Von Offenbach nach Cambridge

Tristan Spreng und Tom-Louis Flohrer sind beste Freunde. Die beiden Tempelseer Buben kennen sich von Kindheit an, besuchten zusammen die Integrationsklasse der Waldschule Tempelsee. Obwohl beide an unterschiedliche Gymnasien gingen – Tristan auf die Leibnizschule und Tom-Louis auf die Rudolf-Koch-Schule – brach der Kontakt nie ab. Heute studieren sie gemeinsam an der Universität von Cambridge in England.
Offenbach - Sie wollen auch andere Offenbacher Abiturienten ermutigen, diesen Weg zu wagen: „Unsere Geschichte zeigt, dass mit Fleiß und harter Arbeit alles möglich ist.“
Dass sie nach ihrem Abitur im Jahr 2018 zum Studium nach Großbritannien wollten, stand für beide fest. Das sei unüblich für Offenbacher, bedauern sie, so habe es auch seitens der Schule keinerlei Informationen dazu gegeben. „Wir hätten uns damals jemanden gewünscht, der uns zur Seite steht.“ Oft werde ein Auslandsstudium an Top- Unis gar nicht erst in Betracht gezogen, weil viele dächten, die Anforderungen seien viel zu hoch und man müsse mindestens eine internationale Schule dafür besucht haben. „Dabei sind wir den normalen Weg gegangen.“ Freilich mit einem Abi-Schnitt von 1,0. „Aber auch das ist keine Voraussetzung“, beteuern die Beiden. Viel wichtiger sei es, mit seiner Bewerbung zu überzeugen und seine Motivation glaubhaft zu vermitteln.
„In Deutschland muss man sich von vorneherein festlegen, ob man etwa Chemie oder Physik studieren möchte“, sagt Tristan Spreng. „In Großbritannien dagegen gibt es das Prinzip der Liberal Arts. Damit kann man sich viel breiter aufstellen“ So entschied er sich für ein Studium der „Natural Sciences“, hat seinen Bachelor bereits absolviert und will nach dem Master im nächsten Jahr seine Promotion dranhängen.
Tom-Louis Flohrer hat seinen Bachelor ebenfalls bereits in der Tasche, und zwar in Angewandter Ökonomie. Er hat sich, anders als sein Freund, zunächst für ein Bachelorstudium im schottischen Glasgow entschieden, wechselte erst zum Masterstudium nach Cambridge. „Es ist einfach schön, dass wir nicht nur die erste, sondern sozusagen auch die letzte Klasse zusammen verbracht haben – hunderte Kilometer von Offenbach entfernt.“ Sie leiten außerdem zusammen eine „Energy Technology Society“ mit dem Ziel, über alternative Energiequellen zu informieren.
Der Schritt ins Ausland, der Abschied aus dem Elternhaus, bedeutete, plötzlich erwachsen zu werden. Zwar gibt es im Studentenwohnheim sogar jemanden, der die Betten macht. „Doch gerade am Anfang war alles nicht so leicht“, sagen die Beiden. Heimweh gehörte dazu. Nicht nur das Studium selbst ist herausfordernd – dazu kommt die englische Sprache. „Das ist schon was anderes, als vorher nur Schul-Englisch.“ Doch den vielen internationalen Kommilitonen gehe es ja nicht anders. „Und es gibt eine große German Society.“ Dort zeigten sie sich stets als bekennende Offenbacher. „Wir stehen zu unserer Stadt, haben ihr viel zu verdanken. Und egal, wohin es uns mal verschlägt, Offenbach bleibt unser Zuhause.“
Doch das Auslandsstudium sei die beste Entscheidung gewesen, die sie hätten treffen können, sowohl akademisch wie auch persönlich. Wissen, Erfahrungen, Erinnerungen, die unvergesslich bleiben. „Das Besondere an Cambridge ist die Traditionsverbundenheit“, betonen beide. Talare zu kaufen in Jahrhunderte alten Geschäften, bei gemeinsamen, festlichen Mahlzeiten in großen Hallen zusammenzusitzen („Formal Halls“), die einzelnen Colleges, die miteinander konkurrieren – all das habe was von Harry Potter, wie sie lächelnd zugeben. Und es sei ein erhebendes Gefühl, durch dieselben Gänge zu laufen, wie etwa König Charles und viele andere namhafte Persönlichkeiten.
Es gäbe zwar auch Leute, die nicht mit einem redeten, weil man nicht den gleichen Ruder-Score habe. Doch insgesamt sei das Studentenleben sehr besonders und schön. Vor allem, weil jetzt nach schwieriger Corona-Zeit alles wieder normal läuft. Lange mussten beide online studieren, teils auch von Offenbach aus. „Jetzt genießen wir es umso mehr.“
Da die Bewerbungsfrist im Januar abläuft, haben die Beiden eine Mailadresse eingerichtet, unter der sie Fragen beantworten: offenbach.global@gmail.com
Von Veronika Schade
