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ÖPNV-Ärger in Offenbach: Scharfe Kritik an Einsparungen

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Von: Frank Sommer

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Das Caritas-Zentrum am südlichen Ende der Schumannstraße hätte für 50 Millionen Euro erweitert werden sollen.
Das Caritas-Zentrum am südlichen Ende der Schumannstraße hätte für 50 Millionen Euro erweitert werden sollen. © Georg-Foto

Die ÖPNV-Einsparungen sorgen noch immer für Ärger in Offenbach. Auch die kürzlich bekanntgewordenenen Pläne der Caritas gießen Öl ins Feuer.

Offenbach - Die Ankündigung der Caritas, wegen des Wegfalls der Anbindung an den Busverkehr ihre Erweiterungspläne zu stoppen, hat zu einer Vielzahl an Reaktionen geführt. Schon kurz nach Vorstellung des Einsparkonzeptes durch Bürgermeisterin Sabine Groß und Kämmerer Martin Wilhelm hatte die Opposition insbesondere den Wegfall der Linie 106 und der entsprechenden Haltestellen scharf kritisiert, nun legt diese nochmals nach.

Sowohl die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT) als auch die CDU selbst erklären, dass der ÖPNV ein wichtiger Standortfaktor für Offenbach ist und halten die Einstellung der Buslinie sowohl für die Caritas als auch für das Briefzentrum oder den VDE für nicht nachvollziehbar. CDU-Chef Andreas Bruszynski fordert „ein Machtwort“ des Oberbürgermeisters, denn: „Der Wirtschaftsstandort und der Wohnort Offenbach darf durch ideologische Vorfestlegungen und intransparente Entscheidungen der Ampelkoalition nicht weiter geschwächt werden“.

Die Fraktion Offenbach für alle (Ofa) aus Piraten, „Die Partei“ und den ehemaligen Jungen Offenbach kritisiert ebenfalls mangelnde Transparenz: Die Ofa fordert Akteneinsicht für sämtliche Unterlagen und insbesondere die dem Konzept zugrunde liegenden Studien der Beratungsunternehmen KCW und Plan-Mobil. Der Beschluss zum Einsparkonzept müsse vorerst vertagt werden, um qualifizierte Änderungsvorschläge abzugeben.

ÖPNV-Ärger in Offenbach: Auch Mitarbeiter des Briefzentrums sind auf den Bus angewiesen

Auch der Ampelkoalition nahe stehende Personen, etwa aus der Bürgerinitiative Stadtfieber, melden sich zu Wort und werfen dem Magistrat mangelnde Sensibilität für die Bedürfnisse von Bürgern und Umwelt vor. „Wieder werden hier die Belange schwacher Bevölkerungsgruppen, Alte, Pflegebedürftige und Einkommensschwache einfach als Streichmasse für eine verkehrte Politik des Abbaus der ÖPNV-Qualität geopfert“, schreibt Harry Ness von der BI Stadtfieber.

Auch Deutsche Post DHL, die in der Sprendlinger Landstraße ein Briefzentrum mit über 230 Mitarbeitern unterhält, sorgt sich um den Standort. Wie Pressesprecher Stefan Heß gegenüber unserer Zeitung sagt, nutzen die DHL-Angestellten öffentliche Verkehrsmittel, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Der Wegfall der Buslinie wäre „selbstverständlich eine Verschlechterung, da sie sich dann nach anderen Optionen umsehen müssten“. Zahlreiche Mitarbeiter „unseres Briefzentrums und unseres Zustellstützpunkts haben ein Jobticket und benötigen daher weiterhin eine zuverlässige, zeitlich ordentlich getaktete Buslinie“, betont Heß.

Offenbach: Offene Briefe der Caritas blieben von der Stadt unbeantwortet

An den Verantwortlichen im Magistrat scheinen die kritischen Stimmen aber abzuperlen: Auf Nachfrage unserer Zeitung heißt es, man wisse nicht, ob der am Freitag verkündete Investitionsstopp der Caritas überhaupt mit den ÖPNV-Plänen zusammenhänge. „Die drei offenen Briefe der Caritas von vergangener Woche blieben bisher vom Oberbürgermeister, der Bürgermeisterin und dem Kämmerer unbeantwortet“, sagt Caritas-Sprecherin Sabine Schilha.

Statt auf das Gesprächsangebot der Caritas einzugehen, wiederholt die Stadt, dass es Einsparungen geben müsse und ein Teil der Linie 106 von anderen Linien übernommen werde – die fragliche Verbindung in der Schumannstraße aber nicht. Gegen Kritik der Opposition verwahrt sich die Stadt, da die Opposition keine Alternativvorschläge einbringe und verteidigt den Einsatz des Beratungsunternehmens KCW. „Auch wenn man nicht zum Sparen gezwungen wäre, wäre eine solche externe Untersuchung wichtig, um die Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. Dazu gehört, gegebenenfalls eine erheblich zu teure, weil im Vergleich viel zu schwach frequentierte Linie einzustellen und teilweise durch andere Linien zu bedienen“, schreibt die Stadt. Belegt wird diese Stellungnahme mit Fahrgastzahlen aus dem Jahr 2021 – einem Pandemie-Jahr.

Der Kritik der Caritas, mit der Streichung der Linie 106 die Pflicht zur Daseinsvorsorge zu vernachlässigen, begegnet die Stadt mit dem Verweis auf die klamme Stadtkasse und dass man den Bürgern keine Grundsteuererhöhung zumuten möchte. (Frank Sommer)

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