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Schülerinnen erheben Rassismus-Vorwürfe gegen Theodor-Heuss-Schule in Offenbach

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Von: Lena Jochum

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Nur wenige Monate, bevor für die 17-jährige Gabriela-Eugenia Oarga und die 18 Jahre alte Hikmatou Ali die Prüfungen zum Mittleren Bildungsabschluss anstehen, kommt es zu einem Vorfall, der die jungen Frauen nun schwere Rassismus-Vorwürfe gegen Lehrkräfte und Schulleitung erheben lässt.
Nur wenige Monate, bevor für die 17-jährige Gabriela-Eugenia Oarga und die 18 Jahre alte Hikmatou Ali die Prüfungen zum Mittleren Bildungsabschluss anstehen, kommt es zu einem Vorfall, der die jungen Frauen nun schwere Rassismus-Vorwürfe gegen Lehrkräfte und Schulleitung erheben lässt. (Symbolbild) © Bodo Schackow/dpa

Mussten Schüler der Theodor-Heuss-Schule in Offenbach das „N-Wort“ aussprechen? Gegen die Schule werden Rassismus-Vorwürfe laut.

Offenbach – Gabriela-Eugenia Oarga und Hikmatou Ali sind immer gerne zur Schule gegangen. Die beiden Freundinnen besuchen die Theodor-Heuss-Schule am Buchhügel, sind beide im zehnten Schuljahr, aber in unterschiedlichen Klassen. Seit einigen Wochen aber ist das anders. Nur wenige Monate, bevor für die 17-jährige Gabriela-Eugenia Oarga und die 18 Jahre alte Hikmatou Ali die Prüfungen zum Mittleren Bildungsabschluss anstehen, kommt es zu einem Vorfall, der die jungen Frauen nun schwere Rassismus-Vorwürfe gegen Lehrkräfte und Schulleitung erheben lässt.

Der Auslöser: Im Zuge des Black History Month, der insbesondere in den USA jährlich im Februar begangen wird, setzt sich die Klasse von Gabriela-Eugenia Oarga im Ethik-Unterricht mit einem Text von Martin Luther King auseinander. Die 17-Jährige soll die Zeilen vorlesen, was sie zunächst auch tut – bis das Wort „Neger“ vorkommt. „Ich habe das N-Wort dann übersprungen“, erzählt Gabriela-Eugenia Oarga. Daraufhin habe die Lehrerin sie zunächst mehrmals aufgefordert, es auszusprechen, als sie sich weiterhin weigert, soll ein anderer Schüler lesen. „Der hat es dann gemacht. Später sagte er, er wollte es auch nicht, hatte aber Angst vor Stress mit der Lehrerin“, berichtet Gabriela-Eugenia Oarga.

Offenbach: Schülerinnen werten Verhalten der Lehrkräfte als rassistisch

In den darauffolgenden Tagen spitzt sich die Situation zu. Gabriela-Eugenia Oarga vertraut sich ihrer Freundin Hikmatou Ali an, beide führen mehrere Gespräche mit verschiedenen Lehrkräften und dem Schulleiter, es kommt zu Auseinandersetzungen, es wird emotional, stellenweise laut. „Immer wieder wurde uns gesagt, wir übertreiben.“ Die beiden Schülerinnen fühlen sich nicht ernstgenommen, sehen kein Verständnis für die Problematik rund um ein Wort, das sie selbst so ablehnen.

„Ich hätte mir zumindest gewünscht, dass im Unterricht darüber gesprochen wird, warum das N-Wort so schlimm ist“, sagt Gabriela-Eugenia Oarga. „Da ist so viel Geschichte dahinter, das kann man nicht einfach so vorlesen“, ergänzt Hikmatou Ali. Sie selbst habe immer wieder Rassismus wegen ihrer Hautfarbe erfahren, weshalb ihr die Debatte besonders nahe gehe.

Die Freundinnen werten das Verhalten der Lehrkräfte ganz klar als rassistisch. Denn die hätten keinerlei Scheu gehabt, das Wort in Gesprächen immer wieder zu verwenden. Eines davon nimmt Hikmatou Ali heimlich mit dem Handy auf, streamt live auf Instagram. Auch deshalb schaukelt sich die Auseinandersetzung immer weiter hoch, mündet schließlich in Klassenkonferenzen für Gabriela-Eugenia Oarga und ihre Freundin.

SPD-Stadtverordnete nach Rassismus-Vorwürfen in Offenbach entsetzt

Die Folgen: Erstere muss nun kurz vor den Prüfungen in die Parallelklasse wechseln, Hikmatou Ali berichtet, man habe ihr angedroht, sie bei weiteren Fehltritten der Schule zu verweisen. Mittlerweile sind die SPD-Stadtverordnete Hibba Kauser, das Kinder- und Jugendparlament sowie der Stadt-Schülerrat den beiden jungen Frauen zur Seite gesprungen, fordern eine Entschuldigung der Lehrkräfte, eine Anti-Rassismus-Fortbildung für selbige, aber auch, dass die Akteneinträge der Schülerinnen gelöscht werden.

Hibba Kauser, die selbst an Gesprächen mit Schulleiter und Lehrkräften teilgenommen hat, zeigt sich entsetzt. Schließlich werde hier ein rassistisches Wort eindeutig verharmlost. „Und es kann nicht sein, dass Schülerinnen, die gegen etwas Ungerechtes aufstehen, abgestraft werden.“

Offenbach: Schulleiter wehrt sich gegen Rassismus-Vorwürfe

Schulleiter Horst Schad weist diese Vorwürfe hingegen klar zurück. „Wir müssen nicht darüber streiten, dass man das Wort heute auf keinen Fall mehr verwenden sollte“, betont er. Allerdings habe es sich im fraglichen Zusammenhang um einen historischen Text gehandelt. Mit Rassismus hat das in seinen Augen nichts zu tun.

Er hebt außerdem hervor, dass im Anschluss an den Vorfall sehr wohl von verschiedenen Lehrkräften die Debatte um das fragliche Wort aufgegriffen wurde. Unangemessenes Verhalten sieht Schad vielmehr seitens der Schülerinnen, die von Anfang an extrem emotional an die Sache herangegangen seien. Die Versetzung von Gabriela-Eugenia Oarga begründet er damit, dass das zerstörte Vertrauensverhältnis den Verbleib in der Klasse unmöglich gemacht hätte.

„Unsere Schule wurde mit dem Integrationspreis ausgezeichnet, trägt den Titel ,Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘, was uns vorgeworfen wird, ist so weit weg von dem, wofür wir stehen.“ Er hofft, dass bald Ruhe einkehrt. Aktuell aber ist keine Annäherung in Sicht. Die Fronten sind verhärtet. (Lena Jochum)

Nach Verkehrsbetrieben in anderen Städten schafft auch der NVV aus Kassel (Hessen) den Begriff „Schwarzfahren“ ab. Dabei hat das Wort keinen rassistischen Ursprung. Ist der Schritt richtig?

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