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Distanzunterricht in Offenbach: Wie gelingt das digitale Lehren?

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Von: Frank Sommer

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Eine Schülerin sitzt vor Schulaufgaben und einem Laptop.
Nicht immer funktioniert der Distanzunterricht reibungslos. © Ute Grabowsky/imago-images

In Offenbach wird in Schulen wieder digital unterrichtet. Liegt erfolgreicher Distanzunterricht eher an engagierten Lehrkräften oder technischer Ausstattung?

Offenbach - Statt in den Klassenräumen werden Offenbacher Schüler seit Ende der Osterferien wieder im Distanzunterricht beschult. Für die Schüler bedeutet das, wochenweise Arbeitsunterlagen durcharbeiten, den Kontakt mit den Lehrern per Telefon- oder Videokonferenz halten. So zumindest klingt es in der Theorie – doch wie schaut es im Alltag aus? Unsere Redaktion erreichten gänzlich unterschiedliche Schilderungen von Eltern.

Gleich vorweg: In der Pandemie zeigt sich, dass die Qualität des Distanzunterrichts noch sehr viel stärker vom Engagement der jeweiligen Lehrer abhängig ist als beim Präsenzunterricht. Auch zeigt sich, dass die Vorstellungen der Eltern über die Art und Weise, wie Distanzunterricht gestaltet werden sollte, teils weit auseinandergehen.

Die einen fordern einen gänzlich auf digitale Medien ausgelegten Unterricht ein, andere sind schon glücklich, wenn die Verteilung der wöchentlichen Arbeitsblätter funktioniert und ihre Kinder einmal in der Woche mit dem Klassenlehrer für Nachfragen telefonieren können.

Offenbach: Eltern sparen nicht beim Lob für engagierte Pädagogen

Pauschalurteile aber, das betonen die Eltern, wollen sie nicht abgeben: Vielmehr seien es Stimmungsbilder, wie der Unterricht im Falle ihrer Kinder aussieht. Denn auch an Lob für besonders engagierte Pädagogen fehlt es nicht: So gebe es etwa an der Friedrich-Ebert-Schule Lehrerinnen, die persönlich bei ihren Schülern die Aufgabenblätter nach Hause bringen oder täglich am Telefon für Fragen zur Verfügung stehen, wie eine Mutter berichtet.

Auffällig ist, dass der Distanzunterricht an Gymnasien eher als problemlos beschrieben wird. Laut Stadtelternbeirat gebe es dort quasi keine Beschwerden. Anders schaut es bei den Grundschulen aus: Während einige wie etwa die Hafenschule sehr gelobt werden für den Distanzunterricht, werden andere wie die Anne-Frank-Schule oder die Grundschule Bieber als problematisch bezeichnet. So berichtet eine Mutter, dass die Lehrerin ihres Kindes auf die Frage nach mehr telefonischer Erreichbarkeit auf die ARD-Mediathek verwiesen habe, für ihr Kind gebe es schließlich Bildungsvideos, die etwaige Fragen beantworten würden.

App als Lernhilfe: „Zahlenzorro“ kann in Grundschulklassen genutzt werden.
App als Lernhilfe: „Zahlenzorro“ kann in Grundschulklassen genutzt werden. © Sommer

An der Anne-Frank-Schule hat eine Mutter selbst Gruppenunterricht mit dem Konferenzprogramm Teams organisiert, damit die Kinder in klassenähnlicher Atmosphäre arbeiten können. „Wir Eltern sind jetzt seit zwölf Monaten als Hilfslehrer im Einsatz – ob wir das wollten, wurden wir nicht gefragt. Es muss endlich eine vernünftige Lösung für unsere Kinder her“, sagt sie.

Medienzentrum Offenbach: Lehrer können sich digital weiterbilden

Beim für den Unterricht zuständigen Staatlichen Schulamt wird betont, dass „Distanzunterricht nicht ausschließlich auf eine digitale Vermittlung angelegt sein muss“. Es wird dafür auf einen variantenreichen und pädagogisch sinnvollen Mix aus auszufüllenden Arbeitspapieren, Videosequenzen, Lernpaketen und der Nutzung von Lern-Apps gesetzt. Auch pädagogisch sinnvolle Videos aus der besagten ARD-Mediathek könnten sachorientiert eingesetzt werden. „Weiterhin hat jede Schule ein Kommunikationskonzept, in dem festgelegt ist, wie mit den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern zu kommunizieren ist“, sagt Schulamtsleiterin Susanne Meißner.

Ein Lehrer unterrichtet im Lehrerzimmer am Laptop. Für den Fernunterricht nutzt er sowohl Laptop als auch Ipad.
Der Digitalunterricht baut auf das Engagement und die technische Kompetenz der Lehrkräfte auf. © Felix Kästle/dpa

„Wir können ein sehr großes Interesse bei Lehrern feststellen, einen ansprechenden Distanzunterricht zu gestalten“, sagt Matthias Demeter, Leiter des Medienzentrums Offenbach. Dort können Lehrer aus Stadt und Kreis sich in Sachen Digitalisierung und neue Medien fortbilden und beraten lassen sowie Medien für den Unterricht ausleihen.

„Allein im ersten Quartal dieses Jahres haben wir 170 Fortbildungen für über 2 500 Lehrer angeboten“, sagt Demeter. Allerdings: Der überwiegende Teil habe sich mit der Kommunikationssoftware Teams befasst – und diese darf laut Hessischem Datenschutzbeauftragten ab Juli nicht mehr in Schulen verwendet werden. Für Lehrer wie Eltern, die teils aus eigener Tasche Lizenzen erworben haben, ein schwerer Schlag. „Das hätten wir uns anders gewünscht“, sagt eine Lehrerin, „das System funktioniert und ist in vielen Klassen im Einsatz; das zu verbieten, ist ziemlich realitätsfremd.“

Offenbach: Schulen werden mit schnellem Internet ausgestattet

Offenbach war die erste Stadt, die Geld aus dem Förderprogramm Digitalpakt Hessen für Schulen erhalten hat. Die Stadt hatte zuvor sämtliche Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen, um schnelles Internet zu ermöglichen. Seit vergangenem Jahr wird mit Geld aus dem Digitalpakt die Wlan-Ausstattung der Schulen umgesetzt. Dies gestaltet sich äußerst aufwendig, da gerade in Altbauten mit dicken Wänden sämtliche Räume mit eigenen Geräten versehen werden müssen, zugleich müssen die bestehenden Stromleitungen ertüchtigt werden. In der Leibnizschule wurden für die Wlan-Einrichtung etwa über 40 Kilometer Kabel verlegt. Für die Ausstattung sämtlicher Schulen mit Wlan waren zwei Jahre angesetzt, als nächstes werden die Bauarbeiten in der Hafen-, der Albert-Schweitzer-, der Rudolf-Koch-Schule und an den GTS beginnen.

Da für den digitalen Distanzunterricht mobile Endgeräte nötig sind, hat die Stadt 4000 I-Pads an Schüler verteilt, die diese benötigt haben. Aktuell werden weitere I-Pads an alle Lehrer verteilt. Obwohl dies eigentlich Landesangelegenheit wäre, hat die Stadt hat die Verteilung übernommen. Die I-Pads erhalten eine spezielle Software, mit der die Lehrer auch die übrigen Geräte wie Digitaltafeln in den Klassenräumen steuern können. Wie bei den Endgeräten für Schüler werden Musterleihverträge abgeschlossen.

An allen Schulen mussten Ansprechpartner für die Digitalisierung benannt werden, die als Koordinatoren fungieren. Mit der Auslieferung der Geräte und der Wlan-Ausstattung sind laut Schuldezernent Paul-Gerhard Weiß die 14 Millionen Euro aus dem Digitalpakt komplett umgesetzt. Für den Einsatz im Unterricht bietet das Medienzentrum Offenbach für Lehrer Schulungs- und Fortbildungsangebote an.

Distanzunterricht in Offenbach: Erfolg hat mehr mit Engagement der Lehrer – nicht mit Technik – zu tun

Dass es Kritik am Distanzunterricht gebe, hängt laut Demeter auch mit unterschiedlichen Vorstellungen von Eltern zusammen. „Es gibt zwei Extrempositionen: Die einen sagen, dass die Kinder schon genug Zeit mit dem Smartphone verbringen, die anderen verweisen auf Länder, in denen Unterricht nur digital erfolgt.“ Dazu komme dann noch die Eignung der jeweiligen Lehrer. „Auch bei früheren pädagogischen Innovationen konnten nicht alle Lehrer mitgenommen werden“, sagt er.

Und so zeigt sich, dass der Distanzunterricht in hohem Maße nicht nur von der technischen Ausstattung, sondern besonders vom Engagement der einzelnen Lehrer abhängig ist. Und von der Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder bei den schulischen Arbeiten zu unterstützen.

„Allerdings können das nicht alle Eltern in gleicher Weise leisten“, sagt die Mutter einer Friedrich-Ebert-Schülerin. „Auch wenn es Grundschulaufgaben sind: Diese so zu erklären, dass die Kinder es verstehen, sind wir nicht ausgebildet.“ (Frank Sommer)

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