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Provokante Kunst im Superladen: Versöhnung im Offenbacher Ikonen-Streit

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Von: Frank Sommer

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Die „pornografische Serie“ von Christine Metzner sorgte im Superladen für Aufregung.
Die „pornografische Serie“ von Christine Metzner sorgte im Superladen für Aufregung. © Sommer

Die „pornografische Serie“ von Christine Metzner sorgte für Aufregung bei orthodoxen Christen. Doch nun gibt es eine versöhnliche Wendung.

Offenbach – Der Anfang Dezember eröffnete „Superladen“ sorgte in diesem Jahr für gehörigen Wirbel: Grund waren die Objekte von Christine Metzner, die erstmals im Kunst-Supermarkt ausstellte. Für ihre „pornografische Serie“ bildete sie auf Ikonen mit Bügelperlen nackte Frauenkörper, Geschlechtsteile und -akte ab – die Bestürzung bei orthodoxen Christen war groß, denn für diese haben Ikonen einen besonderen Stellenwert. Es sind keine bloßen Bilder, die Ikonen werden in der Orthodoxie kniefällig verehrt.

Bundesweit wurde über die Ausstellung, die Ikonen und die Entrüstung der Gläubigen berichtet. Doch nun, kurz vor Schließung des Superladens zu Heiligabend, gibt es eine versöhnliche Wendung: Die Künstlerin und die Gläubigen haben sich ausgesprochen und ausgesöhnt.

Die Stadtverordnete Zacharoula Bellou, Mitglied der griechisch-orthodoxen Gemeinde, hatte zuerst auf die bearbeiteten Ikonen aufmerksam gemacht, da ihr Friseurgeschäft in direkter Nachbarschaft zum Superladen liegt. Bei der Ausstellungseröffnung kam es zu Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern, ein Besucher äußerte sich dabei xenophob.

Provokante Kunst im „Superladen“ in Offenbach: Keine Absicht, Gefühle zu verletzen

Metzner betonte stets, dass es nicht ihr Anliegen war, die Gefühle von Gläubigen zu verletzen. Sie wollte mit ihrer Arbeit auf die Unterdrückung der Frau in den verschiedenen Religionen und den sexuellen Missbrauch im Christentum aufmerksam machen. Dass Ikonen in der Orthodoxie einen besonderen Stellenwert haben, sei ihr nicht bewusst gewesen.

Die orthodoxen Christen dagegen fühlten sich an den Pranger gestellt für etwas, das in der Orthodoxie kein großes Thema ist: Sexueller Missbrauch ist eher ein Problem in der katholischen Kirche und wurde von der Amtskirche in der Vergangenheit vertuscht. „Wenn Bilder von verschiedenen Kirchen oder anderen Glaubensgemeinschaften benutzt worden wären, wäre es ausgeglichener“, sagte Bellou damals.

In den vergangenen Wochen haben sich Bellou und Metzner mehrfach per E-Mail oder im direkten Gespräch ausgetauscht und angenähert. An der Kunstfreiheit wolle man nicht rütteln, hatte Bellou betont, während Metzner sagte, dass sie nicht die orthodoxen Gläubigen an den Pranger stellen wollte – und somit endete die Auseinandersetzung versöhnlich.

Provokation im Offenbacher Superladen: Versöhnliche Geste der Künstlerin

Metzner wollte, wie sie unserer Zeitung schreibt, nicht nur mit Worten zeigen, dass es ihr ernst sei und sie die Verletztheit der Gläubigen verstanden habe, sondern auch mit Taten: Durch ein neues Objekt, das die Problematik von Sexualität und Religionen thematisiert. Dass es in den christlichen Kirchen, aber auch den übrigen Religionen Missstände gibt, auf die mit künstlerischen Mitteln hingewiesen werden soll, wurde schon in der vorherigen Diskussion von keiner Seite in Frage gestellt. „Das neue Objekt wollte dann aber die Organisatorin des Superladens nicht mehr ausstellen“, sagt Bellou.

Kritik an der Organisation, namentlich der Wirtschaftsförderung, kommt von anderer Seite: Denn in diesem Jahr hat nicht der Bund Offenbacher Künstler den Superladen organisiert, sondern die städtische Wirtschaftsförderung. Und gerade eine Stadt wie Offenbach sollte ein besonderes Augenmerk auf das haben, was unter ihrem Namen ausgestellt wird, schreibt der „Verein der Freunde und Förderer der christlich-orthodoxen Kultur“. Dass die Stadt mit Steuergeld die Beleidigung einer Religionsgemeinschaft finanziert hätte, wirft der Verein Oberbürgermeister Felix Schwenke als zuständigem Dezernenten vor.

Die angekündigte Aktion des Vereins ist dann auch das, was die Versöhnung trübt: Denn der Verein hat angekündigt, vier der ausgestellten Ikonen kaufen und restaurieren lassen zu wollen. Ob die Zerstörung eines Kunstobjektes, gleich, welche Bedeutung man ihm zumisst, wirklich die Lösung in einer solchen Auseinandersetzung darstellt, darf bezweifelt werden. (Frank Sommer)

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