Ehemaliger Polizist Stephan-Harald Voigt schreibt Psychothriller mit Offenbacher Lokalbezug

In einem Waldgebiet bei Offenbach wird die brutal zugerichtete Leiche eines Jägers gefunden. Der Schädel des Opfers ist bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert, eine Hand fehlt, daneben eine tote Katze und eine Nachricht: „Impfdiktatur“. Klingt spannend? Ist es auch. Mit „Böse – Auch nach dem Tod“ hat der gebürtige Offenbacher Stephan Harald Voigt seinen zweiten Roman veröffentlicht – und die überwiegend begeisterten Rezensionen sprechen für sich.
Offenbach - In der Kategorie „Schizophrenie“ schaffte es der Psychothriller beim Internetriesen Amazon sogar auf Platz 28. „Das Buch scheint ganz gut zu laufen“, freut sich der Autor, wenngleich sein Verlag sich bisher mit genauen Zahlen bedeckt hält.
In teils drastischer Sprache gelangt der Leser ins Innere des psychopathischen Serienmörders Gerald Winter, nimmt an dessen Gedanken teil, seinen abscheulichen Taten, zu denen ihn die Stimmen in seinem Kopf auffordern. Es ist abstoßend und faszinierend zugleich, wie der Täter sich seine eigene, grausame Realität kreiert und die Ermittler damit vor menschliche Abgründe stellt, die schwer zu verdauen sind.
Erfahrungen, die Voigt zum Teil am eigenen Leib erlebt hat. Der 63-Jährige ist ehemaliger Polizist, kam 1979 in die erste Abiturienten-Ausbildungsgruppe der Polizeischule in Mühlheim. Er wurde unter anderem im SEZ (Sonder-Einsatz-Zug) eingesetzt. „Am meisten, und tatsächlich bis heute, hat mich das Auffinden einer jungen Frau im Offenbacher Stadtwald beschäftigt, die dort vergewaltigt und ermordet liegengelassen wurde“, erinnert er sich noch heute an den Fall Wolpert ganz am Anfang seiner Laufbahn.
Viel Gewalt und Hass gegen die Polizei erfuhr er im Einsatz an der Startbahn-West. „Wir wurden mit Nägeln, Zwillen und Molotowcocktails beworfen, das war ebenfalls prägend.“ Und nie vergessen werde er, wie er als junger Polizist eine psychisch gestörte junge Frau zum Amtsarzt begleiten musste. „Während der Fahrt erzählte sie mir von dunklen Stimmen in ihrem Kopf, die sie beauftragt hätten, böse zu ihren Nachbarn zu sein.“ Die Erinnerung daran, wie sie ihm gesagt habe, er sei „süß“, erzeuge heute noch eine Gänsehaut. „Diese Erfahrung trug dazu bei, dass ich mich viel mit der menschlichen Psyche und Schizophrenie beschäftigt habe“, berichtet Voigt. Wissen, das ihm für seinen neuen Roman zugute kam.
1987 wechselte er von der Polizei in den Bankensektor zum Sicherheitsdienst, erlebte 1989 den Mord am Deutsche Bank-Manager Alfred Herrhausen. „Auch davon habe ich einige schreckliche Bilder im Kopf gespeichert, die nicht zu löschen sind.“ In den letzten 25 Jahren seines Berufslebens hat er für die EU gearbeitet, war für die Sicherheit der Europäischen Zentralbank zuständig. Ein einprägsames Erlebnis aus dieser Zeit ist die Briefbombe an EZB-Chef Jean-Claude Trichet im Jahr 2003.
Einen Ausgleich zu all dem findet der Offenbacher, der seit 2008 in Mühlheim lebt, stets in der Natur. Seine Liebe zum Wald, seine Passion für die Jagd spiegelt sich in seinen Werken wider. Sein erstes Buch „Abkehr vom Multitasking“ erschien 2018, eine Sammlung von Jagderlebnissen. Sein erster Roman „Die Wolf Armee Fraktion“ von 2020 hat die Rückkehr der Wölfe zum Thema.
Beim Gehen durch die Natur, in der Urtümlichkeit und Stille, kommen ihm die Ideen zum Schreiben. Und so ergab sich auch ein Motiv für seinen aktuellen Roman: „Die Menschen sind sich ja in der Corona-Zeit aus dem Weg gegangen, aber da war im Feld dieser Mann mit einem Totenkopf-Tuch vor dem Mund. Er hatte einen großen, schwarzen Hund und kam genau auf mich zu. Das war skurril. So entstand die Idee des Wolfsmaskenmannes.“ Und der Gedanke, wie diese Corona-Atmosphäre, die sich zwischen existenziellen Sorgen, Angst und Verschwörungstheorien bewegte, sich auf Menschen mit Persönlichkeitsstörungen auswirkt.
Der Psychothriller
„Böse – Auch nach dem Tod“, erschienen 2022 bei Books on Demand, 10,99 Euro. ISBN: 9783756299911
Lokale Leser werden Orte wiedererkennen, so lebt etwa der Antagonist in einem Haus in Bieber am Waldrand. „Schreiben ist für mich eine glückliche Gabe“, sagt Voigt. Erst macht er handschriftliche Notizen, die er später auf den Rechner überträgt – für seinen neuen Roman brauchte er nur ein Jahr. Schon als Kind und Jugendlicher liebte er das Lesen, vor allem Jack Londons Abenteuerromane und Mario Puzos „Der Pate“ beeindruckten ihn.
Dass er seine Ermittlerin in einem weiteren Roman nochmal losschickt, kann er sich durchaus vorstellen. „Das Schreiben erfüllt mich, ist für mich auch eine Art Abkehr und Entschleunigung in dieser schnelllebigen Zeit. Und wenn ich andere Menschen damit ein bisschen ablenken und glücklich machen kann, freut es mich umso mehr.“
Von Veronika Schade