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Ehepaar gesteht Tierquälerei auf Hergershäuser Pferdehof

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Als Schimmel Diabolo vom Hergershäuser Hof geholt wurde, war er bis auf die Rippen abgemagert.
Als Schimmel Diabolo vom Hergershäuser Hof geholt wurde, war er bis auf die Rippen abgemagert. © p

Ein Ehepaar gesteht Tierquälerei auf einem Hof in Babenhausen. Zuvor hatte vor allem einer der Angeklagten versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Dieburg/Hergershausen – Mit Geständnissen haben am Dienstag (15.2.) die wegen Tierquälerei auf ihrem Pferdehof bei Hergershausen Angeklagten den Weg zu einem schnellen Urteilspruch am Amtsgericht Dieburg freigemacht. Die geplante Beweisaufnahme konnte erheblich abgekürzt werden. Richterin Yvonne Keller verurteilte die Geschäftsführerin des Hofs unter Einbezug eines Urteils wegen Betrugs aus dem Jahr 2020 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 25 Euro. Für den ebenfalls auf dem Hof tätigen Ehemann erkannte sie auf 90 Tagessätze zu 35 Euro. Ein zeitlich beschränktes Tierhaltungsverbot wurde zwar erörtert, aber als „unverhältnismäßig“ verworfen, weil es sich bei der Straftat um einen Einzelfall gehandelt habe und ein solches Verbot dem Ende der wirtschaftlichen Existenz gleich gekommen wäre.

In den Erklärungen, die für die Geschäftsführerin des landwirtschaftlichen Betriebs durch ihre Rechtsanwältin Sabine Griem, für ihren Ehemann durch dessen Rechtsanwalt Philipp Schlosser verlesen wurden, übernahmen beide Verantwortung für den schlechten Zustand von drei Pferden und einem Pony, die von der Tierherberge im schwäbischen Donzdorf als Pensionsgäste auf dem Hof untergebracht worden waren. Drei der Tiere standen auf einer Koppel mit Offenstall zwischen Hergershausen und Dieburg, ihr schlechter Zustand und die mangelhafte Futterversorgung sind Anfang 2019 einer Berufspendlerin aufgefallen, die beim Veterinäramt in Darmstadt Meldung machte.

Babenhausen bei Darmstadt: Ehepaar legt Geständnisse im Tierquälerei-Prozess ab

Eine Amtstierärztin berichtete als einzige Zeugin des Tages von ihrem Besuch auf dem Hof und bestätigte noch einmal mangelnde Versorgung und Fürsorge für die Tiere, die angesichts der im Winter 2019 herrschenden Kälte anderes Futter gebraucht hätten. Ein Gespräch mit dem Landwirt im Ruhestand sei „schwierig“ verlaufen. Unter anderem habe es einen Hinweis auf die Kosten für höherwertiges Kraftfutter gegeben. Ein späteres Gespräch mit der Geschäftsführerin sei „ruhiger“ verlaufen. Und am 4. März habe es ein Gespräch mit dem Tierarzt gegeben, der Mangelerscheinungen bestätigt habe. Zu Maßnahmen habe das aber nicht mehr geführt, da der Tierschutzverein aus dem Landkreis Göppingen bereits am 12. März die Tiere abgeholt und in der Folge Strafanzeige gegen die Betreiber des Hofs erstattet habe.

Dieses Ermittlungsverfahren sei zwischenzeitlich sogar eingestellt worden, berichtete Staatsanwalt Alessandro di Maria, der für die Geschäftsführerin 120 Tagessätze zu 25 Euro und für ihren Ehemann 100 Tagessätze zu 35 Euro forderte. Er plädierte auch für ein auf ein Jahr befristetes Tierhaltungsverbot, das aber nach bereits sechs Monaten wieder aufgehoben werden könne.

Gegen dieses Tierhalteverbot wandten sich unisono die Verteidiger der Angeklagten. Es sei angesichts der Einmaligkeit und dem Zeitpunkt der Straftat unangemessen und beraube die Familie ihrer Existenzgrundlage. Diesmal waren auch Unterstützerinnen im Gerichtssaal – vier junge Frauen, die auf dem Hof ihre Pferde stehen haben. Sie bescheinigten den Betreibern korrekten Umgang mit den Tieren, und später stellte auch die Richterin in ihrer Urteilsbegründung fest, dass es ansonsten in den 30 Betriebsjahren mit rund 60 Pferden auf dem Hof nicht zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei.

Prozess wegen Tierquälerei in Babenhausen: „Das Gericht wurde belogen“

Das Geständnis habe natürlich Gewicht, das aber durch das Verhalten der Angeklagten am ersten Verhandlungstag relativiert werde. Insbesondere der Ehemann habe versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen, aber auch die Geschäftsführerin habe wenig zur Erhellung der Verantwortlichkeiten beigetragen. „Das Gericht wurde belogen“, stellte Yvonne Keller fest. Martina Graf-Heinzmann, der Vorsitzenden der Tierherberge, und einem Sohn der Familie, der am ersten Verhandlungstag ausgesagt und insbesondere seinen Vater stark belastet hat, attestierte sie rundum Glaubwürdigkeit. Die hatte Rechtsanwältin Sabine Griem mit dem Hinweis auf „Belastungseifer“ in Zweifel gezogen.

Gestraft seien die Angeklagten aber auch durch das große mediale Echo auf das Verfahren: „Vielleicht mehr als alles andere“, wie Griem in ihrem Plädoyer sinniert hatte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien verzichten darauf, sich dazu zu erklären. Mit 120 Tagessätzen läge die Geschäftsführerin über dem Satz von 90 Tagessätzen, der für einen Eintrag im Vorstrafenregister relevant ist. (sr)

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