Fröhliche Grüße aus der Gondel

Der Martinsmarkt ist von oben betrachtet besonders schön
Dieburg – Der Martinsmarkt des Dieburger Gewerbevereins war schon 2021 eine der wenigen Großveranstaltungen der Region, die sich nach dem trüben 2020 kein weiteres Mal von Corona bremsen ließen. Beim mittlerweile 36. herbstlichen Treiben samt Mittelalter-Markt im Fechenbach-Park sowie dem verkaufsoffenen Sonntag zum Abschluss verbot sich das Wort „Comeback“ also. Trotzdem fand das Ereignis unter einigen besonderen Vorzeichen statt.
Allen voran an der organisatorischen Spitze: Nach mehr als drei Jahrzehnten fungiert Alois Ostner nicht mehr als Marktmeister des Gewerbevereins. Seine Nachfolgerin ist Verena Anthofer, die voriges Jahr schon als Co-Marktmeisterin Ostners mitwirkte und jetzt erstmals federführend - und wie Ostner ehrenamtlich - in der Verantwortung stand.
Am Sonntag sprach Anthofer von „schönen, erfolgreichen Tagen“ und freute sich über die Sonne, die sich zum Abschluss erstmals längere Zeit blicken ließ. „Alles war toll und prima, es ist einfach gut gelaufen“, war Anthofer sehr zufrieden.
Schon bei der Eröffnung am Freitagnachmittag hatte Gewerbevereins-Vorsitzende Evelin Allmann ob des organisatorischen Talents der Dieburgerin Vorschusslorbeeren verteilt - und Ostner mit einer Auszeichnung bedacht, die ihn buchstäblich zu Tränen rührte: Der Kaufmann (Kaufhaus Enders), der für seinen herausragenden Einsatz für den Martinsmarkt schon zum „Dieburger des Jahres“ gekürt worden war, wurde auf der Bühne vorm Rathaus vor reichlich Prominenz zum Ehrenmitglied des Gewerbevereins ernannt.
Kurz darauf drehte nebenan das Riesenrad seine ersten Runden. Eine gute Gelegenheit für den Autor dieser Zeilen, ein paar Aufnahmen der Kategorie „Martinsmarkt von oben“ zu machen.
Nach den ersten Umdrehungen gesellte sich in Robert Schneider der Betreiber des Schausteller-Familienbetriebs aus Kaiserslautern in die Gondel und plauderte aus dem Nähkästchen. Überraschend: Um die 20 Meter hohe und 65 Tonnen schwere Konstruktion aufzubauen, genügten ihm drei Leute und acht Stunden. In Dieburg etwas mehr, „denn hier geht es sehr beengt zu“, wies er mit den Fingern auf seinen Standort, der traditionell zwischen dem Marktplatz-Brunnen und dem Zaun zum Fechenbach-Park eingequetscht ist.
Noch überraschender: Für den Betrieb des 1974 erstmals in Fahrt gesetzten Riesenrads mittels zweier Antriebsmotoren und die (längst auf LED umgestellte) Beleuchtung mit Hunderten Glühbirnchen brauche er pro Tag nur rund 100 Kilowattstunden Strom.
Da seien die gestiegenen Preise in diesem Bereich zu vernachlässigen. Entsprechend halte Schneider, der jährlich 20 Events beschickt, seit 2001 auf den Martinsmarkt kommt und ihm auch aufgrund des mittelalterlichen Marktteils ein besonderes Flair zuspricht, seinen Fahrpreis (3,50 Euro) seit 2017 konstant.
Nicht konstant geblieben ist in jüngerer Vergangenheit hingegen die Zahl der Sänger und Sängerinnen des Münsterer MGV-Chors Future Vox. „Wir hatten auch wegen Corona seit dreieinhalb Jahren keinen Auftritt mehr und sind in dieser Zeit auf 30 Sänger geschrumpft“, berichtete am Wochenende Chormitglied Thomas Maar.
Vor allem Männer fehlten. „Wir sind nur noch zwei Bassstimmen.“ Um mal wieder auf sich aufmerksam zu machen und für den Chor zu werben, hatte sich Future Vox für den Freitagabend etwas einfallen lassen: kurze, je 20-minütige Auftritte in der dank des Martinsmarkts bestens gefüllten Dieburger Innenstadt. Zunächst präsentierte der gemischte Popchor Teile seines Repertoires (zum Beispiel „Alkohol“ von Herbert Grönemeyer und „Don’t stop me now“ von Queen) im „Apfelweinhof“. Später wiederholte er das im „Lieblings“. „Die Resonanz war gut“, freute sich Maar. „Wir hatten nach der langen Pause Lampenfieber, wollten’s aber nochmal wissen!“
Die Auftritte von Future Vox waren ein Paradeexempel dafür, wie neben Händlern, Gastronomen sowie professionellen Schau- und Darstellern auch lokale Gruppen und Vereine (so neben vielen weiteren beispielsweise mit leckeren Rahmflecken aus dem Ofen erstmals die Dieburger Feuerwehr und beim Abschlusskonzert in der Stadtpfarrkirche der Dieburger Chor RestaConNoi) den Dieburger Martinsmarkt zu einer unverwechselbaren und erneut für Tausende Besucher attraktive Melange abrunden.

