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Schon gewusst? Beeren-Ernte ist in Offenbach strafbar

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Von: Carolin Henneberg

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Abgezogen und eingepackt: Das Naschen vom Brombeerstrauch ist nicht verboten – das Abernten hingegen schon. Die Stadt Offenbach hat eben ein Auge auf ihre Früchtchen.  (c)Foto: ch
Abgezogen und eingepackt: Das Naschen vom Brombeerstrauch ist nicht verboten – das Abernten hingegen schon. Die Stadt Offenbach hat eben ein Auge auf ihre Früchtchen. © ch

Offenbach - Wer mit einem Eimerchen loszieht, um sich Brom- oder Himbeeren von städtischen Sträuchern zu fingern, muss in Offenbach mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro rechnen. Denn in der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt gilt der Beerenklau als Ordnungswidrigkeit. Von Carolin Henneberg

Prall und saftig hängen die kleinen Früchtchen zurzeit etwa am Rand der Schreberstraße. Verlockend, einfach mal die Hand auszustrecken und sich die ein oder andere Brombeere zu genehmigen. Aber Vorsicht, nicht zu viele mitgehen lassen, um am Ende daheim Marmelade daraus zu kochen. In der aus den 90er Jahren stammenden städtischen „Gefahrenabwehrverordnung“ steht nämlich geschrieben: „Das Sammeln von Holz, Laub oder Früchten ist nur mit Erlaubnis der Stadt Offenbach am Main gestattet.“ Darunter fallen eben auch Brombeeren.

Ordnungsamtschef Peter Weigand kennt den Paragrafen natürlich: „Wenn meine Mitarbeiter jemanden sehen, der sammelt, können sie hingehen und es verbieten.“ Vorgekommen sei das in letzter Zeit aber nicht. Um eine leere Drohung handelt es sich dennoch nicht: Vor einigen Jahren wandte sich eine Rumpenheimerin an die Zeitung, nachdem sie und ihre Kinder beim „Raubzug“ im Stadtteil von Hilfspolizisten verwarnt worden waren.

Die Ordnungswidrigkeit, und um eine solche handelt es sich, kann theoretisch ganz schön teuer werden. Je nach Menge der geklauten Beeren 45 bis 500 Euro.

Aber was sind öffentliche Anlagen, von denen nicht geerntet werden darf? Im Sinne der Verordnung: „gärtnerisch gestaltete Anlagen oder sonstige Grünanlagen, die der Erholung der Bevölkerung oder der Gestaltung des Orts- oder Landschaftsbildes dienen und der Öffentlichkeit zugänglich sind. Dazu gehören auch Verkehrsgrünanlagen und öffentlich zugängliche Kinderspielplätze.“

Stehen die Sträucher aber auf Privatgrund, während die Früchte tragenden Ranken über einen städtischen Gehweg hängen, darf man laut Ordnungsamtschef ran an die Frucht. Wer lieber ganz sicher gehen will, muss sich eine Genehmigung besorgen. Zwar kostet auch die etwas, aber billiger als 45 Euro Strafe ist sie allemal. „Da liegen wir bei irgendwas zwischen zehn und zwanzig Euro“, muss Weigand schätzen, weil noch nie solch ein Pflückschein beantragt wurde.

Andere Städte hängen da weniger an ihren Früchten. Offenbach hat sich bundesweit wohl eine Ausnahmestellung verschafft. So dürfen in Hanau in öffentlichen Anlagen nach Herzenslust die Schüsseln gefüllt werden. In Langen macht man sich zwar Sorgen um die dortigen Streuobstwiesen, deren Apfelbäume den Fortbestand des Siebenschläfer Apfelweins sichern; Ordnungsgelder sind dort zurzeit aber kein Thema. In Dietzenbach sagt Michael Würz, der Chef der Städtischen Betriebe: „Solange Pflanzen und Umgebung nicht beschädigt werden, finden wir es besser, wenn das Obst verzehrt wird, bevor es verfault.“

Auch ausgiebige Internetrecherche bringt keine weitere Kommune, die ein solches Verbot im Stadtrecht festgeschrieben hat. Lediglich in Mülheim an der Ruhr ist Beerenklau Medien-Thema: Aber nur, weil ehrenamtliche Landschaftswächter verhindern wollen, dass im Naturschutzgebiet den Tieren die Nahrung entzogen wird.

Doch nur in Offenbach ist die Lage auf dem Satzungs-Papier so eindeutig streng fürs gesamte Stadtgebiet geregelt: Picken erlaubt, regelrechtes Ernten verboten. Wie das übrigens seinerzeit in die Satzung geraten ist, kann sich niemand mehr erklären.

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