Explodierende Strompreise: Bäckerei Lautenschläger bangt um ihre Existenz

Hinter der Zukunft der Familienbäckerei Lautenschläger in Babenhausen steht wegen der immensen Stromkosten ein großes Fragezeichen.
Babenhausen - Von sechs bis sieben Cent für die Kilowattstunde Strom auf 32 und wahrscheinlich sogar 55 Cent – die Energiekosten der Konditorei und Bäckerei Lautenschläger explodieren. Anders können die vorhergesagten Preissteigerungen, die Heinz Lautenschläger von der Entega erfragt hat, nicht bezeichnet werden. „Das können wir in keiner Weise leisten“, erzählt der Bäckermeister und rechnet es in Euro vor: Bislang belaufe sich die jährliche Stromrechnung auf 45 000 bis 50 000 Euro, auch da sein Betrieb schon vor Längerem gänzlich auf Strom umgestellt hat. „Ich muss fast mit einer Verzehnfachung rechnen“, so Lautenschläger.
Als 65-Jähriger eigentlich ein Grund, den Laden zuzuschließen und sich aufs Rentnerleben zu freuen. Wären da nicht Tochter Sabine und Schwiegersohn Alexander Lautenschläger. Denn auch wenn dem Senior einiges Probleme bereitet, Nachwuchssorgen hat er nicht. „Wir sind ein klassischer Familienbetrieb“, erzählt Heinz Lautenschläger. Im kommenden Jahr soll das 70-jährige Bestehen gefeiert werden. Doch die schon kräftig mitwirkende dritte Generation – Alex Lautenschläger hat mittlerweile ebenfalls den Meistertitel – steht angesichts der immensen Mehrausgaben vor einer ungewissen Zukunft.
Familienbetrieb in Babenhausen: Auch die Rohstoffpreise bereiten Bäckermeister Lautenschläger Sorgen
„Es sind ja nicht nur die Energiekosten. Auch die Rohstoffpreise sind gestiegen“, berichtet Heinz Lautenschläger. Teilweise sind sie bis zu 150 Prozent teurer geworden. Als ein kurioses Beispiel führt er die Milch an, die er nicht mehr in der Zehnliter-Großpackung beziehen könne, da die Umverpackung dafür in der Ukraine hergestellt worden ist und wegen des russischen Angriffskrieges nicht mehr geliefert werden könne. Hinzu kommt der ab 1. Oktober geltende neue Mindestlohn. Insgesamt 38 Beschäftigte zählt sein Unternehmen.
1:1 die gestiegenen Kosten an die Kunden weiter geben, sei unmöglich, meint Lautenschläger. Schon jetzt würden manche Kunden angesicht erhöhter Preise im Hauptsitz an der Seligenstädter Straße und den Filialen an der Platanenallee, in Münster und Ober-Roden murren. „Das liege aber auch daran, dass Lebensmittel in Deutschlands nichts kosten dürfen“, kritisiert der Bäcker-Senior die Kaufmentalität hierzulande. In Hergershausen gehören die Lautenschlägers außerdem mit der provisorischen Filiale in der ehemaligen Sparkasse zur kaum noch vorhandenen Nahversorgung im größten Babenhäuser Stadtteil.
Babenhausen: Bäckerei setzt Hoffnungen in die Entlastungspakete der Bundesregierung
An verschiedenen Stellen haben die Lautenschlägers in der Vergangenheit schon Kosten reduziert: Zum Beispiel auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt und keine Maschine ist länger an als notwendig. „Aber ich kann das Brot nicht bei 200 Grad backen, sondern brauche 280“, zeigt Heinz Lautenschläger Grenzen auf. Zusammen mit seinen Mitarbeitern habe er sich zusammengesetzt, um weiteres Einsparpotenzial zu finden. So sind nicht so gut gehende Brötchensorten aus dem Sortiment verschwunden.
Lautenschlägers einzige Hoffnung sind noch Nachbesserungen seitens der Politik bei den Entlastungspaketen. In den vergangenen Tagen hat er zahlreiche Gespräche geführt beziehungsweise Termine aus gemacht, um für die großen Probleme der kleinen Unternehmen zu sensibilisieren – und um seiner Familie die berufliche Zukunft zu sichern. (nkö)
Auch in Dreieich hat eine Bäckerei Zukunftssorgen: Die Suche nach Bäckernachwuchs gestaltet sich für die Traditionsbäckerei Weller zunehmend schwierig.