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Überraschende Entdeckungen bei den Offenbacher Kunstansichten

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Von: Ingrid Walter

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Vielfältige Kunstansichten: Im KOMM werden Moina Stock-Erichsons Inside-Outside-Worlds gezeigt (oben), deutsche und osteuropäische Kunst gibt es in der Sammlung Karminsky (links) oder Leuchtobjekte aus gefaltetem Filz von Timm Herok im Atelierhaus B 71 (rechts).
Vielfältige Kunstansichten: Im KOMM werden Moina Stock-Erichsons Inside-Outside-Worlds gezeigt. © Walter

In Offenbach haben am Wochenende Künstler ihre Werke ausgestellt, die Kunstansichten sind ein Anziehungspunkt für Besucher aus der ganzen Region.

Offenbach – „Wir sind begeistert, was wir bei den Offenbacher Kunstansichten entdeckt haben. Tolle Kunst und tolle Leute. Und diese Höfe hinter den Häusern, das ist ja eine Welt für sich“, schwärmt ein junges Paar, das vor einem halben Jahr von Frankfurt hergezogen ist. Beide leben nun im Offenbacher Nordend und sind sehr angetan von der Offenbacher Kunstbiennale, die nach der Pandemie-Pause endlich wieder stattfinden kann.

Sie sind auch überrascht über die Menge an Künstlern und Künstlerinnen, die sonst oft im Verborgenen arbeiten. In ehemaligen Produktionsbetrieben, aber auch in leer stehenden Bäckereien oder großen Ladenflächen wie im Offenbacher KOMM. Dort logiert seit Jahren der Kunstverein Offenbach und zeigt Künstler aus ganz Deutschland.

Außergewöhnlich und mit großer Sorgfalt ausgeführt erscheint ein Triptychon bestehend aus drei Porträts. Sie strahlen scheinbar von innen in prächtigen Aquarelltönen. Die Künstlerin Moina Stock Erichson hat hier Porträts einer Freundin im Geiste, der französischen Malerin Anne Vallayer-Coster (1774-1818), gekonnt in Szene gesetzt. Die Bildnisse bestehen aus mehreren Ebenen und werden von hinten angeleuchtet.

In den Zollamt Studios, wo viele Künstler unter einem Dach vereint sind, schweben im Raum #205 die Objekte von Michelle Concepcion über die Leinwände. Wie unter einem Mikroskop entdecken die Besucher Ovale – vielleicht Kleinstlebewesen. Die Künstlerin, die in Chicago, Barcelona und Offenbach studierte, war zuletzt mit der Offenbacher Galerie Sight auf der Art Karlsruhe zu sehen.

Nur ein paar Meter weiter, in der Berliner Straße, wartet ein verstecktes Museum für osteuropäische, russische und deutsche Kunst: Es ist die Sammlung Karminsky, untergebracht in einer Etage der Portefeuille-Fabrik Rosenthal. Die Sammlung von Michael Karminsky, der vor 30 Jahren aus der Ukraine kam, begann ganz harmlos mit Bildern des russischen Künstlers Eduard Gorokhovsky, der in Offenbach um die Ecke wohnte. Heute hängen hier auch große Tafeln bedeutender deutscher Maler wie von Dominik Schmitt oder Jonas Burgert. Zu den Kunstansichten zeigt Karminsky immer wieder Gastkünstler aus Offenbach – so von der in Rumpenheim ansässigen Malerin Ilona Lesnaia-Herrschaft. Ihr gnadenlos sezierender Blick auf die Welt offenbart oft das Hässliche im vermeintlich Schönen. Bei Karminsky zeigt sie beispielsweise „Scarabäus“ mit Strohintarsien und Acryl. Der glückbringende Pillendreher wird zum Mistkäfer, der eine nie endende Sisyphusarbeit verrichtet.

In der Lilistraße lädt auf Nummer 34 ein schön hergerichteter Eckladen zum Besuch ein. Hinter der modernisierten 60er-Fassade verbirgt sich ein Kleinod von Kunstraum mit Bar. Der Künstler Jens Lehmann zeigt hier abstrakte Bildtafeln in mehreren Ebenen in Öl auf Glas und Aludibond. In der angenehmen Raumatmosphäre kommt man locker über die Kunst ins Gespräch.

Sicherlich ein Highlight ist das Atelierhaus B71 in der Bettinastraße. In der alten Stanzerei versammeln sich Ateliers auf drei Stockwerken. In einem Souterrain- Raum im Hof gibt es noch eine wirkliche Entdeckung: Die Lichtobjekte aus farbigen Filzen von Timm Herok. Mit unterschiedlichen Faltmustern und der 3-D-Fräse bearbeitet, werden sie zu dreidimensionalen Skulpturen im Raum.

Parallel dazu findet man in der Bernardstraße in einem Hinterhof einen völlig neuen Raum: Die lange Halle mit Bar, die zu einer Schreinerei gehörte, lässt sich trefflich als Ausstellungsraum nutzen. Im Zweitlof.ft. findet eine poetische Begegnung in Wort der Dichterin Safiye Can und der Autorin Ingrid Walter statt, die die Redaktion des Stadtmagazins Mut & Liebe auf die Beine gestellt hat. Im blumengeschmückten Innenhof lässt sich die Wanderung durch die Ateliers lauschig ausklingen.

Insgesamt begegnen einem bei den Kunstansichten immer wieder Neubürger und Freunde aus den Nachbarstädten, die sehr überrascht über die vielfältige Kunst sind, die Offenbach zu bieten hat. Es wäre den Kunststätten und Künstlern zu wünschen, dass die Kunstansichten, die wirklich einzigartig sind im Rhein-Main-Gebiet, noch besser beworben werden und auch im Umland mehr Beachtung finden.

Von Ingrid Walter

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