Zoff um Maskenpflicht an Schulen: Eltern sind sauer

In Offenbacher Schulen gilt nach wie vor eine strenge Maskenpflicht – strenger als sie laut Corona-Verordnung eigentlich sein müsste. Das sorgt für hitzige Diskussionen.
Offenbach – Stundenlang eine Maske vor Mund und Nase zu (er)tragen, ist für Kinder und Jugendliche mittlerweile zur Realität im Schul-Alltag geworden. Die einen kommen damit ganz gut zurecht, die anderen weniger. Doch viele würden sich freuen, wieder frei durchatmen zu dürfen. Darauf hofften Schüler und ihre Eltern, als vor genau einer Woche die neue hessische Coronavirus-Schutzverordnung in Kraft trat: Die besagt, dass – mit Ausnahme der beiden sogenannten Präventionswochen nach den Ferien – die Maskenpflicht am Sitzplatz entfällt. Offenbach macht jedoch von der anderen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch: Hier müssen die Schüler weiterhin im Unterricht ihren Mund-Nasen-Schutz anbehalten.
Ein Entschluss, der heftig diskutiert wird. Befürworter melden sich allerdings erfahrungsgemäß selten öffentlich zu Wort, sondern eher die Gegner. „Laut Stadt handelt es sich bei den Infizierten doch hauptsächlich um Urlaubsrückkehrer, wo die ganze Familie betroffen ist“, schimpft Mutter Rebecca Keo. Diese müssten mittlerweile ausfindig gemacht sein; die Inzidenz habe als maßgeblicher Wert ohnehin ausgedient; in den Klassen wirkten Luftfilter-Geräte; Schüler würden regelmäßig getestet. „Warum dann weiter die Maske am Platz? Warum bekommen unsere Kinder die härtesten Regeln?“ Nicht mal von Arbeitnehmern werde so viel gefordert wie von den Kindern, moniert die Mutter.
Corona-Maskenpflicht an Offenbacher Schulen: Eltern sind sauer, Stadtverwaltung verteidigt sich
Richtig sauer ist Vater Armin Kuster. „Die apokalyptische Ankündigung bezüglich der Deltavariante hat uns glücklicherweise doch nicht alle dahingerafft“, schreibt er. „Mittlerweile hat ja auch Wiesbaden Einsicht bewiesen und die Lage entspannt. Völlig unverständlich, warum Sie dies wieder aufheben“, so seine Spitze in Richtung der Verantwortlichen in Offenbach. Im Sommer sei die Devise gewesen, „ach, die paar Tage schaffen die Kinder jetzt auch noch“ – daran habe sich wohl nichts geändert.
Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß und die Gesundheitsdezernentin, Bürgermeisterin Sabine Groß, verteidigen die Entscheidung. Das Land Hessen habe beim Inkrafttreten der neuen Verordnung betont, dass die Gesundheitsämter als lokale Vertreter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes weiter befugt seien, mit weitergehenden Maßnahmen auf die Situation vor Ort zu reagieren. Und das habe das Stadtgesundheitsamt getan.
Begründung: Mit ihrer Inzidenz liegt die Stadt bundesweit auf den vorderen Plätzen, zuletzt mehrfach ganz an der Spitze der Liste beim Robert-Koch-Institut (RKI). Bei Kindern zwischen fünf und neun Jahren liege die Inzidenz bei 398 und bei den zehn bis 14 Jahre alten Jugendlichen bei 595 (Stand 18. September – berechnet mit der Gesamtzahl der Kinder/Jugendlichen in dieser Altersgruppe umgerechnet auf 100 000 in sieben Tagen). Es würden also derzeit besonders viele Minderjährige positiv getestet. „Ohne Masken würden daher viele Kinder und Jugendliche für längere Zeit in Quarantäne gehen müssen, sobald eine Infektion in der Klasse auftritt“, erklären die Dezernenten.
Maskenpflicht für Schüler in Offenbach: Stadt als Hotspot mit geringer Impfquote mache Regel notwendig
Die Kombination aus hohem Infektionsgeschehen und geringer Impfquote in Offenbach auf der einen Seite und stundenlanges Sitzen auf engem Raum mit 25 bis 30 Kindern auf der anderen Seite ohne Maske mache eine Corona-Verbreitung viel wahrscheinlicher, betont man bei der Stadt. Nach Ansicht des RKI und des Gesundheitsamtes hilft die Maskenpflicht am Platz, Infektionen innerhalb der Schule und klassenweite Quarantäne zu vermeiden. „Unser Ziel ist es, den Kindern so viel Präsenzunterricht wie möglich anzubieten“, so Groß und Weiß.
Die Dezernenten berichten von zwei Lagern auf Seiten der Eltern: „Einige möchten noch viel weitreichendere Maßnahmen erreichen, anderen sind auch die bereits existierenden Maßnahmen schon zu viel.“ In diesem Interessenskonflikt gelte es, den besten Weg zu finden.
Stadt Offenbach: Schüler sähen Maskenpflicht im Unterricht als „kleineres Übel“
Beide hoffen, dass sich die Lage bald so positiv wende, dass Maskentragen im Unterricht nicht mehr notwendig sei. „Von den Schülern wurde es immer als das kleinere Übel gegenüber Homeschooling und weitreichender Quarantäne für große Gruppen betrachtet“, heißt es aus dem Rathaus. Sobald die Situation in der Stadt anders sei, könne die Maskenpflicht am Platz wieder ausgesetzt werden.
Dazu würde auch eine hohe Impfquote beitragen, welche die Wahrscheinlichkeit der Verbreitung einer Infektion deutlich verringere, erklären die Dezernenten. Doch bislang seien noch keine 60 Prozent der Offenbacher vollständig geimpft. (Veronika Schade)