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Um mehrere Themenschwerpunkte dreht sich der 39. Hessische Mietertag

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Von: Barbara Scholze

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Im Gespräch im Sheraton: Roland Stöcklin (von links), Geschäftsführer Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden, Harald Kühlborn, Vorsitzender Mieterbund Nordhessen und Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin Deutscher Mieterbund.
Im Gespräch im Sheraton: Roland Stöcklin (von links), Geschäftsführer Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden, Harald Kühlborn, Vorsitzender Mieterbund Nordhessen und Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin Deutscher Mieterbund. © Scholze

Mit zwei zukunftsgerichteten Schwerpunktthemen ist der 39. Hessische Mietertag in Offenbach zu Ende gegangen: Auch weiterhin wird es um den seit Jahren brachliegenden Sozialen Wohnungsbau gehen, darüber hinaus stehen Diskussionen auf der Agenda, die aufzeigen sollen, wie bezahlbarer Wohnraum mit Klimaschutz in Einklang zu bringen ist.

Offenbach – Zwei Tage lang tagte der Landesverband Hessen des Deutschen Mieterbundes im Hotel Sheraton. 100 000 Mieterhaushalte vertritt die Vereinigung nach eigenen Angaben. Dass die aktuelle Situation angesichts mangelnden Wohnraums, ständig steigender Mieten, der allgemeinen Teuerung und der klimapolitischen Anforderungen der Zukunft alles andere als rosig ist, betonten unisono alle Vortragenden. Auch Stadtrat Martin Wilhelm, Chef der Gemeinnützigen Baugesellschaft Offenbach (GBO), verwies in seiner Begrüßungsansprache zwar mit den Worten „hier lässt es sich gut leben“ auf eine „äußerst dynamische Entwicklung Offenbachs“. Vorausgesetzt, man finde geeigneten und bezahlbaren Wohnraum.

Ebenso konnte sich der Hessische Wohnungsbauminister Tarek Al-Wazir hinsichtlich des Vorhabens der Bundesregierung, bis zum Jahr 2045 einen Bestand an klimaneutralen Wohnungen zu schaffen, eine Mahnung nicht verkneifen: „Das ist bereits übermorgen“, sagte er. Es gelte nun dringend, die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, erforderlich seien Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe. Allerdings gab er den Versammelten eine klare Ansage mit auf den Weg: „Ohne Beteiligung der Mieter wird das alles nicht funktionieren.“

Des Weiteren wies Al-Wazir auf den Wandel hin, den der geförderte Wohnungsbau in den vergangenen Jahrzehnten durchlaufen habe. Nach der Wohnungsnot im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg sei Ende der 1970er Jahre das Gefühl aufgezogen, Deutschland sei fertig gebaut. Entsprechend habe man Wohnungsbaugesellschaften im öffentlichen Besitz verkauft und damit auch das Heft aus der Hand gegeben. Der Minister betonte: „Das war ein Fehler, es gibt heute keine großen Projekte mehr.“ Dabei schlug er auch den Bogen nach Offenbach und stellte fest: „Schauen Sie sich das Hafenviertel an, dort sind keine Sozialwohnungen entstanden.“

Indes verglich Al-Wazir den Wohnungsmarkt mit einem großen Tanker, auch wenn man das Steuer herumreiße, dauere es lange, bis sich eine Wirkung zeige. „Außerdem sind wir auf die Mitarbeit der Kommunen angewiesen“, führte er aus. Dort dürfe es nicht mehr darum gehen, bei der Entwicklung von Baugebieten in Autobahnabfahrten oder Umgehungsstraßen zu denken. „Wir müssen eher in Minuten auf der Schiene rechnen“, erinnerte der Minister an die Verkehrsmöglichkeiten der Zukunft.

Auch Roland Stöcklin, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden, betonte in seiner Präsentation die lange andauernden Prozesse, die sich durch die aktuelle wirtschaftliche Situation verschärften. „Viele Entscheider fangen momentan keine neuen Projekte an, das wird zu einem echten Problem werden.“ Als eine Lösung für die Zukunft mahnte er eine „Renaissance der Pauschalmiete“ im Sinne einer Flatrate an.

Auf die Doppelbelastung durch Wohnraumkrise und Klimakrise wies Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, hin. „Die Mieten explodieren und die Energiekosten kommen noch obendrauf.“ In den Großstädten seien mehr als 50 Prozent des Einkommens zur Zahlung des Wohnraums fällig. „Und bei den Nebenkosten kommt das bittere Ende erst im nächsten Jahr“, betonte Weber-Moritz. Bei den von der Bundesregierung geplanten jährlich 400 000 neuen Wohnungen müsse der Fokus deutlich auf dem geförderten Bereich liegen, forderte die Direktorin. Grundsätzlich müssten die angedachten finanziellen Mittel stärker in den Bestand fließen. Darüber hinaus verlangte Weber-Moritz, Instandsetzungskosten klar abzutrennen, die Modernisierungsumlage in Höhe von etwa acht Prozent deutlich zu senken und den CO2-Preis, den die Mieter aktuell alleine zahlen müssen, künftig aufzuteilen. „Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht nur von den Mietern bezahlt werden.“ (Barbara Scholze)

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