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„Wie Lego“: Offenbacher dämmt sein Haus selbst mit Naturmaterialien

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Von: Veronika Schade

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Marco Rose aus Offenbach brauchte eine Lösung für sein renovierungsbedürftiges Haus. Da die Kostenvoranschläge zu teuer waren, nahm er die Sache selbst in die Hand.

Offenbach - In Zeiten von Materialmangel und fehlenden Handwerkern und umrahmt von Krisen sind aufwendige Umbauarbeiten am Haus ein mit vielen Fragezeichen gespicktes Unterfangen, vor dem Hausbesitzer eher zurückschrecken. Nicht so Marco Rose. Auch er hat zwar erst gezögert – doch jetzt ist der 49-Jährige in der Schlussphase eines ungewöhnlichen Bauprojekts an den eigenen vier Wänden. Einem, das in seiner Straße im beschaulichen Stadtteil Waldheim auffällt und für Gesprächsstoff sorgt.

„Passanten bleiben stehen, um zu schauen, viele sprechen mich darauf an, was wir hier machen“, erzählt er. Was anmutet wie eine Art Fachwerkbau, sind auf die Fassade angebrachte Holzstreben, in die später eine Dämmung gesetzt werden soll. Auch diese besteht komplett aus Holzfaser. Nicht das übliche Styropor, nichts Synthetisches oder Mineralisches. „Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit sind vor allem meiner Frau sehr wichtig und waren für sie Voraussetzung, wenn wir dämmen“, sagt der Familienvater.

Offenbach: Architekten und Firma zu teuer - Marco Rose übernimmt Dämmung am Haus selbst

Seit zwölf Jahren wohnt die Familie in dem Haus aus dem Jahr 1910. „Es ist angeblich eins der ersten Häuser hier im Viertel, der Schuhmacher Schneider soll hier gewohnt haben“, blickt Rose in die Geschichte. Als das Ehepaar das Haus kaufte, herrschte dort großer Sanierungsstau. „Da wurde bestimmt 20, 30 Jahre nichts gemacht. Ein Nachbar fragte uns sogar, ob wir abreißen wollen.“ Denn denkmalgeschützt ist das Haus nicht.

Das Ehepaar renovierte, was am dringendsten war, ersetzte abgenutzte Kunststofffenster durch neue mit Holzrahmen. „Im Winter wird es hier aber ziemlich kalt“, sagt Rose, „wir hatten zeitweise nur 16 Grad im Zimmer.“ 2020 wollten sie bereits die Dämmung angehen, warteten wegen der Coronakrise aber lieber ab. „Doch die Krisen werden nicht weniger“, sagt der Hausbesitzer.

Marco Rose vor seinem Haus in Waldheim.
Viele Passanten sprechen ihn an: Marco Rose vor seinem Haus in Waldheim. © Schade

Er sprach mit Architekten und Firmen, ließ sich Kostenvorschläge machen. „Die waren im sechsstelligen Bereich. Da haben wir beschlossen, es selbst in die Hand zu nehmen.“ Der Informatiker ist begeisterter Handwerker, hat viel von seinem Vater gelernt. „Ich bin im Osten aufgewachsen. Da war es üblich, dass man Sachen selbst hinkriegt, man muss sich trauen und es machen.“

Offenbach: Nur das Gerüst liefert eine Firma - Im November will Marco Rose fertig sein

Natürlich nicht ohne Vorbereitung. Ausgiebig liest er sich in das Konstruktionssystem mit den Stegträgern ein, das auch vermehrt in Neubauten zum Einsatz kommt, berechnet die Materialmenge, kauft und lagert ein. „Was ich brauchte, war zum Glück alles lieferbar.“ 5,50 Meter lang sind die Stangen, die in Reih und Glied an der Fassade angebracht werden. „Das ist ein zertifiziertes System und wie Lego, man baut Stück für Stück zusammen.“ Ende April hat er angefangen, „eine Randbohle hier, ein Stegträger da“. Das nimmt seitdem die ganze Freizeit in Anspruch, teils mit Unterstützung von Familie und Freunden. „Die Wände des Hauses sind nicht ganz gerade, das muss man ausgleichen.“ Freilich geschieht nicht alles in Eigenregie, das Gerüst wurde von einer Firma aufgebaut.

Mittlerweile hat Rose mit dem nächsten Schritt begonnen – der Verkleidung mit Holzfaserplatten. Sobald diese fertig ist, kommt Putz drauf – danach sieht es wieder aus wie ein „normales“ Haus. „Eine Förderung für die Naturmaterialien gibt es nicht“, teilt er allen mit, die ein ähnliches Projekt erwägen. „Aber man kann einen Steuerbonus für die Handwerker-Teilleistungen bekommen.“ Wenn alles gut geht, sitzt die Familie ab Mitte November in einem warmen, behaglichen Zuhause. (Veronika Schade)

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