Streit um Ampelphasen in Offenbach: Haben Fußgänger jetzt kürzer Grün?

Wie viel Zeit steht an Ampeln zum Überqueren der Straße zur Verfügung? Die Frage beschäftigt die Stadtverordneten in Offenbach.
Offenbach – „Bei Rot musst du steh’n, bei Grün darfst du geh’n“ – mit einem Merkspruch wie diesem hat jedes Kind gelernt, wie es sich an einer Fußgängerampel zu verhalten hat. Doch wie viel Zeit steht zum Überqueren der Straße zur Verfügung? Die Frage hat jüngst die Stadtverordneten beschäftigt.
Denn die Christdemokraten wollen die Beobachtung gemacht haben, dass die Grünphasen an manchen Ampeln nun kürzer ausfallen als noch vor einiger Zeit und haben eine Überprüfung gefordert. Und da sich die jeweils regierende Koalition stets mit Oppositionsanträgen schwertut, wurde flugs ein ähnlicher Antrag von 2005 zitiert, an dem mit SPD und Grünen zwei der drei heutigen Koalitionspartner beteiligt waren. Dem Ansinnen half das nicht, so viel sei schon verraten: Die Überprüfung der Ampelphasen wurde mit Koalitionsmehrheit abgelehnt.
Offenbach: Schaltung der Ampeln wird regelmäßig überprüft
Die Ampelschaltungen würden nämlich bereits regelmäßig überprüft, erklärt Ingo Wernig von der SPD. Dass gerade an den Übergängen Kaiserstraße/Frankfurter Straße und Berliner Straße/Kaiserstraße die Grünphase deutlich verkürzt sei, wie Zacharoula Bellou von der CDU ausführt, sei lediglich „subjektives Empfinden“. „Es ist uns klar, dass es so ausschaut, als gingen die Fußgängerampeln zu früh auf Rot, aber das ist so gewollt“, sagt er.
Genauer wird der zuständige Stadtrat Paul-Gerhard Weiß: Im Grunde gehe es um die Definition der Grünphase, damit ließen sich die unterschiedlichen Wahrnehmungen der zur Verfügung stehenden Zeit an den Ampeln erklären. Diese entsprechen den rechtlichen Vorgaben, betont er. Grünphase bedeutet – das ist auch bundesweit so Praxis – nämlich nicht, dass nur in dieser Zeit die Straße überquert werden darf, sondern, dass während die Ampel Grün zeigt, die Fußgänger die Straße betreten dürfen.
Ampeln in Offenbach: In der Grünzeit darf die Straße betreten werden
Auch in dem 2005 erarbeiteten Bericht wird dies festgehalten, dort wird von einer „Grünzeit“, in der die Straße betreten werden darf, und von der „Räumzeit“, in der die Fußgänger auf die andere Seite gelangen können, unterschieden. Sogar eine Geschwindigkeit wurde damals errechnet: Mit 1,2 Metern pro Sekunde ist dort die „allgemeine Räumgeschwindigkeit“ festgehalten, im Bereich von Grundschulen und Kitas beträgt sie einen Meter pro Sekunde.
Somit sei es völlig normal, dass die Ampel während des Überquerens für die Fußgänger auf Rot schalte – es gebe nämlich noch eine Übergangszeit, bis für den Straßenverkehr das Signal auf Grün wechsele. Dass manchmal Busse an einigen Kreuzungen schon abbiegen, während Fußgängern noch Grün angezeigt wird, sei gewollt: Die Ampeln sind gleichgeschaltet, Abbieger aber haben Fußgängern Vorrang zu gewähren. Überhaupt, so führt Weiß aus, sind die Ampelschaltungen untereinander verbunden. An einer einzelnen Ampel die Zeiten zu verändern, hat somit Auswirkungen auf alle anderen. Allerdings räumt Weiß auch ein, dass an der CDU-Beobachtung doch zumindest ein klein wenig etwas dran ist: „Die Grünphasen sind unwesentlich geändert worden, wie es aber den rechtlichen Grundlagen entspricht“, sagt er. Im Schnitt habe es für Fußgänger keine Verschlechterung gegeben.
In Offenbach sind kürzlich einige Ampeln ausgefallen. An den betreffenden Kreuzungen regelt die Stadtpolizei den Verkehr – die Zeichen verwirren viele Autofahrer.
Ampeln in Offenbach: Kritik an Bevorzugung des Straßenverkehrs
Eine Absage erteilt Weiß auch den Linken, die zwar den CDU-Antrag ablehnen, aber kritisieren, dass der Straßenverkehr zum Zweck der Verflüssigung bevorzugt werde. Eine Verflüssigung zum Zweck der Reduzierung von Stickoxiden sei keineswegs falsch, sondern sinnvoll. Um das zu erreichen, habe die Stadt auf die Digitalisierung der Ampeln gesetzt: „Wir können den Verkehr so in Echtzeit erfassen“, sagt er. Auch Anforderungsampeln für Fußgänger seien sinnvoller als automatische Schaltungen, die Grün zeigen, obwohl niemand da sei, um die Straße zu überqueren.
Zuletzt betont auch er, dass es in Sachen Ampelschaltung aber um ein sehr subjektives Empfinden geht, ob die Grünphasen ausreichend sind. (Frank Sommer)