Flüchtlinge aus der Ukraine geschockt: Sparkasse Offenbach berechnet reguläre Gebühren

Die Sparkasse Offenbach berechnet Kontoführungsgebühr von ukrainischen Flüchtlingen – andere Institute verzichten darauf.
Offenbach – Sie sind vor russischen Raketen geflohen, haben oft nur wenig Kleider dabei und noch viel weniger Geld. Die ukrainischen Flüchtlinge, die dieser Tage in Offenbach stranden sind Fremde im deutschen System, kennen sich mit den Gepflogenheiten nicht aus. Eines aber erfahren sie gleich bei der Anmeldung, etwa im Bürgerbüro der Stadt Offenbach: Ohne Girokonto geht in Deutschland so gut wie nichts.
„Mir wurde dort gesagt, dass ich bei der Sparkasse Offenbach ein Konto eröffnen kann, weil das wichtig ist für die spätere finanzielle Unterstützung“, sagt die Ukrainerin Alexandra K. Auch ihre Bekannten, mit denen sie in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht ist, berichten dasselbe. „Also sind wir da alle hin und haben so ein Konto eröffnet“, schildert K. den Ablauf. Vor Ort habe sie sich dann gewundert, weil das Konto pro Monat neun Euro kosten sollte. „Aber ich habe mir gedacht, dass das schon alles in Ordnung sein wird, wenn die Stadt uns das empfiehlt.“
Erst, als sie wieder in der Unterkunft ist und noch einmal über alles nachdenkt, wird ihr und ihrer Freundin Natalya M. klar: „Im Grunde haben wir ein Konto eröffnet und sind durch die Gebühren schon im Minus, bevor wir überhaupt einen Euro haben.“ Auch ihre Freundin Diana D. will in den kommenden Tagen bei der Sparkasse Offenbach dasselbe Girokonto eröffnen. „So wie ich das verstanden habe, bleibt mir wohl kaum etwas anderes übrig.“
Ärger um Kontoführungsgebühren: Sparkasse in Offenbach weist alle Vorwürfe von sich
Stadtsprecher Fabian El Cheikh hält dagegen. Die Sparkasse Offenbach hätte sich eigenständig sehr früh als einzige Bank bei der Stadt gemeldet und auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Geflüchtete unbürokratisch und zügig ein Konto eröffnen könnten. „Die Stadt rät allerdings nicht zu einem bestimmten Kreditinstitut zu gehen, sondern informiert Geflüchtete lediglich bei der Registrierung im Bürgerbüro sowie im Ausländeramt und Sozialamt darüber, dass ein eigenständiges Konto bei einer Bank, darunter zum Beispiel bei der Sparkasse Offenbach, eröffnet werden kann.“
Das sei für die Menschen, die Barvermögen hätten oder über ein Konto in der Ukraine verfügten, eine wichtige Möglichkeit, um finanziell weitgehend selbstständig ihren Alltag in Deutschland bestreiten zu können. „Außerdem benötigen alle Leistungsbezieher ein Konto zum Erhalt der staatlichen Leistungen.“
Flüchtlinge werden zur Kasse gebeten: Flüchtlingshelfer verurteilt Moral bei Sparkasse in Offenbach
Und auch bei der Sparkasse sieht man offenbar kein Problem darin, von den ukrainischen Flüchtlingen eine Kontogebühr zu verlangen. Auch nicht darin, dass andere Geldinstitute, wie etwa die Commerzbank oder auch die Sparkasse in Neuss keine Gebühren für Flüchtlingskonten erheben. „Wir haben im Zuge der Gleichbehandlung aller Nutzer unserer Universalkonten geschäftspolitisch entschieden, auch für die aus der Ukraine geflohenen Menschen, dieses Konto zu dem regulären Preis von monatlich neun Euro zur Verfügung zu stellen“, sagt Sprecher Manfred Bernjus. Informationen dazu seien auf ukrainischer, russischer, englischer und deutscher Sprache bereitgestellt worden. Knapp 100 solcher Konten seien bisher eröffnet worden.
Flüchtlingshelfer F., der die Frauen betreut, ist über das Vorgehen von Stadt und Sparkasse außer sich. Er war es auch, der die sie ermutigt hat, an die Öffentlichkeit zu gehen. Gerade deshalb will er nicht mit vollen Namen genannt werden, weil er Konsequenzen für seine Arbeit befürchtet. „Da wird Flüchtlingen, die kaum deutsch oder englisch sprechen von der Stadt ein Girokonto bei der Sparkasse angedient, und dann verdient das Institut damit auch noch Geld“, sagt er. „Ich halte diese Konstellation in allen Belangen für unmoralisch.“ (Christian Reinartz)
Viele Menschen versuchen gerade den Flüchtlingen aus der Ukraine unter die Arme zu greifen. Auch eine Offenbacher Kirchengemeinde wurde mit Spenden für die Ukraine förmlich überrollt.