Sana-Klinikum Offenbach: Dank plastischer Chirurgie spielt 17-Jähriger heute famos Klavier

Marius Siegenthaler hat als Kleinkind schwere Verbrennungen an Händen und Füßen erlitten. Bis heute sind Operationen im Sana-Klinikum für ihn notwendig, aber Lampenfieber hat er vor etwas anderem.
Offenbach – „Von der Infektion bis zur Sepsis in der Verbrennungsmedizin“ lautet das Thema des alle zwei Jahre – nun bereits zum neunten Mal – stattfindenden Offenbacher Verbrennungssymposiums. Wenn am 7. Mai Fachleute aus ganz Deutschland zusammenkommen, übernimmt Marius Siegenthaler die musikalische Begrüßung. Am Flügel trägt er klassische Musik vor.
Das Besondere daran: Der 17-Jährige ist das beste Beispiel dafür, was eine hoch spezialisierte Verbrennungsmedizin im Einklang mit der Plastischen Chirurgie zu leisten vermag. Als Kleinkind hat sich Marius Siegenthaler Hände und Füße schwerst verbrannt.
Auf den Herd gefasst, eine Tasse heißen Tee umgekippt, die Glut der Grillkohle unterschätzt: Allein 30 000 Kinder werden bundesweit jährlich nach Verbrennungs- oder Verbrühungsunfällen ärztlich behandelt. Davon sind 7500 Kinder unter 15 Jahren so verletzt, dass sie in Kliniken stationär behandelt werden müssen, lauten die nackten (Horror-)Zahlen der Initiative brandverletzte Kinder. Tatsächlich greif- und nachvollziehbar wird so etwas aber erst durch den persönlichen Kontakt.
Spezialisten aus Offenbach: Verbrennungsklinik operiert Kleinkind im Wochentakt
Der Autor dieser Zeilen trifft den Gymnasiasten im Vorzimmer von Professor Dr. Henrik Menke, Chefarzt der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie und des Zentrums für Schwerbrandverletzte am Sana-Klinikum. Der junge Mann ist höflich und zurückhaltend, wählt seine Worte mit Bedacht; hier sitzt keiner, der laut poltert. Die Hände liegen locker auf seinen Knien. Auf den Handrücken sind keine Spuren einer Verletzung zu erkennen. Erst als Marius Siegenthaler seine Hände dreht, ist zu erkennen, wie schlimm die Verbrennungen gewesen sein müssen, die er im Alter von nur zwei Jahren erlitten hat.
Hat er denn Erinnerungen an den Unfall? „Nein“, sagt er. „Keinerlei.“ Von seinen Eltern weiß er, dass sich das alles im westafrikanischen Togo ereignet hat. Vor gut 15 Jahren fällt er in eine Feuerstelle, die es dort an nahezu jeder Ecke gibt. Medizinische Hilfe für solche Verletzungen: Fehlanzeige. Auch im benachbarten Ghana mangelt es an Spezialisten. Erst in Offenbach, wo seit den 1970er Jahren eine Verbrennungsklinik mit deutschlandweitem Ruf besteht, wird dem Kleinkind und seinen Eltern geholfen. Und auch das weiß der Schüler nur aus Erzählungen: „Anfangs erfolgten die Operationen im Wochentakt...“
Arzt vom Sana-Klinikum Offenbach: Verbrennungen an Kinderhänden „eine besondere Herausforderung“
Professor Dr. Menke, unter dessen Regie jährlich rund 200 schwerbrandverletzte Erwachsene und 100 Kinder stationär behandelt werden, nickt bei jedem Satz: „Marius ist ein gutes Fallbeispiel, wie dem Patienten nach der Erstversorgung geholfen werden kann.“ Besonderheit bei Kindern: Der Organismus wächst noch, die Narben verhalten sich nicht immer so, wie es sich der behandelnde Arzt erwünscht. „Das führt schnell zu Bewegungseinschränkungen. Gerade bei der Hand mit seinen Beugern und Streckern stellt das eine besondere Herausforderung dar.“ Die Fachleute bezeichnen das als „Narbenkontraktur“, die einer Korrektur bedarf.
Beim Gespräch im Vorfeld des Symposiums hat er freilich einen Blick für Details: „Darf ich“, fragt er, nimmt eine Hand des 17-Jährigen und spreizt vorsichtig zwei Finger. „Die Zwischenfingerfalte müssten wir etwas vertiefen...“ Jetzt ist Marius Siegenthaler keineswegs geschockt. Er weiß, dass er immer wieder zu solchen Eingriffen in die Spezialklinik muss – vermutlich in den Sommerferien. Nervosität verspürt er davor nicht. „Es ist etwas Vertrautes. Lampenfieber habe ich eher vor dem 7. Mai. Vor so vielen Leuten Klavier zu spielen, das ist schon etwas sehr, sehr Anspruchsvolles...“, sagt einer, der sich seit der Grundschule für klassische Musik begeistert und diese spielt. Er könnte durchaus als Beispiel herhalten in Professor Henrik Menkes Vortrag „Rekonstruktion und Behandlung der verbrannten Hand“. (Martin Kuhn)
Infos im Internet: t1p.de/2bzys