Feuerwehren in Babenhausen im Dauereinsatz

Auch ohne die komplette Einsatzstatistik der vergangenen Jahrzehnte auszuwerten, kann man es wohl als eine Art Negativrekord bezeichnen: Die fünf Freiwilligen Feuerwehren der Stadt mussten seit Jahresbeginn bereits rund 40 Einsätze bewältigen.
Babenhausen - Zum Vergleich und zur Einordnung: „Im vergangenen Jahr hatten wir bis Ende Februar 18 Einsätze“, sagt Stadtbrandinspektor Achim Frankenberger, der die Schwere der Einsätze in den vergangenen sechs Wochen hervorhebt. Denn Ölspuren gab es wenige, dafür jede Menge Brände und Unfälle.
Darüber hinaus waren die Blauröcke auch mit ungewöhnlichen Szenarien konfrontiert, beispielsweise am vergangenen Donnerstag mit einer sich durch den Sturm großflächig ablösenden Fassade am Seniorenzentrum Bethesda in Harreshausen. Kein alltägliches Problem, das gelöst wurde.
Der vergangene Donnerstag hatte es ganz besonders in sich. Die Kernstadtwehr wurde zu vier Einsätzen alarmiert, in die auch Stadtteilwehren eingebunden wurden. Neben der genannten Fassadenablösung, hielt ein Hausbrand in Harpertshausen, eine brennende Mülltonne und eine ausgelöste Brandmedeanlage die Helfer auf Trab. Was die Sache noch erschwerte war, dass alle vier Einsätze am Nachmittag waren. „Wir waren noch an einem Einsatzort beschäftigt, da wurden wir schon zum nächsten gerufen“, erzählt Frankenberger, der in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag außerdem noch einen Einsatz bei Hergershausen leitete. Hier war durch den Sturm ein Baum auf die Straße nach Eppertshausen gestürzt.
In der Nacht davor wurden die Feuerwehrleute um 2.49 Uhr zu einem brennenden Balkon Am Obereichen gerufen. Zeit zum Luft holen blieb da wenig, zumal die Einsatzkräfte neben diesem freiwilligen Engagement auch noch einen Beruf ausüben.
Bei Frankenberger, der vor fünf Jahren zum Stadtbrandinspektor gewählt wurde und dieses Ehrenamt neben seinem Beruf als Fachkraft für Arbeitssicherheit schultert, sah der Donnerstag so aus: „Ich war achteinhalb Stunden für die Feuerwehr im Einsatz und habe zwischendurch von 7.30 bis 15.30 Uhr im Homeoffice für meinen Arbeitgeber gearbeitet.“
Viele Arbeitgeber, auch seine Firma, unterstütze die Arbeit der Feuerwehr und stelle ihre Mitarbeiter frei. Aber nicht alle. Offiziell darf es keine Nachteile für Feuerwehrleute am Arbeitsplatz geben. Aber es ist für manch einen wohl doch ein Balanceakt, den Anforderungen des Chefs und der Feuerwehr gerecht zu werden. So ist es geregelt: „Alle Einsatzstunden nach Mitternacht darf man bei der Arbeit am nächsten Tag später kommen. Denn acht Stunden Schlaf stehen einem zu“, erklärt der Stadtbrandinspektor. Aber die meisten Kameraden würden das nicht in Anspruch nehmen, um nicht in der Firma schief angesehen zu werden.
Die Tagesalarmstärke, also die Anzahl der Einsatzkräfte, die tagsüber zur Verfügung stehen, ist bei Freiwilligen Feuerwehren deshalb ein wichtiges Thema. „Da die vorgegebene Hilfsfrist nur zehn Minuten beträgt, das heißt wir müssen zehn Minuten nach dem Notruf am Einsatzort sein, helfen weiter entfernt arbeitende Kameraden nicht. Wir sind auf Leute angewiesen, die im Stadtgebiet oder der näheren Umgebung arbeiten“, sagt Frankenberger, der in den fünf Feuerwehren der Stadt unter den insgesamt 214 Aktiven gerade mal rund 45 Einsatzkräfte hat, die tagsüber schnell genug vor Ort sein können. „Deshalb sind die Stadtteilwehren so wichtig. Bei großen Einsätzen müssen fast alle alarmiert werden.“
Neben dem Verlust von Freizeit, der auch Auswirkungen auf die Familien hat, und den Gefahren, denen sich die Einsatzkräfte aussetzen, steht eine Belastung eher selten im Fokus. Und das ist die psychische. „Besonders belastend für uns sind Einsätze, bei denen Menschenleben in Gefahr sind, wenn Menschen schwer verletzte sind oder sterben“, sagt Frankenberger, der einen Kurs für Führungskräfte zu diesem Thema besucht hat, auch um schnell zu erkennen, wer von den Kameraden Unterstützung braucht.
Die Zeiten des starken Mannes, der alles runter schlucken und mit sich selbst ausmachen muss, seien zum Glück vorbei. „Wir machen nach größeren oder belastenden Einsätzen immer eine Einsatznachbesprechung. Da muss man dann schauen, wer auffällig ruhig ist oder im anderen Extrem sehr viel redet“, sagt er. In Gesprächen oder mit Hilfe von psychologisch geschultem Fachpersonal versuche man dann den Einsatz aufzuarbeiten. „Besonders schlimm ist, wenn uns jemand unter den Händen wegstirbt“, sagt Frankenberger. Man hadere dann damit, nicht früher am Einsatzort gewesen zu sein oder suche sonst einen Fehler bei sich. Das sei sehr belastend. „Da hilft es dann, wenn der Notarzt noch mal mit uns spricht und uns sagt, dass keine Hilfe mehr möglich war.“ (Petra Grimm)