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Befristetes Gratiskonto für Geflüchtete: Sparkasse Offenbach verteidigt Vorgehen

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Von: Matthias Dahmer

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Erntet derzeit wenig Zustimmung: die Städtische Sparkasse Offenbach.
Erntet derzeit wenig Zustimmung: die Städtische Sparkasse Offenbach. © kirstein

Die Kritik an den Kontogebühren der Sparkasse Offenbach für Geflüchtete ist groß. Das Geldinstitut verteidigt sein Vorgehen – und wird vom Oberbürgermeister unterstützt.

Offenbach – Das Geschäftsgebaren der Städtischen Sparkasse in Bezug auf ukrainische Flüchtlinge steht in der Kritik. Zahlreiche Leser äußern Unverständnis darüber, dass das lokale Kreditinstitut im Gegensatz zu vielen anderen Sparkassen den Kriegsflüchtlingen für ein Girokonto neun Euro Gebühr pro Monat abknöpft. In der Kommunalpolitik regen sich nur sanfte Bedenken dagegen und die Sparkasse selbst erläutert im Detail noch einmal ihre Beweggründe.

Leser Günter Schmidt verweist auf einen rechtlichen Aspekt: So gehöre es gemäß Sparkassengesetz zu den Aufgaben der Institute, die kommunalen Belange zu fördern. Hinzu komme, dass die Erzielung von Gewinn nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes sei.

Sparkasse Offenbach: Gebühren von Flüchtlingen eine Gewissensfrage

Für Werner Hessen ist es auch eine Gewissensfrage, ob man von den Flüchtlingen Kontoführungsgebühren verlange. Er appelliert an Vorstand und Verwaltungsrat, das Vorgehen zu überdenken. „Falls das nicht fruchtet, kann ich mit ruhigem Gewissen mein Konto bei der Städtischen Sparkasse Offenbach kündigen, bei der ich seit 1963 Kunde bin“, so Werner Hessen.

Verständlich ist der Unmut auch vor dem Hintergrund, dass andere Sparkassen offenbar anders agieren: Unter Berufung auf den Deutschen Sparkassen- und Giroverband berichtet das Handelsblatt, aus sozialer Verantwortung böten viele Sparkassen Konten befristet kostenlos an. So könnten beispielsweise bei der Sparkasse Köln-Bonn, einer der größten Sparkassen, Geflüchtete aus der Ukraine ein Gratis-Girokonto eröffnen. „Das Girokonto wird für ein Jahr kostenfrei sein und bietet Zugriff auf alle Leistungen.“ Bei der Sparkasse Heidelberg erhielten Geflüchtete aller Nationen ebenfalls für ein Jahr ein Gratiskonto.

Sparkasse Offenbach: „Selbstverständlich, dass jeder sich für ein anderes Paket entscheiden kann“

Manfred Bernjus, Sprecher der Städtischen Sparkasse, erläutert unterdessen, man habe den Flüchtlingen schnell und unbürokratisch helfen wollen. Weil davon auszugehen sei, dass ein Teil der Geflüchteten längerfristig in Deutschland bleibe, sei das sogenannte Universalkonto am sinnvollsten. Mehr als 100 davon seien schon eingerichtet worden. Bernjus: „Darin enthalten sind für neun Euro pro Monat die vollumfänglichen Leistungen eines Girokontos inklusive Nutzung von Geldautomaten, Sparkassencard, Online-Banking, und Überweisungen ins Ausland, beispielsweise in die Ukraine und nach Moldawien.“

Darüber hinaus gebe es auch preisgünstigere Alternativen, die aber bestimmte Leistungen nicht beinhalteten. Diese müssten dann bei jeder Nutzung einzeln bezahlt werden. „Es ist für uns selbstverständlich, dass jeder Nutzer sich später unkompliziert für ein anderes Paket entscheiden kann, wenn es für ihn Sinn macht“, so Bernjus. Zudem sei zu bedenken, dass man die mehr als 1000 Nutzer eines einkommensunabhängigen „Bürgerkontos“ preislich nicht schlechter stellen könne. Die Preisberechnung beginne im Übrigen erst, wenn auch Geld auf dem Konto eingehe.

Offenbach: OB Schwenke folgt der Argumentation der Sparkasse

Oberbürgermeister Felix Schwenke folgt als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Sparkasse diesen Argumenten. „Es wird fair mit den Flüchtlingen umgegangen und sie erhalten ein Paket, das passt.“ Er bezweifelt zudem, dass die angebotenen kostenloses Girokonten bei näherem Hinsehen tatsächlich kostenfrei seien und weist ebenfalls auf die langfristige Gleichbehandlung aller Kunden hin.

Ähnlich äußern sich Schwenkes Parteigenossen, schränken allerdings ein: „Die SPD würde es begrüßen, wenn den Flüchtenden zumindest am Anfang für kurze Zeit eine kleine Starthilfe bei der Kontoführung gegeben werden könnte“, sagt Parteichef Christian Grünewald.

Gratiskonto für Geflüchtete: Grüne kritisieren Sparkasse Offenbach für Vorgehen

Deutlicher werden die Grünen: „Sympathiepunkte werden Banken und Sparkassen angesichts der unfassbaren menschlichen Katastrophe in der Ukraine mit solchen Gebühren vermutlich nicht gewinnen. Empathischer und für die Geflüchteten sicherlich pragmatischer wäre eine Gebührenaussetzung für 2022 gewesen“, findet das Führungsduo Maike Flüchter und Elmar Werner.

Auch die CDU würde es begrüßen, wenn die Sparkasse eine Möglichkeit fände, die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zumindest für einen befristeten Zeitraum von der Zahlung der üblichen Kontoführungsgebühren zu befreien. „Hierfür würden wir uns auch einsetzen“, sagt Vorsitzender Andreas Bruszynski.

Für die FDP ist es zunächst keine Entscheidung der Politik, sondern eine unternehmerische Entscheidung der Sparkasse, wie sie ihre Gebührenstruktur gestalte. „Wenn örtliche Institute den Flüchtlingen bei den Gebühren entgegenkommen würden, wäre dies für diese sicher eine große Hilfe. Es muss allerdings zumindest auch auf eine Gleichbehandlung mit anderen Personen in ähnlicher Lage geachtet werden“, so Parteichef Oliver Stirböck. (Matthias Dahmer)

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