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„Weil langjährige Erfahrung auf einmal keine Rolle mehr spielt“: Freibad-Betreiberin erklärt Ende nach 30 Jahren

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Von: Norman Körtge

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Verlässt die Jenny und damit das Freibad: Betreiberin Dalila Kahl.
Verlässt die Jenny und damit das Freibad: Betreiberin Dalila Kahl. © Körtge

Dalila Kahl und ihr Team verlassen das Freibad in Babenhausen – nach 30 Jahren. Nun sucht die Stadt einen neuen Betreiber.

Babenhausen – Nach 30 Jahren endet eine Ära: Mit dem Saisonabschluss im Freibad Babenhausen packen Betreiberin Dalila Kahl und ihr Team die Sachen zusammen. Der Bäderservice Kahl hatte den Vertrag mit der Stadt gekündigt.

Frau Kahl, wenn Sie auf die 30 Jahre im Babenhäuser Freibad zurückblicken, was wird Ihnen alles so in Erinnerung bleiben?

Das sind natürliche viele schöne Erlebnisse. Eines davon war besonders kurios, als ich vor über 20 Jahren zusammen mit Mitarbeitern im Schwimmbad nächtlichen Besuchern aufgelauert haben, die nackt schwimmen gegangen sind. Wir haben uns angeschlichen und ihre Klamotten versteckt. (lacht herzhaft). Das war ein absolutes Highlight.

Und wie haben Sie das dann aufgelöst?

Gar nicht. Wir haben die nackt gehen lassen. Wir hatten zuvor ausgemacht, keine Geldbeutel, keine Schlüssel. Nur die Kleidung. Einer ist dann alleine weggefahren und hat wahrscheinlich Kleidung geholt.

Freibad in Babenhausen: Probleme, genügend Personal zu haben

In unseren Gesprächen haben Sie immer von Ihren Mitarbeitern geschwärmt.

Ja, klar. Ich hatte vom ersten Tag an in Babenhausen die besten Mitarbeiter, die man sich wünschen kann. Es war sehr familiär. Wir haben auch viel Mist zusammen gemacht. Und selbst, wenn es mal Ärger gab und wir kaputt waren, habe ich zu meinen Leuten gesagt: Überlegt mal, wir haben im Jahr Tausende Besucher, und wegen vielleicht zwei schwierigen Gästen regt man sich auf. Das steht in keiner Relation.

Und auch jetzt, nach dem Entschluss zu kündigen: Die sind total loyal. Auch wenn sie von städtischen Mitarbeitern angesprochen werden, ob sie nicht hierbleiben wollen. Sie sagen: Nein, wir haben das gemeinsam beschlossen und wir gehen gemeinsam.

Wie sind Sie eigentlich vor drei Jahrzehnten nach Babenhausen gekommen?

Es gab damals schon Probleme, genügend Personal fürs Freibad zu haben. Ich war da schon selbstständig und habe erfahren, dass in Babenhausen gesucht wird. Also bin ich ins Rathaus zum damaligen Amtsleiter Rolf Kreisel. Dieser hat mir auf Anhieb das zugetraut. So ist das entstanden und weiter gewachsen.

Stadt Babenhausen sucht neuen Betreiber fürs Freibad

Wie schätzten Sie die Situation nun für die Stadt Babenhausen ein, die einen neuen Betreiber finden muss?

Ich bin davon überzeugt, die finden jemanden und ich wünsche es der Stadt und den Badegästen auch. Der Unterschied zwischen uns und manch anderen Dienstleistern ist, dass sie im Sommer zehn und noch mehr Bäder machen, wir aber nur zwei, drei Bäder. Und das immer mit Festangestellten und nicht mit zahlreichen Aushilfen. Vor Jahren war das noch möglich. Jetzt ist die Gefahr einfach zu groß, dass immer wieder welche kurzfristig abspringen und dann steht man da. So kann man den Betrieb qualitativ nicht sicherstellen. Wir haben immer gesagt, wir machen nur das, was wir auch wirklich mit unseren Mitarbeitern zusammen leisten können. Für einen Auftrag wie in Babenhausen braucht es ja auch einen Auftrag für die Wintermonate. Sonst sind die bekannten und guten Mitarbeiter weg.

Hat sich das Leben, das Verhalten im Freibad in den vergangenen 30 Jahren geändert?

Ja. Wir haben immer mal wieder die Zeit gestoppt, wie lange bei schlechtestem Wetter kein Besucher im Freibad war. In den ersten zehn Jahren war der absolute Rekord 14 Minuten. Da hat sich die Jugend bei jedem Wetter hier getroffen und sich unter das Dach gelegt. Verabredet wurde sich in der Schule und dann blieb es dabei. In den vergangenen Jahren hatten wir nun auch schon mal vier Stunden ohne Badegast. Das ist auch die Digitalisierung. Heute wird kurzfristiger entschieden und es gibt mehr Möglichkeiten. Früher war das Bad einfach der Treffpunkt.

In diesem Sommer war häufig über Gewalt und viel Ärger in den Freibädern zu lesen und zu hören.

Hier gab es eigentlich nichts. Es gibt immer ein paar die Ärger machen, aber nichts Gravierendes. Das gibt es in jedem Bad.

Kritik an der Teilsanierung des Freibads Babenhausen

Die Teilsanierung des Freibades vor gut zehn Jahren – Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken – mit dem Installieren des Küstenmotorschiffs Jenny gehörten zu den größten Ereignissen. Immer wieder sind Stimmen laut geworden, die anstatt der Jenny lieber ein funktionales Betriebsgebäude ohne Folgekosten favorisiert hätten. Wie sehen Sie das?

Im Nachgang ist es immer einfach zu beurteilen. Die Jenny ist auf jeden Fall ein Blickfang für die Gäste, eine Attraktion. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Es ist eine politische Sache.

Wie lange hoffen Sie schon auf die Sanierung des Kinderbereichs?

(lacht) Ich kann Ihnen sagen, als ich vor 30 Jahren hier angefangen habe, hat man mir im ersten Jahr gesagt: Nach der Saison geht der große Bauabschnitt los. Darauf habe ich dann noch 17 Jahre warten müssen. Für Kinder und Familien wäre es natürlich schon schön, wenn der Kinderbereich nun bald grundlegend saniert wird und nicht noch weitere Jahre geschoben wird.

Es war schon eine schöne Zeit.

Dalila Kahl, Betreiberin

Was wünschen Sie der Stadt und den Babenhäusern?

Auf jeden Fall, dass es weiter geht. Ich habe schon immer gesagt und die Meinung vertreten: Ein Freibad ist eine riesige soziale Einrichtungsstätte. Es ist Urlaubsort für viele Familien. Es ist Treffpunkt für Jung und Alt. Wir haben hier keine Zweiklassengesellschaft. In der Badehose sieht jeder gleich aus. Eine Saisonkarte kann sich jeder leisten, der Spaß und Freude am Schwimmen oder am Schwimmbad hat.

Betreiberin des Freibads in Babenhausen hat Zukunftspläne

Wollen Sie verraten, wo Sie zukünftig, außer wie bislang auch in Dreieich, mit Ihrem Bäderservice tätig sein werden?

Unser Hauptaugenmerk liegt weiter auf Dreieich. Wir sind da seit zwölf Jahren so glücklich und haben dort den besten Auftraggeber, den man sich wünschen kann. Nach dem Artikel in der Offenbach-Post über meine Kündigung hier in Babenhausen stand mein Telefon ja nicht mehr still. Viele Kommune haben angefragt. Wir haben noch nicht alles entschieden, aber wir werden im nächsten Jahr wieder für die Stadt Mühlheim tätig sein. Nicht in leitender Funktion, aber wir unterstützen mit Personal. Wir waren vor Corona schon über 20 Jahre dort tätig gewesen. Der Vertrag ist unterschrieben.

Haben Sie die Entscheidung, zu kündigen, noch mal bereut?

Nein, weil es eine Entscheidung war, dich ich nicht alleine, sondern wie immer im Team getroffen habe. Sonst hätte ich Mitarbeiter verloren, selbst Mitarbeiter, die in Babenhausen wohnen und sogar in diesem Bad gelernt haben. Es ist schade, dass sie alle dieses Jahr die Lust und den Spaß verloren haben. Das bedaure ich sehr.

Freibad Babenhausen: Ärger zwischen Betreiberin und Stadt

Sie sprechen den Ärger mit der Stadt unter anderem wegen der neu installierten Drehkreuze an.

Ja, es ist passiert, weil nicht miteinander gesprochen wurde und weil langjährige Erfahrung auf einmal keine Rolle mehr spielt. Im März gab es Gespräche. Alles war klar und besprochen, auch dass es mit den Saisonkarten und den Dutzendkarten wie gewohnt weiter geht. Und dann werden wir zwei Tage vor Eröffnung vor vollendete Tatsachen gestellt. Es wurde noch nicht einmal gefragt, wo die Drehkreuzanlage positioniert werden soll, wie unsere Arbeitsabläufe an der Kasse sind.

Die Hauruckaktion hat meine Mitarbeiter sehr geärgert, weil sie dann den ganzen Frust der Gäste abbekommen haben, die an den heißen Juni-Wochenenden lange anstehen mussten, weil die Drehkreuze nicht richtig funktioniert haben. Wir wurden nur noch angeschrien und waren die Buhmänner. Alles wäre vermeidbar gewesen, wenn wir unsere Erfahrungen wie früher hätten einbringen können. Und nach der Eskalation an dem Juni-Wochenende haben meine Mitarbeiter das Vertrauen in die Entscheidungsträger der Stadtverwaltung verloren. Das kenne ich aus Dreieich anders. Da setzt man sich zusammen, bespricht die Themen, findet eine Lösung und steht gemeinsam dahinter.

Abschließende Worte?

Ich habe in Babenhausen tolle Bekanntschaften machen dürfen. Meine Kinder sind hier groß geworden. Es war schon eine schöne Zeit.

(Interview: Norman Körtge)

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