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Verhafteter schweigt

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Die Ermittler vermuten einen Nachbarschaftskonflikt hinter der Bluttat. © dpa

Babenhausen ‐ Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – diese alte deutsche Redewendung hat sich wohl auch der festgenommene Tatverdächtige im Babenhäuser Doppelmord zur Devise gemacht. „Er schweigt“, bestätigt Klaus Reinhardt, Sprecher der Darmstädter Staatsanwaltschaft. Von Niels Britsch

Somit gibt es auch noch keine Aussage des Verhafteten zu den Motiven. Die Ermittler vermuten einen Nachbarschaftskonflikt hinter der Bluttat. „Wir gehen bisher von einem Streit aus, der zu einem erheblichen Teil auf Lärmbelästigung zurückzuführen ist“, so Reinhardt. „Es ging in der Tat um Ruhestörung“, bestätigt auch Polizeisprecher Karl Kärchner. „Das war ein Zwist, der über Jahre ging.“ Zwei- bis dreimal sei die Polizei in den vergangenen Jahren dort wegen Lärmbelästigung im Einsatz gewesen, „aber das letzte Mal liegt schon einige Jahre zurück.“

Der mutmaßliche Täter schweigt

Wenn der mutmaßliche Täter weiter schweigt, steht der Staatsanwaltschaft ein Indizienprozess bevor. Aufgrund der drückenden Beweislast sieht Klaus Reinhardt den Verhandlungen jedoch optimistisch entgegen: „Es besteht ein dringender Tatverdacht und somit die hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung.“ Zum Zeitpunkt des Prozessauftakts kann die Staatsanwaltschaft noch keine Angaben machen. „Es ist nicht auszuschließen, dass sich noch etwas Strafmilderndes herausstellt.“ So könne sich ein Geständnis oder das Ergebnis eines psycholgischen Gutachtens auf das Urteil auswirken.

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War Streit zwischen Nachbarn das Mordmotiv?

Die Tochter des getöteten Ehepaars hat inzwischen von der Festnahme des Nachbars erfahren. Sie überlebte das Verbrechen damals schwer verletzt, konnte allerdings nicht zur Aufklärung beitragen. Auf die Spur des Verdächtigen kamen die Ermittler dadurch, dass der Mann im Internet nach Bauplänen für einen Schalldämpfer gesucht hatte. Bisher gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Frau des Familienvaters von der Tat bislang nichts wusste.

Nachbarschaftsstreit als Mordmotiv eher die Ausnahme

Bereits im Mai 2002 war in der gleichen Straße eine junge Frau in ihrer Wohnung ermordet aufgefunden worden. Einen Zusammenhang zwischen beiden Taten schließt die Polizei bisher aus. „In diesem Fall gibt es keine neuen Erkenntnisse, die Ermittlungen dauern an“, informiert Kärchner.

Als Schiedsmann der Stadt befasst sich Ulrich Rösner oft mit Konflikten unter Bürgern. Er bemüht sich dann um eine vorgerichtliche Schlichtung, um hohe Kosten und Prozesse zu vermeiden. Die meisten Fälle seien Nachbarschaftsstreitigkeiten. Weder Opfer noch Täter haben sich in der Vergangenheit an ihn wegen ihrer Auseinandersetzungen gewendet. „Nur ein Bruchteil entsprechender Fälle landet bei uns“, weiß Rösner.

Obwohl er von Amts wegen viel mit solchen Konflikten zu tun hat, ist es auch für ihn nicht nachvollziehbar, dass ein Nachbarschaftsstreit in einer solchen Eskalation gipfelt: „Das ist in dieser Form unvorstellbar. Man kann sich unmöglich in den mutmaßlichen Täter hineinversetzen. Was für Reibereien kann es gegeben haben, dass ein Mensch eine solche Tat kaltblütig plant und ausführt – wenn es denn so war.“

Allerdings habe er auch schon die Erfahrung gemacht, dass selbst Bagatellen unter gebildeten Leuten vor Gericht landeten. „Normalerweise bleibt es jedoch bei Drohungen und Beschimpfungen.“

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