Streit um neues Offenbacher Gymnasium - Lehrer fühlen sich übergangen
Am Güterbahnhof in Offenbach soll ein neues Gymnasium entstehen. Doch es gibt bereits deutliche Kritik.
Offenbach - Resignierte Lehrer, kaum Kommunikation, Planungsversäumnisse, übergangene Interessensvertreter: Die Vorwürfe, die sich Stadtrat Paul-Gerhard Weiß (FDP) und Stadtschulamtsleiter Thomas Löhr anhören müssen, wiegen schwer. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat im Ostpol zur Podiumsdiskussion über Schulbauten in Offenbach geladen – hauptsächlich geht es um den Gymnasium-Neubau am Güterbahnhof.
Nach Vorstellung des Siegerentwurfs zu Jahresbeginn kam sofort Kritik aus Reihen der GEW: Der Standort sei schlecht, der Bau nicht barrierefrei. Mit der Diskussion wolle man die Situation entspannen, sagt Moderator Michael Köditz (GEW). Gut 25 Besucher, vornehmlich Lehrer Offenbacher Schulen, verfolgen das. „Wir Lehrer wurden im Vorfeld nicht in die Planung eingebunden“, sagt Susanne Völpel vom Gesamtpersonalrat Schule. Sie sei entsetzt gewesen, als sie die Pläne gesehen habe, dass wichtige Räume nicht zu entdecken wären. Manche Lehrer hätten nach ähnlichen Erfahrungen bei anderen Schulbauprojekten in der Vergangenheit inzwischen resigniert. „Wir hätten uns einen intensiven Dialog mit dem Bauamt gewünscht“, sagt sie, „wenn wir später nachrüsten müssen, wird es teuer“.

Ansprechpartner für die Stadt sind die Schulleitungen, betont Planungsdezernent Weiß. Es habe eine große Beteiligung im Vorfeld gegeben, allerdings gebe es durchaus Unterschiede in der Herangehensweise bei den jeweiligen Schulleitern: Manche seien sehr engagiert und bildeten Ausschüsse, während andere eher zögerlich agierten.
Neues Gymnasium in Offenbach: Schwerbehindertenvertreterin nicht eingebunden?
Schwerer wiegt der Vorwurf von Schwerbehindertenvertreterin Karin Rudolph-Nispel, die erklärt, dass sie, obgleich das vorgeschrieben sei, zu keiner Planungsbesprechung eingeladen wurde. Der Stadtschulamtsleiter sei dafür jedoch der falsche Adressat, sagt Löhr: Diese Beteiligung fällt in das Aufgabengebiet des staatlichen Schulamts, das nicht bei der Diskussion vertreten ist. Dass Dorothea Terpitz vom Netzwerk Inklusion zu berichten weiß, das staatliche Schulamt habe ihr gegenüber erklärt, dass ohnehin „kaum Inklusion am Gymnasium erforderlich ist“, macht die Sache nicht besser.
Rasch sind sich sämtliche Teilnehmer einig, dass Inklusion heutzutage nicht mehr wegzudenken ist und nicht vergessen werden darf. „Wir haben mit Ursula Fuss eigens eine Expertin für barrierefreies Bauen konsultiert“, betont Weiß.
Neues Gymnasium in Offenbach: Eltern, Lehrer und Schüler sollen künftig besser informiert werden
Der Siegerentwurf werde gemeinsam nach den Bedürfnissen der Schule überarbeitet, schon bald werde der Architekt im Bauausschuss diesen vorstellen. Bei den Besuchern sorgt die teilweise Nutzung der Dachflächen als Pausenhof für Kritik, doch der Stadtrat verweist darauf, dass dies schon seit Jahrzehnten in verdichteten Ballungsräumen üblich sei. Aus Lehrersicht sei ein solcher Ort für die Pausenaufsicht freilich wenig erbaulich, wirft Völpel ein.
Mit Blick auf die auch pädagogisch zu nutzenden Flure des neuen Gebäudes fragt sie, weshalb nicht in bestehenden Bauten wie der Albert-Schweitzer-Schule die Flure genutzt werden dürfen. Der Brandschutz unterscheide in der Angelegenheit zwischen Alt- und Neubauten, sagt Löhr: In Bestandsbauten sei es schwieriger, Genehmigungen zur Nutzung zu erhalten, als für Neubauten. Sie habe das Gefühl, dass im Bundesvergleich Hessen einen besonders strengen Brandschutz habe, sagt Völpel.
Am Ende ist man sich einig, dass die Einbeziehung aller Beteiligten wichtig ist, Weiß erklärt, dass man die Schulleitungen unterstützen wolle, damit sie Eltern, Lehrer und Schüler künftig besser informieren und einbinden könnten. (Frank Sommer)