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Wo kann in Offenbach gespart werden? Rechnungshof stellt Möglichkeiten vor

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Von: Frank Sommer

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Kinderstiefel hängen an einem Regal im Kindergarten.
Der Rat des Rechnungshofes wird nicht jedem munden: Die Betreuungszeiten der Kitas kritisch prüfen, ob das Angebot dem tatsächlichen Bedarf entspricht. © p

Offenbach fehlen selbsterwirtschaftete Einnahmen, weshalb die Stadt als arm gilt. Die kommunale Finanzberatung soll Einsparmöglichkeiten finden.

Offenbach - Rosig ist die Ausgangslage wahrlich nicht: Offenbach ist, obgleich inmitten der prosperierenden Rhein-Main-Region, eine arme Stadt – trotz sämtlicher Entschuldungsaktionen des Landes. Hauptgrund sind die fehlenden selbsterwirtschafteten Einnahmen. Sowohl der Ergebnis- wie der Finanzhaushalt werden in diesem wie im kommenden Jahr nicht ausgeglichen sein, nur durch die Nutzung von Rücklagen kann der Ausgleich und somit die Haushaltsgenehmigung erfolgen.

Dass gespart werden muss, steht somit außer Frage, die Ausgabenseite muss in Einklang mit den Einnahmen gebracht werden. Um durch einen Blick von außen Hinweise auf Einspar- und Konsolidierungspotenziale zu erhalten, hat die Stadt die kommunale Finanzberatung des Landes konsultiert. Praktisch daran: Im Gegensatz zu kommerziellen Beratungsfirmen ist das Landesangebot kostenlos. Der Nachteil: Die Beratung durch den Rechnungshof und das Innenministerium ist strikt neutral, weist auf Auffälligkeiten hin, interpretiert diese aber nicht als Handlungsanweisungen. Wer also exakte Vorgaben erwartet, wo wie viel eingespart werden kann, wird enttäuscht.

Offenbach: Keine exakten Anweisungen, wo gespart werden kann

Das war auch bei einigen Mandatsträgern zu spüren, als das Beratungsergebnis im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt wurde. Manch ein Ausschussmitglied hätte wohl gern genaue Anweisungen erhalten – oder besser gleich ein Siegel, dass der Offenbacher Haushalt, so, wie er sich gerade darstellt koscher, quasi göttlichem Gesetz entsprechend ist. Nichts könnte jedoch ferner sein. „Der Umgang mit Defiziten und den zur Verfügung stehenden Mitteln obliegt der Kommunalpolitik, die Ausgestaltung des Haushalts gehört zur kommunalen Selbstverwaltung“, betont Thomas Ihrig vom Hessischen Rechnungshof.

Der Vergleich der Situation Offenbachs mit den beiden Großstädten Darmstadt und Kassel ist in vielen Bereichen erhellend, manches aus der Analyse des Rechnungshofs klingt freilich auch erschreckend banal: Dass die Kämmerei bei Ausgaben an die Folgekosten zu denken habe, sollte zum Einmaleins nicht nur jeder Kämmerei, sondern jedes Bürgers zählen.

Auffällig laut Rechnungshof: Hohe Ausgaben für Verwaltung sowie Kinder- und Jugendhilfe in Offenbach

Erhellend, aber offen für Interpretationen ist der Vergleich der Ausgaben der drei Großstädte. Auffällig sind laut Rechnungshof besonders zwei Bereiche: Sowohl bei der internen Verwaltung als bei der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe liegen die Offenbacher Ausgaben weit über denen von Darmstadt und Kassel.

„Die Ausgaben bei der Verwaltung hängen auch damit zusammen, wie etwas gebucht wird“, sagt Kämmerer Martin Wilhelm. In Offenbach würden die Schulgebäude unter diesem Produktbereich im Haushalt geführt, daher seien hier höhere Kosten zu verzeichnen. Da Offenbach einen signifikant höheren Ausländeranteil habe, sei es sinnvoll, dass das Ausländeramt mehr Mitarbeiter als in den Vergleichkommunen besitze – was sich ebenfalls in höheren Kosten niederschlägt.

Eine arme Stadt - die Lage

Offenbach hat im Vergleich mit den hessischen Großstädten Darmstadt und Kassel (Frankfurt und Wiesbaden zählten nicht zur Untersuchung des Rechnungshofes) die kleinste Gemarkungsfläche mit 44,88 Quadratkilometern, aber die höchste Bevölkerungsdichte mit 2916 Einwohnern je km² (Darmstadt: 1304, Kassel: 1883). Die größte Einnahmequelle Offenbachs sind Schlüsselzuweisungen, etwa durch den Kommunalen Finanzausgleich (KFA). 2021 erhielt Offenbach 1578 Euro je Einwohner. In Kassel sind es 1167 Euro und in Darmstadt 752 Euro.

Zwar hat Offenbach die höchste Grundsteuer unter den Großstädten, doch die Einnahmen nehmen sich im Vergleich jedoch sehr bescheiden aus (331 Euro je Einwohner), sind somit fast fünfmal niedriger als die aus den Schlüsselzuweisungen. Auch bei den Gewerbesteuereinnahmen hinkt Offenbach den beiden anderen Städten deutlich hinterher: Spitzenreiter ist Darmstadt mit 1134 Euro je Einwohner, gefolgt von Kassel mit 782 Euro und Offenbach mit 603 Euro. Die Haushalte 2022 und 2023 weisen Defizite von fast 22 Millionen Euro in diesem und rund 4,7 Millionen Euro im kommenden Jahr auf. Im Vergleich mit Kassel und Darmstadt erwirtschaftet Offenbach pro Einwohner ein höheres Defizit.

Um 23,8 Prozent haben sich die Ausgaben im Familienbereich von 2020 bis heute gesteigert: 833,68 Euro je Einwohner gibt Offenbach aus, der Hessendurchschnitt liegt bei 742,17 Euro je Einwohner. Nach Beratung von über 250 Kommunen habe sich gezeigt, dass in der Regel die Kosten der Kinderbetreuung dafür maßgeblich seien, sagt Ihrig. Der Rat des Rechnungshofes: Die Betreuungszeiten der Kitas kritisch prüfen, ob das Angebot dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Ein Ratschlag, der nicht allen Ausschussmitgliedern gefällt. Der Betreuungsschlüssel werde vom Land demnächst eh gesetzlich verbessert, Offenbach nehme jetzt schon vorweg, was bald Pflicht sei, heißt es. Die Erfahrung zeige, dass es bei genauer Betrachtung dessen, was tatsächlich benötigt werde, oftmals Spielraum für Verbesserungen gebe, die Antwort der Analysten.

Neuansiedlung von Gewerbesteuerzahlern essenziell für Offenbach

„Ich bin dankbar und froh für diese Beratung und die Vorschläge“, sagt Kämmerer Wilhelm. Man werde die einzelnen Punkte prüfen. „Wir schauen uns auf jeden Fall die Gebäudebewirtschaftung an“, sagt er, rasche Umsetzungen oder dass sich gewaltige Summen einsparen ließen, seien eher unwahrscheinlich.

Zwei Punkten, die in der Betrachtung genannt wurden, erteilt Wilhelm aber kategorisch eine Absage: Mit fast sieben Millionen Euro sind die freiwilligen Aufgaben Sport- und Wirtschaftsförderung interkommunal auffällig, doch an diesen Ausgaben könne nicht gerüttelt werden. Sowohl der Erhalt der Vereine wie der Fortbestand der hiesigen Unternehmen und die Neuansiedlung von Gewerbesteuerzahlern sei essenziell für Offenbach.

Auch der Hinweis, dass die Erhöhung des Hebesatzes um zehn Punkte 480 000 Euro Mehreinnahmen bedeuten würde, erteilte Wilhelm eine Absage. Der Rechnungshof selbst hatte zuvor schon betont, dass durch die hohe Grundsteuer B eine Erhöhung der Gewerbesteuer den Standort Offenbach für Unternehmen unattraktiv machen und zur Abwanderung von Steuer zahlenden Firmen führen könnte. (Frank Sommer)

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