Eine Laudatio zum Dienstende des langjährigen Chefs des Offenbacher Klingspormuseums

Stefan Soltek hat seit seinem Dienstbeginn 2002 als Direktor des Klingspormuseums für Buch- und Schriftkunst des 20. und 21. Jahrhunderts viel bewegt. Nicht nur Weltkunst hat er an den Main gebracht auch Kongresse der Buch- und Schriftkunst hat er hierher geholt. Wie ein Botschafter warb er für seine Stadt und sein Museum. Ende November geht er als Direktor in den Ruhestand, bleibt aber „freier Mitarbeiter“, zumindest für ein Jahr.
Offenbach - Sein zuweilen unterschätztes Haus an der Herrnstraße hat er mit seinem Team nicht nur nach neuen Kunstszenen hin, sondern auch zur Stadtgesellschaft geöffnet, alle Altersklassen und Schichten angesprochen. Im Rückblick ist der vitale Mittsechziger keineswegs unzufrieden: „Ich bin Offenbach, dieser liberalen Stadt mit ihren transparenten Strukturen, sehr dankbar. Man hat mich hier, ohne Erwartungen zu überstrapazieren, machen lassen. Diese offene, ehrliche Stadt und dieses Museum waren nach meiner Zeit in Frankfurt im Museum für Angewandte Kunst ein Glücksgriff.“
Von drei engagierten Oberbürgermeistern habe er profitiert: Gerhard Grandke brachte die Erweiterung des Museums auf den Weg, auch Horst Schneider hat ihn in jeder Hinsicht unterstützt, den durch die gegenwärtige schwierige Zeit besonders strapazierten Felix Schwenke schätzt Soltek als aufmerksamen Ansprechpartner für die Belange seines Hauses.
Der international erfahrene, promovierte Kunsthistoriker kennt aber auch die Kehrseite der Medaille: „Wir haben hier trotz unseres großen Angebotes noch zu wenig Besucher und Nutzer.“ Projekte, Ausstellungen, Workshops und Veranstaltungen sollten noch mehr Interesse bei Stadtpolitikern, Kirchengemeinden und Vereinen wecken. Aber er will nicht klagen: „Dafür war die Zeit hier zu spannend und anregend.“

Für den gebürtigen Kölner, der früher über Offenbach recht wenig wusste, wurde die Stadt Rudolf Kochs und ihre Kultur zur Herzenssache. Dieser kehrt er keineswegs den Rücken. Zwei Tage pro Woche will er im Klingspor arbeiten und auch eine Vortragsreihe gestalten zum Thema „Das Buch im Spiegel der Kunst des 20. Jahrhunderts“. Auch möchte er weiter nationale und internationale Kontakte des Hauses pflegen und ausbauen. Und natürlich seine Nachfolgerin Dr. Dorothee Ader ab dem 1. Dezember nach Kräften unterstützen.
Wenn seine Einrichtung als „kleines Museum“ dargestellt wird, bringt er lächelnd den Begriff der „inneren Monumentalität“ und sagt: „Es gibt immer noch dieses Missverständnis, wir wären nur ein Spezialmuseum für Eingeweihte. Das stimmt zwar, verkennt aber unsere Rolle.“ Die räumlich überschaubare Einheit im Büsingpalais sei inhaltlich ein Kunstmuseum von großer Vielfalt und Fülle. „Eigentlich sind wir von der Substanz her keine Barkasse sondern ein Tanker, der in internationalen Gewässern fährt“, sagt Stefan Soltek. Wer das nicht glaube, möge sich darüber informieren, wie bekannt das Klingspor zum Beispiel in Asien und Amerika schon lange sei.
Für die Kommunikationsgeschichte spielen die Druckerstadt Offenbach und ihr Museum eine herausragende Rolle. Soltek weiß das, weil er auch als Vorsitzender der Grafik-, Druck- und Buchkunstmuseen weltweit unterwegs gewesen ist. Das hat es ihm leichter gemacht, Spitzenkunst der Pop-Art, der französischen Moderne oder der asiatischen Kunst nach Offenbach zu holen – in Ausstellungen wie ins reiche Museumsdepot, das Weltniveau hat. Dass das hiesige Bürger kaum wissen, steht freilich auf einem anderen Blatt.
Was Soltek weiterhin umtreibt, ist die Intensivierung der Kontakte zwischen Kunst und nicht ausreichend interessierter Politik: „Es muss doch möglich sein, für die Bürger und Repräsentanten dieser kreativen Stadt mit ihrer freundlichen, legeren Mentalität, wenigstens einmal im Jahr dieses schöne Haus von innen zu sehen und dabei anregende Eindrücke mitzunehmen. Auch für Repräsentanten dieser Kreativstadt. Das fördert Identifikation und Zusammenhalt aller Bürger.“
In diesem Bemühen fühlt sich Soltek durch die Vereinigung der „Freunde des Klingspormuseums“ hervorragend unterstützt, wünscht sich jedoch weiter ausgreifendes bürgerliches Engagement. Eigentlich möchte er mit seinem Museum in der Mitte der Gesellschaft mit all ihren Problemen stehen. Sein Credo lautet: „Offenbach bietet als Gestaltungsraum viele Chancen und Möglichkeiten, seine Bürger müssen sie aber auch nutzen.“ Wie recht er hat, dieser Rheinländer, der hierzulande den Kunstbegriff bis ins Rathaus und die Stadtwerke-Galerie sichtbar erweitert hat. Für unsere Stadt und Region ist Dr. Stefan Soltek ein Glücksgriff gewesen. (Reinhold Gries)