Hergershausen feiert Kerb

Besser geht’s nicht: Pünktlich zum Hergershäuser Kerbumzug schloss der Himmel am Sonntag seine Schleusen und die Sonne beschien die bunte Parade, die sich laut und fröhlich durch den Ort schlängelte.
Babenhausensen-Hergershausen - An der Spitze der Wagen mit dem Kerbstrauß, gefolgt von Kerbvadder Kai Belzner, der in luftiger Höhe in einer großen Baggerschaufel sitzend, ins Volk winkte. Gut 20 Nummern, darunter 15 Wagen, von Ortsvereinen und privaten Gruppen, sorgten für Partystimmung. „Die oigeplackte, ausgeplackte, dogebliwwene Mädels“ tanzten als Heißluftballons verkleidet mit dem Slogan „Von Süd nach Nord, von Ost nach West – alle Wege führen ins geile Nest“. Die „Steaker“ aus dem Neubaugebiet ließe mit ihrem rollenden „Hotel d´Amour“ Augen zwinkernd die anrüchige Babenhäuser Vergangenheit aufleben und spielten gleichzeitig als Prostituierte und Freier verkleidet auf den verbotenen Schlager „Layla“ an. Die große Gruppe Turnerkinder als Harry Potter und seine Freunde verkleidet und jede Menge kleine Fußballer zeigten, wie jung das Dorf auch durch sein großes Neubaugebiet geworden ist. Die Kickers-Frauen, die den Umzug seit 45 Jahren bereichern, thematisierten mit ihrem Taxi-Bollerwagen ihre Tour nach Erfurt, die ab Fulda in ungeplanten Bahnen verlief, da der ICE kaputt war. Sie mussten die restlichen 170 Kilometer bis Erfurt im Taxi zurücklegen. „Um die Rückerstattung der Kosten kämpfen wir immer noch“, erzählte die Frauentruppe.
Der bunte Umzug, an dem sich alle Generationen, Neubürger und Alteingesessene kreativ beteiligten, ist alljährlich der Höhepunkt des Kerbwochenendes im größten Stadtteil, das turnusgemäß der Turnverein wieder ausrichtete und das am Montag mit einem ganztägigen Frühschoppen endete. In diesem Jahr galt es ein paar zusätzliche Hürden zu nehmen, nicht wegen der Pandemie, sondern wegen der Brandschutzprobleme im Bürgerhaus. Da die Halle als Austragungsort wegfiel, musste ein Zelt aufgebaut werden, in dem am Freitag mit einer gut besuchten bayerischen Party der Startschuss fiel. „Ohne das Bürgerhaus war es für uns deutlich mehr Aufwand“, sagte die TVH-Vorsitzende Eline Kuipers. Das erste Zelt, das eigentlich auf dem Parkplatz neben der Halle geplant war, durfte wegen seiner Verankerung im Boden nicht aufgebaut werden. Also musste man ein anderes auftreiben, das dann mitten auf der Straße vor dem Bürgerhaus aufgestellt wurde. Dieses Zelt inklusive Inhalt, also Tische und Bänke, Zapfanlagen, Kühlschränke und anderes hat die Pfungstädter Brauerei gesponsert. „Ohne die großzügige Unterstützung der Brauerei gäb es dieses Jahr keine Kerb“, sagte Alissa Wild vom Organisationsteam.

Das TVH-Blasorchester, die Langstädter Band „Atze & Friends“, die Band Sunshine-Music und ein Auftritt der Tanzgruppe Amaya, die in diesem Jahr auch die Kerbmädchen stellte, gehörten zum Unterhaltungsprogramm während der Festtage. Die Hergershäuser Schaustellerfamilie Petzold sorgte für Schiffschaukel und Co. Gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und Deftiges aus der Bude erfüllten die kulinarischen Bedürfnisse. Mit der Kuchentheke, die am Sonntag im Bürgerhaus aufgebaut war, hätte man wohl gut eine Kleinstadt sattbekommen.
Der Kerbspruch aus der Feder von Sabine Reitz und Evelyn Pfeiffer lieferte nach dem Umzug Anekdoten aus der Rubrik Pleiten, Pech und Pannen. Sehr schön war die Geschichte über einen Hergershäuser, der sich von Groß-Umstadt aus, weil er zu tief ins Glas geguckt hatte, zu Fuß auf den Heimweg machte, im Wald aber falsch abbog und schließlich mitten in der Nacht in Schlierbach landete. „Er konnt nit mehr und wollt ach nit mehr laafe. E Taxi konnt er ach nit kaafe. Do hat er geklingelt beim nächste Haus. Er wusste ja nit mehr ein noch aus. Man hat ihm geöffnet. Mitte in de Nacht. Und dann hat der Schlierbacher unsern Mann auch noch haam gebracht. Dem Schlierbacher wolle mir hier Danke sage. Das gibt’s nur aufm Land! Keine Frage!“ so der Kerbvadder unter dem Applaus der Zuhörer. (Petra Grimm)