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„Ich bin da auch schon gestürzt“: Schienen bleiben vorerst auf der Frankfurter Straße

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Von: Frank Sommer

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Die Frankfurter Straße erhält zwischen Kaiserstraße und August-Bebel-Ring zu beiden Seiten Radspuren, die alten Straßenbahnschienen sollen jedoch vorerst bleiben.
Die Frankfurter Straße erhält zwischen Kaiserstraße und August-Bebel-Ring zu beiden Seiten Radspuren, die alten Straßenbahnschienen sollen jedoch vorerst bleiben. © Sommer

Offenbach soll sicherer für Radfahrer werden. Die Schienen auf der Frankfurter Straße sind dabei ein wunder Punkt. Doch sie bleiben vorerst.

Offenbach - Eine der ersten Vereinbarungen zwischen Stadt und der Initiative Radentscheid betrifft die Frankfurter Straße: Zwischen Kaiserstraße und August-Bebel-Ring soll die Straße komfortabler und sicherer werden, was angesichts der derzeitigen Situation für Radler verständlich ist. So mancher nutzt nämlich lieber den Fußgängerweg, um die unterschiedliche Pflasterung sowie die rutschigen Schienenreste der einstigen Straßenbahn zu vermeiden. Auf dem Bürgersteig kommt es dann freilich zu Konflikten mit Fußgängern, die berechtigterweise darauf drängen, dass die Radler die Straße nutzen.

Mit den Radfahrstreifen zu beiden Seiten soll sich die Situation entspannen, allerdings ist ein anderer Konflikt vorprogrammiert: Dafür muss der „ruhende Verkehr“, wie es in der Amtssprache heißt, wegfallen. Für so manchen Anwohner könnte das zum Problem werden. Das Parkhaus der IHK sei zwar nicht ausgelastet, sagt Ivonne Gerds, Leiterin des Amtes für Mobilität, doch sei die Aussicht auf hohe Parkkosten wenig erfreulich für die Anwohner. Hier müsse auf Kommunikation gesetzt werden, um eine Lösung zu finden, die Akzeptanz für den Radstreifen schafft.

Offenbach: „Angebotsstreifen“ als Möglichkeit für Radspur

Beim Blick auf den Straßenabschnitt fällt auf, dass zu beiden Seiten des Bürgersteigs, der teils zum Parken genutzt wird, nicht durchgängig gepflastert ist. Teilweise liegt nur Split auf den Flächen, die derzeit zum Abstellen der Autos genutzt werden. Daher muss bei der Neuausweisung der Straße wohl auch eine neue Pflasterung in Teilen erfolgen, denn dass die Radfahrer über die teils spitz herausragenden Steine fahren, ist kaum praktikabel. Oder dieser Bereich wird den Fußgängern zugeschlagen und beide Streifen für Radfahrer werden als „Angebotsstreifen“ (siehe Kasten) markiert, sodass Autos und Radfahrer sich den Verkehrsraum teilen.

Unterschiedliche Möglichkeiten für Radspuren

Baulich sind verschiedene Varianten möglich, um Radfahrern ein Angebot im Verkehrsraum zu machen. Der Angebotsstreifen besteht aus einer Markierung zu beiden Seiten der Straße, die weiße Linie ist dabei nicht durchweg gestrichelt: Andere Verkehrsteilnehmer wie Autos oder Busse dürfen diese überfahren. Angebotsstreifen wurden etwa in Bieber auf der Seligenstädter Straße westlich der Bahnunterführung eingerichtet. Breiter ist der Radfahrstreifen, der mit einer durchgezogenen weißen Linie gekennzeichnet ist. Diese Linie darf von anderen Verkehrsteilnehmern nicht überfahren werden. Auch hier dient die Seligenstädter Straße als Beispiel, etwa zu beiden Seiten in Höhe des Industriegebietes in Waldhof. Als Mischform werden Abschnitte bezeichnet, auf denen Radfahrer andere markierte Straßenteile mitbenutzen dürfen, etwa eine eingezeichnete Busspur. Beispiel dafür wäre der Abschnitt der Waldstraße in Höhe des Verlagshauses der Offenbach-Post. Die aufwendigste Form ist der baulich getrennte Radweg, auch englisch als „protected bike lane“ bezeichnet. Durch Poller oder andere Trennelemente ist diese Strecke für andere Verkehrsteilnehmer abgesperrt. Ein Beispiel wäre auf der Sprendlinger Landstraße in Richtung Kreisel zu finden. 

Ein großes Ärgernis für viele Radfahrer, aber auch für Menschen mit Gehbeeinträchtigung bleibt jedoch bestehen, beziehungsweise liegen: Die Schienen der einstigen Straßenbahn werden vorerst nicht herausgenommen. Die rutschigen Schienen werden nicht nur vom Radentscheid kritisiert, auch der Deutsche Wetterdienst, der unter seinen Mitarbeitern für mehr Radnutzung beim Weg zur Arbeit wirbt, ist wenig glücklich mit der Situation. Jedes Jahr gebe es gut zwei Unfälle wegen der rutschigen Schienen oder der schlechten Einsehbarkeit der Zufahrt zum Gelände, sagt Sprecher Uwe Kirsch auf Nachfrage. Viele Beschäftigte des Deutschen Wetterdienstes, würden daher lieber auf dem Fußgängerweg fahren, was jedoch zu Konflikten mit Passanten führt.

Offenbach: „Sicher jeder, der dieses Stück mit dem Rad abfährt, ist schon mal hingefallen“

Auch Mobilitätsdezernentin Sabine Groß kennt das Problem: „Sicher jeder, der dieses Stück mit dem Rad abfährt, ist schon mal hingefallen – ich bin da auch schon gestürzt.“ Dennoch, vorerst wird sich an der Schienen-Problematik nichts ändern, bestätigt Gerds. Die Stadt prüft nämlich, ob nicht doch die Straßenbahn wieder verlängert werden könnte – dann müsste die komplette Frankfurter Straße grundhaft erneuert werden. Das einstige „Aus“ für die Straßenbahn rückgängig zu machen, ist ein oft gehörter Wunsch von Bürgern wie Händlern. „Es wäre somit nicht sinnvoll, jetzt die Straße aufzureißen, um die Schienen rauszunehmen, und in vielleicht sechs Jahren erneut zu bauen“, sagt Gerds.

Die beiden Streifen für Radfahrer seien als schnelle Maßnahme zur Verringerung der Unfallhäufigkeit in der Frankfurter Straße gedacht, erklärt Groß. Wie sich die Zukunft dieses Straßenabschnitts gestaltet, wird spannend zu beobachten sein: Eine Straßenbahn würde erneut eine Änderung der Raumaufteilung erfordern, doch die Finanzierung derselben ist bisher ungewiss. (Frank Sommer)

Die Seligenstädter Straße in Offenbach galt bei Radfahrern als „Todesstreifen“.

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