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Emrah Kurnaz möchte mit türkischem Pop-Song durchstarten

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Gestylt für den Musikvideo-Dreh: Emrah Kurnaz posiert für ein
Gestylt für den Musikvideo-Dreh: Emrah Kurnaz aus Babenhausen posiert für ein Foto in Istanbul. © P

Ein Song, der alles verändert. Von einem Moment auf den anderen. „Ich kann nicht mehr in Ruhe einkaufen gehen, ohne, dass nach meinem Mann gefragt wird“, sagt die Babenhäuserin Kathleen Kurnaz. Nicht mehr, seitdem dieser, Emrah ist sein Name, vor eineinhalb Wochen das Lied „Oynayalim“ – zu Deutsch: „Lass uns tanzen“ – rausgebracht hat.

Babenhausen - Mittlerweile fast 100 000 Aufrufe bei Youtube für das türkische Pop-Stück, das laut den Kurnaz ein wenig Richtung türkischer Schlager geht, - und über 70 000 Abonnenten bei Instagram.

„Vorher waren es 13 000 Abonnenten“, sagt Emrah Kurnaz. Auch schon viel für einen Privat-Account. „Das liegt vielleicht daran, dass ich viele berühmte Leute unter meinen Followern hab“, so seine Erklärung. „Berühmt in der türkischen Musikbranche“, meint er damit. Und eine dieser Berühmtheiten, Murat Övüç, war es dann auch, die er im Juli bei einem Konzert in Griesheim persönlich kennenlernte und die ihn gleich darauf zum eigenen Song-Versuch überredete. „Du hast die nötige Aura“, hieß es. Und schon wurde Kurnaz’ Handynummer dem in der Türkei bekannten Produzenten Serhat Genc weitergereicht. Und der meldete sich tatsächlich bei dem Mann aus Babenhausen.

Davor sang Kurnaz eher unter der Dusche oder auf der eigenen Hochzeit. Oder auf der von Freunden. Bis ihn eben besagter Anruf erreichte. So flog Kurnaz Ende August nach Istanbul, um den Produzenten zu treffen. Dort ging es Knall auf Fall zur Aufnahme. „In zwei Tagen lernte ich den Text von Oynayalim auswendig“, erzählt er. Einen neuen Song, den er sich flugs von einem bei Frankfurt wohnenden Bekannten besorgte, der Songwriter ist. Fünf Coversongs, ebenfalls türkischer Pop, kamen hinzu. Auch die mussten in Windeseile sitzen.

Warum eigentlich die Eile? „Mein Urlaub war bald zu Ende“, erklärt er. Denn schließlich hat er daheim ja noch einen Haupt- und Brotjob als Objektleiter in einem Unternehmen. Also wurde rangeklotzt. „Drei Tage war ich nonstop im Studio, morgens hin und nachts zurück. Dazwischen immer nur drei Stunden Schlaf“, so Kurnaz. Anstrengend. Er erfuhr, dass man kein Wort, noch nicht mal einen Buchstaben, verschlucken darf bei Tonaufnahmen – ansonsten: „Abbruch, und von vorn!“ Das schlug auf die Stimme des ungelernten Sängers. Kurnaz: „Ich habe viele Bonbons gelutscht und Eis gegessen. Und öfter Pause gemacht“ – bis endlich alle Lieder im Kasten waren.

„Oynayalim“, das Lied von dem bei Frankfurt lebenden Songwriter Arez, handelt übrigens von dem Traum, ganz oben zu stehen. „Es dauert nicht mehr lang, bis ich an der Spitze bin“, lautet etwa eine Textzeile übersetzt. „Mutig“, wie einige Hörer in ihren Youtube-Kommentaren – fast ausschließlich auf Türkisch – meinen. So hochstrebend die Ansage im Song ist, so bescheiden gibt sich der Babenhäuser, der in Groß-Umstadt geboren wurde, privat. Seine neue Bekanntheit ist ihm beinah ein bisschen unangenehm. „Es ist nicht meine Art, arrogant zu sein“, findet er und möchte geerdet bleiben. Hilfreich dafür: Sein Ehrenamt beim Deutschen Roten Kreuz – und natürlich seine Familie, besonders Ehefrau Kathleen und die beiden kleinen Söhne.

Kathleen Kurnaz freut sich für ihren Mann und unterstützt ihn, so gut sie kann. Und er versucht, sie und die Kinder möglichst aus der musikalischen Glamourwelt rauszuhalten. Es erschreckt ihn, wenn ihn Geschenke von Fans an seiner Privatadresse erreichen, die er doch gar nicht veröffentlicht hat. Aufregend: Am Wochenende hat er zwei Konzerte in Nürnberg gegeben. Oder eineinhalb Stunden live beim türkischen Sender Radyo Ece in Köln. Alles Promotion-Dinge, um die er sich selbst kümmert. Genauso wie um die Verhandlung mit dem türkischen Internet-Portal Netd Müzik, damit er dort – neben Youtube, Spotify – ebenso zu sehen ist. Mit seinem neuen Videoclip zu Oynayalim nämlich. Der hat ihn zwei weitere Urlaubstage im August gekostet. Klamotten, Haare, Schminke, alles entschied er für den Dreh allein und führte es selbst aus. „Da hat er ein Händchen“, meint die Ehefrau. Sein ganz praktischer Grund: die Angst, dass es ein professioneller Maskenbildner übertreiben könnte – „das wäre typisch türkisch“.

Typisch türkisch ist auch, dass der Künstler persönlich bei einem Sänger nachfragt, ob er dessen Lied covern darf. Er hatte ganz schön Muffensausen, berichtet Kurnaz. Speziell bei der Sängerin Sezen Aksu, die unter anderem für Tarkan geschrieben hat, der mit dem Schmatz-Schmatz-Lied Simarik von 1997 überall in Europa in den Radios hoch- und runterlief.

Wie weit es nach oben geht für Kurnaz, ist nicht absehbar. Dass er Durchhaltevermögen hat, schon. In den vergangenen vier Jahren nahm er an die 90 Kilogramm ab. Für die Zukunft hat er sich vorgenommen, seine eigenen Lieder zu texten. Ende April soll das erste rauskommen. (zkn)

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