Seit 100 Jahren Schwimmsport in Babenhausen

Im Turnverein Babenhausen (TVB), dem größten Verein der Stadt, bilden die Schwimmer mit 180 Mitgliedern nach den Turnern und Basketballern die drittgrößte Abteilung.
Babenhausen - 150 davon sind Kinder und Jugendliche, wovon mehr als ein Drittel die Schwimmschule des TVB besucht. Sie ist das Prunkstück der vielfältigen Abteilung, die 2022 ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Zum Jubiläum ist man allerdings nicht sorgenfrei.
Dies meint die gestiegenen Kosten für die Infrastruktur: Da die Abteilung, die neben der Schwimmschule auch Breiten- und Wettkampfsport, Triathlon, Aqua-Fitness, Kraulkurse für Erwachsene und Seniorenschwimmen bietet, das Babenhäuser Freibad nur in den Sommermonaten nutzen kann, ist sie die meiste Zeit des Jahres auf Hallenbäder im Umland angewiesen. Der Turnverein mietet dabei Bahnen im Hallenbad Groß-Zimmern und im neuen Sportbad Dieburg an. Letztgenanntes betreibt der Dieburger Wassersportverein, der zuvor schon für das alte, mittlerweile abgerissene und Wohnbebauung gewichene Trainingsbad am Campus verantwortlich zeichnete. Das neue Bad ist schöner und moderner, bietet unter anderem durch ein Lehrbecken mit Hubboden bessere Bedingungen. „Allerdings kommt es uns auch deutlich teurer als das alte Dieburger Hallenbad“, sagt Ulrich Spatar, der die Schwimmabteilung des TVB seit 22 Jahren leitet.
In Mammon heißt das: „Wir zahlen in Dieburg pro Jahr nun 12 000 Euro mehr als im alten Bad.“ Was Spatar, der selbst Mitglied im Wassersportverein ist und die Neubau-Planungen von Anfang an verfolgt hat, nachvollziehen kann – schließlich muss die Betriebskosten-Kalkulation des WSV Dieburg aufgehen und die Bahnmieten stellen die wichtigste Einnahmequelle dar. Allerdings sei die anfangs berechnete Miete diesen Februar – und damit nur fünf Monate nach Eröffnung des Sportbads – bereits erhöht worden. Die Mehrkosten gegenüber dem alten Bad muss der Babenhäuser Turnverein daher über einen Zusatzbeitrag seiner Kursteilnehmer abfangen.

Angesichts des Mangels an Hallenbädern im Ostkreis – nach dem Aus für jenes in Münster stehen den Großteil des Jahres nur noch das WSV-Bad in Dieburg und das kommunale Bad in Groß-Zimmern zur Verfügung – sind die TVB-Schwimmer dennoch froh über jede Wasserzeit. Besonders viel davon hat die Abteilung für ihre Schwimmschule gebucht. Spatar erläutert das Konzept des 2010 eingeführten Erfolgsmodells: „Die Schwimmschule teilt sich in vier Stufen auf“, sagt er. „Die Kinder können in diesen Stufen hinsichtlich ihrer Schwimmfähigkeiten mitwachsen.“ Die erste Stufe sieht die Gewöhnung ans Wasser vor, „das passiert heute längst nicht mehr in jeder Familie“, hebt der Abteilungschef die Bedeutung des Vereinsangebots in diesem Bereich hervor. In Stufe zwei absolvieren die Schwimmanfänger das „Seepferdchen“. In Stufe drei erlernen sie weitere Fähigkeiten wie das Rückenschwimmen. „Stufe vier endet mit dem Bronze-Abzeichen“, so Spatar. „Erst dann ist bei uns das Schwimmenlernen abgeschlossen.“
Möglich ist ein Ausstieg nach jeder Stufe, viele Teilnehmer zögen aber alle vier durch. Zumal der Spaß und das Miteinander nicht zu kurz kommen, „in unserer Schwimmschule bilden sich auch viele Freundschaften“. Die soziale Komponente steht auch bei der Partnerschaft des TVB mit der Schwimmabteilung des TSV GutsMuths Berlin und wechselseitigen Besuchen im Vordergrund.
Ein Jahrzehnt lang gab es sogar Wasserball beim Turnverein
Der TV Babenhausen als Gesamtverein ist 131 Jahre alt. Vor einem Jahrhundert gründete sich die Schwimmabteilung, die inzwischen die drittgrößte des Turnvereins ist.
Zwischenzeitlich wurde sogar sogar Wasserball gespielt. Der Randsport entwickelte sich in den 1960ern in Babenhausen zu einem echten Sommervergnügen. Außer dem (in der Kernstadt mittlerweile brachliegenden) Fußball war damals gerade für Buben und junge Männer das Freibad die örtliche Hauptattraktion. Der damalige DLRG-Ortsgruppenleiter Kurt Seibert brachte eines Tages einen Leder-Wasserball mit, was die Anfänge dieses Sport beim TVB markierte. Aus einem wilden Getobe wurde ernsthafter Wasserball, als Gerhard Justin vom DSW Darmstadt nach Babenhausen kam und die schwimmerischen Fähigkeiten der Wasserballer förderte. Ab 1965 wurde dann „richtig“ trainiert und ambitioniert Wasserball gespielt. 1971 kam neben dem Männerteam sogar ein Jugendteam hinzu. Aus mehreren Gründen, die die 100-Jahre-Chronik nicht näher ausführt, endete das Wasserball-Kapitel im Babenhäuser Turnverein 1973.
Wer an der Geschichte des Vereinsschwimmens in Babenhausen interessiert ist, der wird derzeit ausführlich im ersten Stock der TVB-Halle, Ziegelhüttenstraße 1, fündig: Dort kann man die Historie in einer kleinen Ausstellung nachlesen. (jd)
Manchmal gelingt es dem TVB und insbesondere den 15 Trainern und Trainerinnen der Abteilung, die Kinder nach der Schwimmschule fürs Breiten- oder Wettkampfschwimmen zu begeistern und so im Verein zu halten. Auch im Triathlon gibt es ein Nachwuchsteam, obgleich es derzeit nicht am Ligabetrieb teilnimmt.
Zum 100-jährigen Bestehen hat sich der TVB einiges einfallen lassen: Am 28. Mai lädt er alle ehemaligen Schwimmer der Abteilung zu einem (internen) Jubiläumsschwimmfest ins Sportbad Dieburg ein. Vom 9. bis 11. September trifft sich im Babenhäuser Freibad die Schwimmjugend Hessen, wozu Spatar rund 1000 Kinder und Jugendliche aus ganz Hessen erwartet. Zwischendurch bleibt immer noch ein bisschen Zeit, um in der neu erstellen Abteilungschronik zu blättern. (Jens Dörr)