Vorerst keine Hotelsteuer für Offenbach

Bei knappen Kassen wird die Lokalpolitik kreativ: Gern wird dann etwa über eine Pferdesteuer sinniert, zumeist in der Zeit des Sommerlochs. Pferde gibt es jetzt nicht allzu viele in Offenbach, dafür haben die Freien Wähler jedoch vorgeschlagen, eine Übernachtungssteuer einzuführen.
Offenbach - Schließlich, so ihre Rechnung, hätten 2019 knapp eine halbe Million Menschen in der Stadt geschäftlich oder privat übernachtet, bei einer Abgabe von zwei Euro könnte die Stadtkasse um eine gute Million Euro angereichert werden. In Frankfurt gibt es bereits seit 2018 eine Tourismusabgabe in Höhe von zwei Euro bei privaten Übernachtungen.
„Der Vorteil dieser Mehreinnahme ist, dass nicht die Offenbacher Bevölkerung diese entrichtet, sondern viel mehr diese durch den Tourismus getragen wird“, sagt Dennis Lehmann von den Freien Wählern. Im Unterschied zu Frankfurt plädieren die Freien Wähler jedoch dafür, dass sämtliche Übernachtungsgäste, ob privat oder geschäftlich, die Steuer zu zahlen hätten. Gestärkt sehen sie sich durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Jahr, welches eine solche Abgabe für verfassungskonform erklärte.
Neu ist das Thema nicht, um Geld in die Stadtkasse zu spülen: Die erste Abgabe dieser Art wurde bereits 1507 in Baden-Baden erhoben, wie Kai Schmidt (Grüne) erklärt. Die Abgabe sei legitim und es sei grundsätzlich sinnvoll, diese prüfen zu lassen.
Allerdings ist sich die Ampel-Koalition inhaltlich uneins: Während die Grünen ihre Sympathien für die Abgabe deutlich zum Ausdruck bringen, ist die FDP eindeutig dagegen, die SPD gespalten: „Vom Bauchgefühl stimmen wir den Grünen zu, vom Kopf her der FDP“, sagt Holger Hinkel (SPD). Die Liberalen erklären nämlich, dass ein Offenbacher Alleingang, sämtliche Übernachtungsgäste zur Kasse zu bitten, dafür sorgen werde, dass diese dann in die Hotels der Nachbarstädte ausweichen werden. Zudem sei der administrative Aufwand für Hotels und Verwaltung groß, was den erwarteten Gewinn für die kommunalen Finanzen abmindere. Und: Die Liberalen wissen den Stadtkämmerer in dieser Sache hinter sich.
Kämmerer Martin Wilhelm (SPD) hat schon zuvor im Gespräch mit unserer Zeitung seine Zweifel an der Wirksamkeit der Abgabe kundgetan: Natürlich müsse eine arme Stadt jede Möglichkeit für Mehreinnahmen prüfen, aber auch die Auswirkungen von neuen Abgaben berücksichtigen.
„Vor der Pandemie hatten wir 500 000 Übernachtungen, aber diese Zahlen sind massiv eingebrochen: 2021 waren es nur noch halb so viele“, sagt er. Eine Abfrage der Wirtschaftsförderung bei Offenbacher Hotels habe ergeben, dass rund 70 Prozent der Übernachtungen geschäftlicher Art seien, nur 30 Prozent touristischer. Wenn Offenbach die Abgabe von sämtlichen Übernachtungsgästen, wie von den Freien Wählern gewünscht, fordere, Frankfurt aber nur die von Touristen, sei dies ein Standortnachteil für die Offenbacher Hotels.
Nur Touristen zur Kasse zu bitten, rechne sich aber kaum: Bei 75 000 Touristen, etwa im Jahr 2021, bedeutet dies 150 000 Euro. „Zusätzlich zum Verwaltungsaufwand müsste eine Stelle eingerichtet werden, insgesamt schlägt das mit etwa 150 000 Euro zu Buche“, erklärt Wilhelm. Ein Nullsummenspiel derzeit, selbst bei Übernachtungszahlen wie vor der Pandemie wäre der Ertrag äußerst überschaubar.
Wenn überhaupt, sei eine Abgabe nur dann sinnvoll, wenn die gesamte Region geschlossen vorgehe und auch Geschäftsreisende miteinbeziehe, von einer Offenbacher Insellösung hält Wilhelm nichts. Die würde Hotels in Frankfurt oder im Landkreis begünstigen, Offenbach aber benachteiligen und daher kaum etwas einbringen.
Vorerst gibt es somit keine Bettensteuer in Offenbach. Sollte sich die Finanzsituation aber dramatisch verändern, werde man erneut darüber nachdenken, sagt Wilhelm. Doch auch in diesem Fall müssen Aufwand und finanzieller Ertrag im Verhältnis stehen.
Von Frank Sommer