versteigert und als Rückgang angeboten wurden. Durch einen Sponsor konnte das Museum die gut 1000 Euro für die Briefe der in Offenbach tätigen Schriftstellerin aufbringen.

Jürgen Eichenauer, Leiter des Offenbacher Hauses der Stadtgeschichte, mit einem Requisit aus der Musical-Produktion „Tommy“
Museumsleiter Jürgen Eichenauer mit dem Flipper aus dem Musical „Tommy“ - auch das Requisit ist im Besitz des museums. © Sommer

Anderen Häusern stehen in solchen Fällen wesentlich größere Summen zur Verfügung, in der finanziellen klammen Stadt ist dagegen Verhandlungsgeschick gefragt – und Glück: So gelang es Eichenauer etwa, die erste Goethe-Medaillen zu erwerben, die 1775 geprägt wurde und die in der Umschrift die Vornamensform „Ioannes Wolfgang Goethe“ trägt. „Es ist schon ein besonderer Glücksfall, wenn ein solches Objekt in den Handel kommt - und der wahre Wert in der Auktion nicht erkannt wird.“ Auch hier gelang es ihm, durch einen Rückgang in den Besitz der seltenen Zinn-Medaille zu gelangen.

„Jedes Objekt erzählt eine Geschichte“, erklärt der Museumsleiter. Etwa die massige Fliegerbombe, die einst während einer Pressekonferenz entdeckt wurde und deretwegen alle Beteiligten evakuiert werden mussten. In einem Schrank lagern Gegenstände der Alltagsgeschichte, etwa ein Brautkranz von 1913 – wer die Braut war und was die Eheleute im kurz darauf beginnenden Ersten Weltkrieg erlebten, diese Fragen stellen sich unwillkürlich beim Betrachten.

In der Dauerausstellung hat das prachtvolle d’Orvillsche Puppenhaus seinen Platz, im Magazin stehen weitere Puppenhäuser, die vom einstigen Reichtum der Offenbacher Bürgerschaft zeugen. Mieder oder Hüte geben Auskunft über Kleidungsgewohnheiten vergangener Zeiten, auch die Arbeitswelt ist dokumentiert: Recht unscheinbar steht ein alter Spind neben den Magazinschränken, für Kenner aber eine Besonderheit. „Der stammt aus der Hafenmeisterei und hat ein für den Beginn des 20. Jahrhunderts sehr fortschrittliches Design mit Jugendstil-Elementen.“

Die Gemäldesammlung beinhaltet Dutzende Werke von Künstlern aus Offenbach oder solchen, die in der Stadt wirkten. Die Maler der Bachstraße sind vertreten, natürlich auch viele Graphiken von Rudolf Koch. Aus dem Nachlass des einstigen Offenbach-Post-Chefredakteurs Lothar „Ralo“ Braun stammt das Gemälde „Meereslandschaft“ von Ludwig Plaueln, dem Gründer des Bundes Offenbacher Künstler.

Goethemedaille aus Zinn von 1775
In der Münzsammlung des Hauses der Stadtgeschichte findet sich auch die erste geprägte Goethe-Medaille von 1775 aus Zinn. © Sommer

Auch die Skizzen der umstrittenen Altargemälde der Bieberer Lutherkirche finden sich im Museumsdepot – da sie zuvor von der Gemeinde schlecht gelagert wurden, sind sie stark zerstört, die gut 50 000 Euro teure Restauration ist vom Museum nicht zu leisten. „Nicht immer wurde mit den Objekten zuvor pfleglich umgegangen, manchmal war nicht bewusst, dass sie eine Bedeutung für die Geschichte Offenbachs haben.“

Ob Möbelstück aus dem 18. Jahrhundert oder Briefmarkenkapselgeld von 1920 mit Werbung für das Modehaus Kohl – im Magazin lagern hunderte Objekte, die eine Geschichte erzählen: Diese Geschichten in Ausstellungen für das Publikum erfahrbar machen, ist Aufgabe und Herausforderung für das Team um den Museumschef.

In loser Folge werden wir besondere Stücke aus dem Magazin des Hauses der Stadtgeschichte vorstellen. Das Museum hat dienstags, donnerstags und freitags von 10 bis 17 Uhr, mittwochs von 14 bis 19 Uhr und an Wochenenden von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Von Frank Sommer

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