Nach fünf Generationen ist Schluss: Traditionsgeschäft in Offenbach macht zu
Das Schuhhaus Pauthner in Offenbach schließt. Der Räumungsverkauf läuft. Die Innenstadt verliert damit ein weiteres Traditionsgeschäft.
Offenbach – Offenbach wird um ein weiteres Traditionsgeschäft ärmer. Im Schuhhaus Pauthner an der Ecke Herrn- / Große Marktstraße hat der Räumungsverkauf begonnen. Wenn die Bestände verkauft sind, will Inhaberin Ulrike Schmittinger den Laden schließen. „Das kann in wenigen Wochen der Fall sein, vielleicht aber auch erst im Sommer“, sagt sie.
Die Entscheidung ist ihr nicht leicht gefallen. Doch es sind viele Faktoren, die letztendlich dazu geführt haben. „In der Coronazeit hat auch der Letzte bemerkt, dass man im Internet einkaufen kann“, so die 59-Jährige. Zwar habe sie einige Jahre Onlinegeschäft angeboten, aber wieder damit aufgehört. „Für den kleinen Handel rentiert sich das nicht.“ Gerade während der Pandemie hätten die Leute zwar „bestellt wie entfesselt“, doch ein großer Teil der Pakete sei wieder zurückgeschickt worden. Und da der Händler das Rückporto zahle, habe es sich für sie nicht gelohnt. „Und abgesehen davon, dass es nicht gut für die Umwelt ist, fühlt es sich für mich komisch an, nur Schuhe zu verschicken, ohne die Kunden zu beraten.“
Schuhhaus Pauthner macht zu: „In der Coronazeit hat auch der Letzte bemerkt, dass man im Internet einkaufen kann“
Nach Corona habe das Geschäft zwar an Fahrt aufgenommen, doch Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation hätten spürbar dazu geführt, dass die Leute ihr Geld zusammenhalten. „Ich denke, dass der Handel wieder wachsen wird und wieder mehr Wert auf Qualität gelegt wird“, sagt die erfahrene Schuhhändlerin. „Doch das wird noch vier, fünf Jahre dauern. Dann bin ich Mitte 60 – und so lange will ich nicht warten.“

Auch der Marktplatzumbau, der vor nunmehr zwei Jahren begonnen hat, sei keine Hilfe gewesen. „Die Baustelle hat uns Kunden aus dem Umfeld gekostet.“ Doch beschweren über Offenbach will sie sich keineswegs. „Baustellen gibt es überall, das Internet gibt es auch überall.“ Die meisten Innenstädte hätten ähnliche Probleme, man könne nicht Offenbach und seiner Bevölkerungsstruktur pauschal die Schuld zuweisen. „Ich habe sehr viele supernette Stammkunden aus Offenbach und darüber hinaus – und bei all denen möchte ich mich für ihre Treue bedanken.“
Offenbach verliert mit Schuhhaus Pauthner weiteres Traditionsgeschäft
Manche Kunden kennt sie schon seit Jahrzehnten. Sie betreibt das Geschäft in fünfter Generation. 1975 haben ihre Eltern es den Vorbesitzern abkauft, den Namen des bereits traditionsreichen Schuhhauses beibehalten. „Damals gab es in Offenbach sicherlich 20 Schuhläden. Konkurrenz belebt bekanntermaßen das Geschäft. Es waren ganz andere Zeiten“, blickt sie zurück. Sie ist bereits „mit Schühchen geboren“, wie sie lachend erzählt. Beide Elternteile stammen aus Schuhhändler-Familien, der Vater aus Ludwigshafen, die Mutter aus Bad Salzuflen. Gemeinsam betrieben sie ein Geschäft in Ludwigshafen, bis sie nach Offenbach zogen. „Eine Cousine von mir hat noch immer einen Schuhladen, der Rest der Familie nicht mehr.“
Auch ihre beiden Geschwister hätten andere Berufe ergriffen, doch für sie habe immer festgestanden, dass sie Schuhe verkaufen wird. Der Laden sei wie ihr zweites Zuhause gewesen – bis zuletzt. „Man verbringt hier Montag bis Samstag, am Sonntag steht dann oft Büroarbeit an.“ Fünf Mitarbeiter unterstützen sie im Geschäft, sind ebenfalls alle schon über 20 Jahre dabei. Die Entscheidung, zu schließen, hätten sie gut und mit viel Verständnis aufgenommen. „Sie bleiben hier bis zum Schluss, das haben alle betont.“ Mit ihrer Qualifikation werden sie auf dem Arbeitsmarkt gute Chancen haben, ist die Chefin überzeugt.
200 Quadratmeter im Herzen der Offenbacher City: Was mit Pauthner-Standort passiert, ist offen
Einen Nachfolger für den Laden hat sie indes nicht gesucht. Kinder hat sie nicht, für sie habe festgestanden, wenn sie geht, dann schließt das Geschäft. Auch der Vermieter habe verständnisvoll reagiert. Was danach in die gut 200 Quadratmeter große, zweistöckige Verkaufsfläche im Herzen der City kommt, steht noch nicht fest.
Auch für sich selbst will Ulrike Schmittinger noch schauen, wie es weitergeht. „Erstmal möchte ich runterkommen, freue mich auf mehr Freizeit.“ Doch bis dahin steht der große Räumungsverkauf an, bei dem es Markenschuhe mit Preisnachlässen von bis zu 70 Prozent gibt. „Wir haben das volle Sortiment, weil ich für diesen Sommer noch ganz normal bestellt habe“, hofft die Schuhhändlerin auf eine gute Abschiedszeit.