Schmierereien, Lärm, Stau: Eine Stadt verliert die Geduld mit Querdenkern

In Offenbach haben Anwohner genug von Aktionen einiger Querdenker. Denn die leiden unter beschmierten Häusern, permanenten Ruhestörungen und Verkehrschaos.
Offenbach – Ali Güngör ist sauer. Coronaleugner haben sein Haus in Offenbach-Bieber beschmiert. Irgendwann am Sonntag zwischen 10 und 16 Uhr. „Coronalüge“ steht da in weißer Sprayfarbe. „Das bekomme ich nicht mehr ab“, sagt der 49-Jährige zerknirscht. „Jetzt kann ich wegen diesen Leuten den ganzen Sockel meines Hauses neu streichen.“ Er hat zwar Anzeige gegen Unbekannt erstattet, viel Hoffnungen macht er sich aber nicht. „Ich kann dieses Verhalten einfach nicht verstehen“, sagt er. Die Impfgegner und Coronaleugner würden immer darauf pochen, dass sie für Frieden und Freiheit stehen, sagt er. „Aber dann laufen sie hier durch die Stadt und beschädigen das Eigentum der anderen.“
Güngör ist nicht das einzige Opfer. Wenige hundert Meter entfernt, an der Schlossmühlenstraße haben die Coronaleugner erneut zugeschlagen. In riesigen Lettern haben sie noch einmal „Coronalüge“ hingesprayt. Diesmal direkt auf den Asphalt der Straße. Zwei Werbebanner am Bauzaun haben es auch abgekommen. Reinhold Sturm, der die Worte quasi direkt vor seinem Hoftor vorgefunden hat, schüttelt genervt den Kopf. „Jeder darf ja seine Meinung sagen, aber für ein solches Verhalten fehlt mir jedes Verständnis.“
Corona-Leugner beschmieren Häuser in Offenbach
Auch an weiteren Stellen in Bieber haben die Impfgegner die Straßen besprüht. Immerhin war ein Trupp des ESO schon gestern am Vormittag vor Ort und begann dort die Parolen mit Chemie und Hochdruckreiniger zu entfernen. Währenddessen bleiben die restlichen Schmierereien im Stadtgebiet wohl erstmal erhalten. An der Bieber-Schule steht in Schwarz „Wehrt euch“ und Wacht auf“. An der Hauswand gegenüber in Grün „Lügenpandemie für Sklaven“.
Stadtwerke-Sprecherin Sigrid Aldehoff: „Der Stadtservice hat bereits begonnen, die Schmierereien im öffentlichen Raum in Eigenregie zu entfernen. An Privathäusern dürfen wir ohne Auftrag der Eigentümer oder Eigentümerinnen nicht arbeiten.“ Da jedoch immer mehr dieser Schmierereien auftauchten, würden die Mitarbeiter die Arbeit heute fortsetzen.
Immerhin hat die Polizei mittlerweile eine grüne Spraydose gefunden, die nun auf Spuren untersucht wird. Die Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums Südosthessen hofft nun auf Zeugen, die die Täter auf ihrem Zug durch den Stadtteil beobachtet haben.

Anwohner in Offenbach genervt von abendlichen Querdenker-Demonstrationen
Ebenfalls genervt von den Leugnern ist Fabian Dührssen. Er ist am Montagabend vom ohrenbetäubenden Lärm einer weiteren Querdenker-Demo überrascht worden. „Es ist rücksichtslos, spätabends mit Heidenlärm und Partymusik durch ein Wohngebiet zu spazieren, wo überall kleine Kinder versuchen zu schlafen“, sagt er. „Aber das zeigt nur einmal mehr, dass es diesen Leuten nur um sich selbst geht und ihnen alle anderen einfach egal sind.“
Auch auf der Hafeninsel waren viele Anwohner vom Gegröle und der Musik der Demo genervt. Einige rissen die Fenster auf und skandierten „Ihr seid wenige, wir sind mehr!“ Andere machten ihrem Ärger im Internet Luft und beschwerten sich über die laute Musik. Mehrere berichteten, dass ihre Babys vom Lärm aus dem Schlaf gerissen wurden.
Beschmierte Häuser, permanente Ruhestörungen und Verkehrschaos wegen Querdenkern in Offenbach
Und auch in Sachen Verkehrsbehinderungen scheinen immer mehr Offenbacher die Geduld mit den Querdenkern zu verlieren. „Erst vor 14 Tagen wurde die ganze City gesperrt, sodass man nicht heimkam“, berichtet ein Anwohner und wird dann sarkastisch: „Aber für unsere Querdenker ist ja alles möglich.“
Eine Offenbacherin aus dem Nordend, die ihren Namen aus Angst vor Anfeindungen durch Coronaleugner nicht in der Zeitung lesen will, hat die Nase vom Dauerprotest jedenfalls voll. „Wir geben diesen Leuten seit Monaten die Möglichkeit, ihre Meinung frei zu äußern. Zurück bekommen wir aber beschmierte Häuser, permanente Ruhestörungen und Verkehrschaos“, zählt sie auf. „Das Ganze ist mittlerweile wirklich zu einer Pandemie der Nervigen geworden.“ (Von Christian Reinartz)