Aggressive Wild-Angler vertreiben Sportfischer vom Main – Kontrolleure berichten von Bedrohungen

Illegale Angler bevölkern weitgehend unbehelligt das Mainufer in Offenbach und bedrohen Sportfischer. Diese sagen: „Wenn wir die Polizei rufen, führt das zu gar nichts“.
Offenbach – Wilderer – das sind düstere Gesellen, die vornehmlich nachts durch dunkle Dickichte streifen, im Anschlag die Flinte, immer auf der Suche nach fetter Beute. In Offenbach ist das anders. Da wird am helllichten Tag und vor den Augen der Öffentlichkeit gewildert – und zwar Fisch. Dabei werden die Täter offenbar immer dreisten und rücksichtsloser. Ein Spaziergang bei gutem Wetter am Mainufer zwischen Hafeninsel und Bürgel zeigt das Ausmaß.
An guten Tagen haben sich alle paar Meter Anglergrüppchen niedergelassen, der Sprache nach aus Osteuropa, halten ihre Rute ins Wasser, oftmals wird gegrillt und Alkohol getrunken. Was für Spaziergänger fast malerisch aussieht, ist in den allermeisten Fällen illegal. Fast keiner der Angler besitzt nämlich einen Bundesfischereischein und eine nötige Angelkarte. „Da sitzen dann schon mal 30 bis 40 Wild-Angler am Mainabschnitt in Höhe der Offenbacher Innenstadt“, sagt Uwe Helbing. Er ist Vorsitzender des Offenbacher Angelsportvereins Neptun. „Das Ganze ist in den letzten ein bis zwei Jahren regelrecht explodiert.“
Offenbach: Kommunikation mit Wilderern schwierig
In der Anglerszene sei bekannt, dass es sich bei den Wilderern tatsächlich vorwiegend um Menschen aus dem osteuropäischen und russischen Raum handele. Sprachbarrieren machten die Kommunikation deshalb schwierig. Spricht man die Wild-Angler nämlich auf ihr Treiben an, erntet man bestenfalls ein verständnisloses Schulterzucken, bevor die Rute neu ausgeworfen wird. Dass es auch schlimmer kommen kann, weiß Martina Kämmerer, Vorsitzende des Angelsportverein Offenbach (ASV). „Es gab auch schon Handgreiflichkeiten bis hin zu Schlägereien“, berichtet sie. Denn häufig seien diese Menschen betrunken und würden aggressiv reagieren. „Von unseren Leuten traut sich deshalb gar keiner mehr, dort zu angeln“, sagt Kämmerer. „Und als Frau würde ich da schon gar nicht die Angel auswerfen.“
Uwe Helbing bestätigt das. „Unsere Sportangler gehen diesen Leuten aus dem Weg, wo sie nur können.“ Nachtangeln sei deshalb kaum noch möglich. „Früher war das kein Problem. Heute muss man am besten zu dritt oder zu viert sein, damit man überhaupt sicher ist.“

Offenbach: Kontrolleure berichten von Bedrohungen durch Wilderer
Auch Helbings zwei Vereinskontrolleure hätten ihm mehrfach von Bedrohungen im Einsatz berichtet. „Die sagen mittlerweile ganz klar, dass sie eine Gruppe mit drei von diesen Leuten gar nicht mehr kontrollieren, weil sie fürchten, am Ende ein Messer im Rücken zu haben“, berichtet der Vereinschef. „Das ganze Revier hier ist fest in der Hand der Wilderer.“
Bei der Stadtpolizei ist das Problem bekannt. Allerdings würde die nur eingreifen, wenn sie zufällig auf einen Wild-Angler stößt oder es Beschwerden von Bürgern gebe, sagt Leiter Lothar Haack. Denn Fischwilderei sei eine Straftat und liegt im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei. „Deswegen machen wir auch keine Kontrolltage oder gehen gezielt gegen Wild-Angler vor“, erklärt Haack. Dennoch würden seine Leute pro Monat im Mittel etwa dreimal verdächtige Angler kontrollieren. Wie wenig Wild-Angler wirklich zur Rechenschaft gezogen werden, zeigen die offiziellen Zahlen des Polizeipräsidiums Südosthessen. Laut Sprecher Thomas Leipold war es im vergangenen Jahr nur ein einziger Fall. 2020 immerhin sieben, 2019 auch nur einer.
Offenbach: Wildern im Main lukrativ
Helbing glaubt auch zu wissen, warum das so ist. „Immer, wenn wir die Polizei rufen, führt das zu gar nichts, weil die Streife erst 30 Minuten später ankommt“, schildert Helbing den Ablauf zahlreicher Meldungen, die er und seine Vereinskollegen schon getätigt hätten. Die Wilderer packten dann ihr Zeug in aller Seelenruhe zusammen und seien längst über alle Berge, wenn die Streife eintreffe. „Diese Leute wissen ganz genau, dass niemand da ist, der sie zur Rechenschaft zieht. Deswegen breiten sie sich auch immer weiter aus.“
Denn das Wildern im Main ist für die illegalen Angler lukrativ. „An guten Tagen holt manch einer da schon mal bis zu 30 Kilogramm Fisch aus dem Main oder den benachbarten Seen“, sagt Helbing. „Für uns ist das ein riesiger Schaden, weil wir den Fisch zuvor für viel Geld einsetzen.“ Gerade erst vor wenigen Tagen habe sein Verein wieder für 2500 Euro Fisch in den hiesigen Gewässern ausgesetzt. „Ich gehe davon aus, dass allein ein Drittel davon am Ende in den Mägen der Wilderer landen wird.“ (Chritsian Reinartz)
Auch an einem anderen Ort in Offenbach berichteten Angler über massive Probleme.