„Schlag ins Gesicht“: Telekom zerstört Kunst an Verteilerkästen

Die Telekom sorgt mit neuen Werbeplakathaltern in Offenbach für großen Ärger. Der Konzern äußert sich.
Offenbach – Es ist die Geschichte eines Konzerns, bei dem offenbar die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Und der offenbar bereit ist, die künstlerische Arbeit der Bürgerinitiative Östliche Innenstadt aus Offenbach für ein paar Euro Werbeeinnahmen zu opfern. Das Unglaubliche an der Geschichte: Die Telekom selbst hatte vor ein paar Jahren die Aktion initiiert und den Offenbachern erlaubt, die Verteilerkästen in der Innenstadt künstlerisch zu gestalten.
Peter Ambros von der Initiative ist deshalb fassungslos. „Das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht unserer Bürgerinitiative, die eine Menge Arbeit in das Projekt gesteckt hat.“ Insgesamt 13 Verteilergehäuse seien auf diese Weise künstlerisch gestaltet worden. „Die Offenbacher Künstlerin Anja Hantelmann schuf die Motive, und wir haben dann diese Kästen gestaltet“, sagt Ambros. Mehrere tausend Euro habe man damals in die Verschönerung der grauen Kästen investiert. „Damals dachten wir, das könnte eine Initialzündung für andere Offenbacher Bürger sein.“ Die Initiative habe damals bürgerliches Engagement zeigen wollen, um die Stadt zu verschönern.
Telekom-Fauxpas in Offenbach: „Es ist widersinnig“
Vor ein paar Wochen werden dann an dem zentral gelegenen Verteilerkasten an der Berliner Straße, schräg gegenüber des Mathildenplatzes, plötzlich zwei Werbeplakathalter auf der Kunst, ein Gemälde der Freiheitsstatue, angebracht. Ambros ist fassungslos, wendet sich sofort an die Telekom. Doch die habe kühl an einen Passus im damaligen Vertragsregelwerk verwiesen. „In den Vertragsbedingungen der Telekom steht wirklich, dass sie diese gestalteten Verteilerkästen mit Reklame bestücken darf“, sagt Ambros. Aber jeder redlich Denkende dürfe doch davon ausgehen, dass dies eine vorbeugende Klausel für bestimmte Situationen sei und praktisch nicht angewendet werde. „Es ist widersinnig, Bürger zur Gestaltung aufzurufen, um anschließend ihre Werke zu zerstören“, sagt Ambros.
Offenbach: Heftige Kritik an Telekom: „So ein unglaubliches Verhalten bleibt bei den Leuten hängen“
Auch die Offenbacher Künstlerin Anja Hantelmann, die die Kästen gestaltet hat, ist wegen der Plakathalter aufgebracht. „Sicher war das eine Auftragsarbeit und es war klar, dass die Kästen aus technischen Gründen verändert werden könnten“, sagt die Rumpenheimerin. Das sei für sie als Künstlerin auch nie ein Problem gewesen. „Aber dass die Telekom da ein paar Werbetafeln draufklatscht, um Geld zu verdienen, empfinde ich als starkes Stück.“ Sie sei sicher, dass der Konzern sich damit bei den Offenbachern keinen Gefallen getan hat. „So ein unglaubliches Verhalten bleibt bei den Leuten hängen.“
Als die Redaktion die Telekom mit der Beschwerde der Initiative konfrontiert, antwortet die nun gar nicht mehr kühl, sondern auf einmal ganz verständnisvoll. Die Telekom biete mit der Aktion „Aus grau wird bunt“ interessierten Künstlern oder Schulklassen die Möglichkeit, ausgesuchte Multifunktionsgehäuse, wie die grauen Kästen in der Fachsprache heißen, künstlerisch zu gestalten. Alle Interessierten würden aber darauf hingewiesen, dass die künstlerisch gestalteten Standorte aus betrieblichen Gründen oder aufgrund von Werbeplatzierungen verändert werden könnten. Dennoch rudert Sprecher René Bresgen zurück. „Da der Telekom die Initiative und die damit verbundenen Verschönerungen der Multifunktionsgehäuse am Herzen liegt, möchten wir natürlich Werbeplatzierungen auf den künstlerisch gestalteten Flächen nach Möglichkeit vermeiden“, versichert er. „Dass dies dennoch geschehen ist, tut uns sehr leid. Wir werden nun prüfen, in wie weit wir die Werbung an diesem Standort wieder entfernen können.“ (Christian Reinartz)
Ein anderer Fall aus Offenbach rund um die Telekom sorgte jüngst ebenfalls für Diskussionen in Offenbach. Am Ende ging es gut aus.