Schaafheim: Die Delfine der Erde

Der Schaafheimer Thomas Draxler, bekannt als Gründer der Jesus-Biker und durch seine Motorradtour zum Papst nach Rom, hat vier Lamas angeschafft, die er zu therapeutischen Zwecken nutzen will.
Schaafheim – Sieht man Helena, Hildegard, Rosa und Jeanne D’Arc auf ihrer Wiese grasen und hört dazu Thomas Draxler auf der „Flöte der bedingungslosen Liebe“ spielen, wähnt man sich einen Moment lang in den Anden. Kurz geschüttelt, ist man wieder in Schaafheim: am Ortsrand hinter Draxlers Haus, wo das als Kampfkünstler, Jesus-Biker, Therapeut und vor allem sozial engagierter Mensch bekannte Multitalent kürzlich eine 2 800-Quadratmeter-Fläche von der Gemeinde gepachtet hat. Das eingezäunte Gelände mit Stall ist seit Mitte August Heimat von vier Lamas. „Wir gewöhnen uns gerade aneinander“, sagt Draxler. Ist man bald vertraut, will er die Tiere zu therapeutischen Zwecken nutzen und besonders Kindern zugänglich machen.
Die vier Weibchen seien „hier im Paradies gelandet“, ist sich Draxler sicher. Das neue Lama-Domizil mit Mineralstein, Leckstein, Heu, saftigem Gras und (bisher meist verschmähtem) Unterstand nennt er dann auch originell die „No Problama Ranch“. Dass er es ist, der sie mit Hilfe weiterer Schaafheimer in den vergangenen Wochen angelegt hat – auch ein Tipi fängt die Blicke der Spaziergänger – ist seiner Auffassung nach wie so vieles im Leben auch ein bisschen Bestimmung.
Draxler blickt zurück: Anfang 2020 war er als Edutainer, der auf unterhaltsame Weise Gesundheitswissen vermittelt, auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs. „Als ich heimkam, hatte Corona zugeschlagen: Praxis zu, Schule zu.“ Und die Frage: „Was machst du jetzt?“ Der Schaafheimer erinnerte sich an einen Pilzzüchter, den er auf dem Schiff kennengelernt hatte. „Ich interessiere mich seit zehn Jahren für asiatische Pilze“, erzählt er. Also besuchte er den Züchter im Erzgebirge – und übernachtete dort auf einer Lama-Ranch.
Es war Draxlers erste Begegnung mit den Tieren, die ihn auf Anhieb faszinierten. „Man sagt, das seien die Delfine der Erde, mit einem besonderen Sinn.“ Obwohl Lamas keine Streicheltiere wie Alpakas sind, die ebenfalls zur Familie der Kamele gehören, weckten sie Draxlers Neugier. „Als Gesundheitsmanager interessiert mich alles, was mit Prävention zu tun hat.“ Draxler lehrt seit 15 Jahren an der Hochschule der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Bad Hersfeld.
Auch in tiergestützten Therapien stecke Potenzial, ist er überzeugt. „Lamas wurden einst als Last- und Ritualtiere gezüchtet“, weiß er. „Jetzt merkt man, dass man sie auch für therapeutische Zwecke einsetzen kann.“ Auf der Basis, dass „70 Prozent der Krankheiten stressbedingt“ seien, könne man mit den 120 bis 150 Kilo schweren Tieren Positives in der Stressbewältigung und der Entschleunigung erreichen. „Gerade zu Menschen mit Behinderung haben die Lamas einen besonderen Draht“, hat sich Draxler schlaugemacht.
Auch bei Anti-Stress-Methoden wie dem Waldbaden will er seine Exemplare, die fünf, sechs Jahre alt sind und zuvor in einer Herde im Vogelsberg lebten, künftig einsetzen. „Das Waldbaden ist im Beisein der Tiere noch wirkungsvoller“, glaubt er. Zu den kommenden Wochen der Annäherung – die Lamas lassen Draxler schon so nah an sich heran, dass er sie berühren und aus der Hand füttern kann – gehört deshalb auch das Anlegen von Geschirr, um sie in den nahen Schaafheimer Wald führen zu können. Erste Erfolge sind schon da: „Sie haben zum Beispiel sofort ihren Häufelplatz angenommen.“ Auch externes Interesse an der „No Problama Ranch“ macht Thomas Draxler aus: Ihm liegen bereits Anfragen von Kitas, der Jugendförderung und Unternehmen vor. (Jens Dörr)
