Abgespeckt an den Start

Der Dadi-Liner hat noch vor seiner Einführung viele Vorschuss-Lorbeeren erhalten – als eines der letzten Puzzlestücke für ein ÖPNV-Angebot, dessen Attraktivität viele Individual-Chauffeure zum Umsteigen bewegt und so die Verkehrswende ein gutes Stück voranbringt. Nun ist das Projekt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg auf zwei Modellversuche geschrumpft.
Babenhausen – „Shuttle on Demand“ ist der zugehörige Anglizismus. Dahinter verbirgt sich ein digitalisiertes Rufbuskonzept, das überall dort zum Einsatz kommen sollte, wo schienengebundener Personennahverkehr oder große Busse nicht hinreichen. Ursprünglich sollten für den Landkreis Darmstadt-Dieburg flächendeckend 25, vielleicht sogar 32 umweltfreundliche Elektrofahrzeuge in Dienst gestellt werden. Jetzt wird es wohl bei acht bleiben.
Sieben sollen ab Spätsommer 2022 im eher verstädterten Westen des Landkreises verkehren – und vor allem „Tangentialverbindungen“ zwischen den Kommunen Erzhausen, Weiterstadt, Griesheim und Pfungstadt herstellen. „Derzeit sind die Fahrgäste, die von Griesheim in das vom Ortsrand nur ein Wäldchen und einen Acker entfernte Weiterstadt wollen, auf sternförmige Umsteige-Verbindungen über Darmstadt verwiesen“, schilderte Griesheims Bürgermeister Gesa Krebs-Wetzl (CDU) nun bei einer Pressekonferenz zum Start der Modellversuche die aktuelle Situation. „Und Pfungstadt wird ohnehin im Rahmen der Regionalplanung des Landes zu enger Zusammenarbeit mit dem benachbarten Griesheim aufgefordert“, ergänzte der Pfungstädter Bürgermeister Patrick Koch (SPD). In seiner Stadt soll der Dadi-Liner an Stelle des seit zehn Jahren bewährten Anrufsammeltaxis treten. „Das neue Angebot soll aber das Taxi nicht nur ersetzen, sondern das Angebot attraktiver und umweltfreundlicher machen“, sagt Koch.
Daten und Fakten
Für den Dadi-Liner kommen emissionsfreie Elektrobusse zum Einsatz – und zwar montags bis donnerstags zwischen 5 und 1 Uhr, in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag und vor Feiertagen bis 3 Uhr. In Babenhausen werden alle Stadtteile abgedeckt. „Haltestellen“ werden alle 200 Meter vorgesehen. Das Angebot ist vorzugsweise per App digital buchbar, es soll aber auch einen telefonischen Zugang geben. Der Fahrpreis steht noch nicht genau fest, wird sich aber aus einem Grundpreis, einem Komfortzuschlag und einem Kilometerpreis zusammensetzen. Für Inhaber von Dadina- und RMV-Zeitkarten gibt es Ermäßigungen. Der Modellversuch läuft Ende 2024 aus. (sr)
Organisiert wird das Angebot von der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina). Zur Finanzierung tragen Fördermittel aus dem Bundesaktionsplan „Saubere Luft“ bei. Jede der beteiligten Kommunen soll für den bis Ende 2024 begrenzten Modellversuch anteilig einen Betrag von 35 000 Euro beisteuern. Das muss aber erst noch von den Kommunalparlamenten beschlossen werden, weshalb der Startschuss jetzt erst einmal unter Vorbehalt gefallen ist.
Trotzdem gab der 1. Kreisbeigeordnete und Vizelandrat Lutz Köhler (CDU), zu dessen Ressort auch der ÖPNV in Darmstadt-Dieburg gehört, seiner Freude Ausdruck, dass vom Dadi-Liner wenigstens zwei Modellversuche übrig geblieben sind. Denn zwischenzeitlich sah es so aus, als würde das Thema komplett von der Agenda verschwinden. Landrat Klaus Peter Schellhaas hatte schon Mitte des Jahres geunkt: nicht finanzierbar. Und der Kreisausschuss ist angesichts harter Sparauflagen seitens der Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium Darmstadt so leichtsinnig gewesen, eine halbe Million Euro beim ÖPNV zur Disposition zu stellen. Als das RP dies dann tatsächlich einforderte, war es dann naheliegend, die flächendeckende Einführung des Dadi-Liners abzusagen. „Etwa 1,75 Millionen Euro hätten die Kleinbusse den Kreis für das Jahr 2022 gekostet, etwa 1,5 Millionen Euro 2023, weitere 1,5 Millionen Euro für das Jahr 2024. Und wenn die Förderung wegfällt, kämen die 32 Busse auf etwa sieben Millionen Euro Zuschuss pro Jahr“, hat Köhler jetzt vorgerechnet.
In Babenhausen kommt es jetzt zu einer Insellösung ohne tangentiale Verbindungen zu den Nachbarn. Aber: „Wir sind eine Stadt mit einer großen Fläche und sechs Stadtteilen, die wir mit unserem Dadi-Liner wesentlich besser verbinden können“, freut sich Bürgermeister Dominik Stadler (parteilos) auf den Start im Spätsommer 2022. Gespräche mit den Nachbarn in Münster und Eppertshausen habe es gegeben, die Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) und Carsten Helfmann (CDU) seien allerdings auf Distanz geblieben. (sr)