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Für Mehrfamilienhäuser: Traditions-Gärtnerei wechselt den Standort

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Floristin Sabine Raudzus-Blümler bei der Arbeit im neuen Container.
Floristin Sabine Raudzus-Blümler bei der Arbeit im neuen Container. © zkn

Wer sich in Babenhausen auskennt weiß, dass sich die Gärtnerei Grünewald seit Jahrzehnten gegenüber der Kirche befindet. Das hat sich geändert.

Babenhausen – Das Stadtbild Babenhausen verändert sich. Gegenüber der Stadtkirche, wo jahrzehntelang die Gewächshäuser der Gärtnerei Grünewald standen, werden Mehrfamilienhäuser entstehen. Und sind – Luftlinie knapp 300 Meter entfernt – an die Bürgermeister-Willand-Straße 1a gezogen.

Die Blümlers, Besitzer der 1870 von Urgroßvater Wilhelm Grünewald gegründeten Traditionsgärtnerei, haben das Grundstück an der Martin-Luther-Straße verkauft. Wehmütig ist dem Ehepaar mit den grünen Daumen nicht zumute, auch wenn Klaus Blümler (58), der Urenkel des Gründers, 40 Jahre seines Arbeitslebens an alter Wirkungsstätte verbrachte. Für ihn überwiegen die Vorteile des neuen Standorts.

„Unsere alte Gärtnerei war energetisch schlecht“, sagt der gelernte Gärtner für Zierpflanzen. Dieses Ökodefizit wollten er und seine Frau dringend ändern. Der Umzug auf das in etwa gleichgroße Gelände, das ebenfalls zum Familienbesitz gehört, kam da gerade recht.

Gärtnerei Grünewald in Babenhausen umgezogen: Sparsames Ebbe-Flut-System in Betrieb

Im Gegensatz zur früheren Brunnennutzung sammeln sie jetzt Regenwasser in zwei 9 000-Liter-Zisternen. Und in den Gewächshäusern werden die Pflanzen – egal, ob selbst angebaut für Beet und Balkon oder aus dem Handel zugekauft – nun im sparsamen Ebbe-Flut-System bewässert. Eine Nährstofflösung staut sich bei Flut in den Pflanzbecken, die Wurzeln nehmen genau das auf, was sie brauchen, und bei Ebbe fließt das übrig gebliebene Nass zurück ins Reservoir.

Auf das wie ein dunkles Gewächshaus aussehende Lager soll zudem irgendwann eine Fotovoltaikanlage drauf, kündigt Klaus Blümler an. Der Pavillon ist neu bei den Blümlers, da sie früher eine Scheune als Depot nutzen konnten. Neu, aber gebraucht gekauft – genau wie das Gewächshaus. „Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig“, betont Ehefrau Sabine Raudzus-Blümler. Obgleich es beim Kauf eines neuen Gewächshauses Fördermittel gegeben hätte. Aber immer nur Neues anschaffen und das Alte verschrotten sei so gar nicht ihr Ding.

Das neue Gärtnerei-Grundstück entlang der Bouxwillerstraße. Der dunkle Pavillon ist das Lager. Dem folgen das umgezogene und das gebraucht gekaufte Gewächshaus.
Das neue Gärtnerei-Grundstück entlang der Bouxwillerstraße. Der dunkle Pavillon ist das Lager. Dem folgen das umgezogene und das gebraucht gekaufte Gewächshaus. © zkn

Gärtnerei Grünewald in Babenhausen: Moderne Gewächshäuser sind höher

Anders als in der Vergangenheit sind moderne, meist aus Holland stammende Gewächshäuser ein gutes Stück höher, erklärt der Chef. Auch das neue Gebrauchte in Parkplatznähe ragt etwas weiter in die Höhe, als es das große Alte gegenüber der Stadtkirche tat. Das große Alte, das schon 33 Jahre auf dem Buckel hat und noch in Deutschland gefertigt wurde, ist übrigens mit umgezogen. Nun steht es, um einen Meter aufgestockt, zwischen den beiden Neuzugängen.

Es wird, wie seit 25 Jahren Usus bei den Blümlers, nur homöopathische Mittel oder den Einsatz tierischer Nützlinge wie Marienkäferlarven zur Schädlingsbekämpfung erleben, nicht aber die chemische Keule. Für die nahe Zukunft schwebt dem Ehepaar sogar ein Bio-Label vor.

Wohnen auf ehemaligem Gartenland

Mit großer Mehrheit beschloss im Dezember 2020 die Stadtverordnetenversammlung den neuen Bebauungsplan, der aus Garten- Bauland machte. Die Projektgesellschaft „Alte Gärtnerei Immobilien GmbH“ plant auf den mehr als 3 000 Quadratmetern unter anderem elf dreigeschossige Gebäude – plus zurückgesetztem Staffelgeschoss – und Tiefgarage.
Wie Larissa Knipp, Projektleiterin bei Aurelion Immobilien, einer der Gesellschafter der Projektgesellschaft, auf Nachfrage mitteilt, ist der Bauantrag, der vom Landkreis noch genehmigt werden muss, in den letzten Zügen. Sie rechnet damit, dass im Sommer die Bauarbeiten für das neue Wohnquartier am Rande der Altstadt starten. (nkö)

Gärtnerei Grünewald in Babenhausen umgezogen: Folientunnel werden noch aufgebaut

Noch ein ziemlicher Haufen Arbeit ist es, der auf die Gärtnerei bei laufendem Betrieb zukommt. Zum Beispiel müssen die vier mitgebrachten Folientunnel wieder aufgebaut werden, und die nur provisorisch abgedeckten Laufwege warten auf Pflastersteine. „Das Tagesgeschäft geht vor“, meint Raudzus-Blümler.

Die Floristmeisterin bindet und verkauft ihre Sträuße und Gestecke in einem schmuck eingerichteten Container – ebenfalls gebraucht gekauft. Die Blümlers sind froh, dass sie ihn haben, denn zu Corona herrscht Container-Knappheit. Ihr Kühlcontainer kam erst in der zweiten Februarwoche. Die Pandemie hat aber nicht nur für Probleme in der runderneuerten Gärtnerei gesorgt. „Weil die Gartenmärkte ausgefallen sind, auf denen wir normalerweise verkaufen, hatte ich Zeit, das Pflaster in den Gewächshäusern zu legen“, sagt Blümler etwa.

Gärtnerei Grünewald in Babenhausen: Corona hat vieles verändert

Ansonsten hat Corona vieles bei ihnen verändert. Blumensträuße waren kaum erwünscht, da Anlässe wie Hochzeiten, Beerdigungen im großen Kreis, Jubiläen und Krankenhausbesuche wegfielen. Dafür holten sich die Menschen den verschobenen Urlaub durch Palmen und Zitrussträucher nach Hause.

Das Geschäft mit der Überwinterung von Kübelpflanzen sei stark angestiegen, so Blümler. Er ist erleichtert, dass ihnen die Stammkunden auch nach dem Umzug treu bleiben. Den ein oder anderen Neuen habe man sogar hinzugewonnen. „Man sieht uns hier besser“, findet er. „Und man kann wesentlich besser parken.“

Das war vor 152 Jahren bei Uropa Wilhelm noch kein Thema. Da lag das ehemalige Anwesen aber auch nicht mitten, sondern noch am damaligen Ortsrand von Babenhausen. (zkn)

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