Trotz Energiekrise: Offenbacher sparen kein Gas

In Offenbach wird trotz der Energiekrise offenbar kein Gas gespart. Das geht aus Zahlen der EVO hervor.
Offenbach – Während gefühlt ganz Deutschland an allen Ecken und Enden spart, wird in Offenbach der Gashahn offenbar genauso beherzt aufgedreht wie in den Zeiten vor der Krise. Das zeigen nun Zahlen der Energieversorgung Offenbach (EVO).
Das Kuriose: Eigentlich ist Offenbach auf einem guten Weg. Insgesamt 19 Prozent Gas wurden in diesem Jahr bisher weniger verbraucht, als in den Vergleichsmonaten des Vorjahres, berichtet EVO-Sprecher Harald Hofmann. „Offenbach liegt damit sogar schon über dem von der EU ausgegebenen Sparziel von 15 Prozent und knapp unter den Vorgaben der Bundesnetzagentur von 20 Prozent“, sagt der Sprecher.
Doch ein Grund zur Erleichterung ist das nicht. Denn die Ursache für den geringeren Verbrauch liegt nicht etwa darin, dass sich die Offenbacher seit der drohenden Mangellage zurückhalten haben. Das warme Wetter in diesem Jahr verzerrt nur die Zahlen.
EVO: „Wir können anhand der Daten bisher keine Gaseinsparung in Offenbach erkennen“
Laut Hofmann gibt es nämlich einmal die Daten des tatsächlichen Gasverbrauchs. Diese sagten aber nur wenig aus über das tatsächliche Verbrauchsverhalten der Menschen. Deswegen hat Hofmann die Daten temperaturbereinigen lassen. Das heißt: In einem bestimmten Verfahren werden so die tagesaktuellen Außentemperaturen mit den jeweiligen Verbrauchsdaten in Beziehung gesetzt. Das Ergebnis: „Wir können anhand der Daten bisher keine Gaseinsparung in Offenbach erkennen.“
Allerdings sei das laut dem EVO-Sprecher noch kein Grund zur Sorge. „Ich bin überzeugt, dass wir im kommenden Winter ein Sparverhalten erkennen können.“ Aktuell sei es zudem schwierig, wirklich große Einsparungen auszumachen. „Die Gasmangellage hat sich erst abgezeichnet, als es schon warm war“, sagt Hofmann. Der Großteil des Gases werde allerdings in den kälteren Monaten des Jahres abgerufen. „Sicher liegt es auch einfach nur daran“, gibt sich Hofmann optimistisch.
Fest steht: Bisher gab es außer den vielen Appellen in der Öffentlichkeit wenig Anreize, um sich einzuschränken. Die Gaspreise explodieren erst seit Kurzem, und die ersten Rechnungen sind noch nicht mal bei den Verbrauchern angekommen. Hofmann stellt klar: „Die Energiemärkte sind außer Rand und Band. Der Preis für Erdgas wird definitiv massiv steigen.“ Der Nebeneffekt: Steigen die Preise, steigt auch der Anreiz, aktiv zu sparen.
Temperaturbereinigte EVO-Zahlen zeigen: Nutzerverhalten in Offenbach unverändert
Im Gespräch mit Passanten in der Fußgängerzone wird schnell klar, dass die Zahlen der EVO mit der Realität übereinstimmen. Eine kleine Umfrage unter Passanten am Aliceplatz zeigt: von Sparwillen bisher keine Spur. Antonia L. lebt mit ihrem Freund Miguel in einer kleinen Wohnung im Mathildenviertel. „Unser Warmwasser funktioniert mit Gas“, sagt sie. Sie habe zwar auch Angst vor den steigenden Preisen, aber bisher bezahle sie immer noch den alten Preis. „Es war so heiß in den vergangenen Wochen, da mussten wir einfach häufiger duschen“, gibt sie zu. Und dann sagt sie trotzig: „Das lasse ich mir von keiner Krise nehmen.“
Andere wie der 56-jährige Drako M. vertrauen auf die Politik. Er selbst wolle seiner Frau und seinen beiden Töchtern keine Vorschriften wegen des heißen Wassers machen. „Aber ich habe schon angekündigt, dass wir im Winter die Heizung nicht ganz so hochdrehen werden wie sonst.“ Er könne sich jedenfalls nicht vorstellen, dass irgendwann kein Gas mehr aus der Leitung kommt. „Die werden das schon regeln, bevor der Winter da ist.“
Hofmann dämpft diesen Optimismus. „Das ist die Hoffnung von vielen, aber wir nehmen die Lage ernst“, sagt der EVO-Sprecher und verweist auf die Aussagen des Chefs der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Der hatte kürzlich davon gesprochen, dass er regionale Gasmangellagen für wahrscheinlich halte. Heißt: Es fließt kein Gas mehr aus der Leitung und die Brenner bleiben aus. Um Energie zu sparen plant die Stadt Offenbach bereits weitreichende Maßnahmen. (Christian Reinartz)