Seit einem Jahr Bürgermeister in Babenhausen

Heute vor einem Jahr hat Dominik Stadler sein Amt als Bürgermeister angetreten. Der 40-Jährige hatte sich bei der Wahl im November 2020 als unabhängiger Kandidat gegen Amtsinhaber Joachim Knoke (SPD) durchgesetzt.
Herr Stadler, der Sanierungsstau bei den städtischen Hallen und Diskussionen um die Zukunft der Immobilien hat Ihr erstes Amtsjahr geprägt. Was ist der aktuelle Sachstand?
Wir haben ein Sanierungskonzept aufgestellt und dies im Dezember im Hallen-Arbeitskreis vorgestellt. Der Arbeitskreis hat sich dafür ausgesprochen, dass von der Stadtverwaltung aufgestellte Konzept auch so den Stadtverordneten zu empfehlen. Von daher bin ich ganz zuversichtlich, dass wir bei vielen Hallen den Ist-Stand erarbeitet, Probleme festgestellt oder mit aufgedeckt haben und nun einen ganz guten Fahrplan haben, wie wir in den nächsten zwei Jahren Hallen so sanieren können, dass sie auch perspektivisch wieder gut und für jedermann nutzbar sind.
Können Sie diesen Sanierungsfahrplan skizzieren?
Wir werden sowohl die Markwaldhalle in Langstadt als auch das Bürgerhaus in Hergershausen parallel anfangen zu sanieren. In Hergershausen werden wir die Empfehlung des Arbeitskreises aufnehmen, dass dort sowohl die Gaststätte als auch die Versammlungsstätte gemacht wird. Es gab ja die Alternative, dort keine Versammlungsstätte mehr zu realisieren, sondern das Bürgerhaus nur noch als sogenannten Regelbau einzustufen. Aus baurechtlicher Sicht schaffen wir damit nun saubere Lösungen. Ebenso in Langstadt, wo aus einer Schulsporthalle eine normale Sportstätte wird, die dann auch in dem Umfang genutzt werden kann.
Und die weiteren Hallen?
Bei der Stadthalle sind wir jetzt so weit, dass dafür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden soll. Da sind wir noch in der Grundlagenarbeit und haben zu wenig Wissen, worauf es hinausläuft: Sanieren oder neu bauen.
Wann wird die Studie vorliegen?
Ein dreiviertel Jahr werden wir dafür benötigen, also eher gegen Ende 2022.
Gibt es etwas Neues zur juristischen Auseinandersetzung in Sachen Mehrzweckhalle Harreshausen?
Nein, hier warten wir immer noch auf das Gutachten, das der Gerichtssachverständige vorlegen wird.
Die Stadtmühle ist in Teilen wieder nutzbar. Wie ist da der Stand der Dinge?
Mich freut sehr, dass der große Saal im Erdgeschoss wieder nutzbar ist. Es gibt nur noch kleinere Mängel, die behoben werden müssen. Grundsätzlich gibt es aber noch keinen Fahrplan, wie mit der Stadtmühle weiter verfahren werden soll. Sie hat derzeit aber auch nicht die höchste Priorität, weil wir den Hallen, die von deutlich mehr Bürgern genutzt werden, insbesondere den Vereinen, den Vorrang eingeräumt haben. Der weitere Zustand aller anderen städtischen Immobilien ist nicht besorgniserregend, aber er ist auch noch nicht gut. Und das ist etwas, was auch in diesem Jahr noch kommen wird: Ein Sanierungsfahrplan für alle städtischen Immobilien.
Kommen wir zum letzten Streitpunkt des vergangenen Jahres: der Haushalt 2022. Gibt es bereits eine Rückmeldung von der Kommunalaufsicht zum beschlossenen Haushalt?
Nein, noch nicht.
Rückblickend auf die Haushaltsdiskussion: Eine knappe Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung hat sich gegen den Magistratsvorschlag mit Haushaltssicherungskonzept und einer möglichen Grundsteuer-B-Erhöhung für 2023 entschieden. Wie gehen Sie damit um?
Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht der Stadtverordneten. Und meine Aufgabe ist es, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Das haben wir von Verwaltungsseite aus gemacht. Aber es ist eben das Recht der Stadtverordneten zu sagen, sie möchten das anders. Dann wird hier gekürzt und dort was rausgestrichen. Es ist ein Recht, das man in Anspruch nehmen kann, aber nicht muss.
Wie lange wird Babenhausen noch auf eine sichere Einnahmequelle mit dem Namen Grundsteuer-B-Erhöhung verzichten können?
Erst einmal ist es mein Ziel, dass wir möglichst noch Gewerbe ansiedeln, um langfristig höhere Gewerbesteuereinnahmen zu generieren. Das ist das oberste Ziel. Wir haben dafür noch Flächen, die in diesem Jahr auch angegangen werden.
Zum Beispiel?
Der ehemalige Sportplatz „Im Riemen“ und das Merin-Gelände an der B26. Wir müssen aber auch schauen, welche Ortsumfahrung im Zuge des Verkehrskonzeptes gewollt ist und was sich dadurch noch an möglichen weiteren Flächen ergeben kann.
Zurück zu sicheren Mehreinnahmen wie der Grundsteuer B.
Wir werden dieses Jahr die großen, zu sanierenden Bestandsimmobilien einmal auflisten, um aufzuzeigen, was kommt nun dort an Kosten auf uns zu. Da sind nicht nur Hallen dabei, sondern auch Kitas, Feuerwehrgerätehäuser und das Schwimmbad. Da müssen wir mal einen Strich darunter machen. Und wenn man das alles mal grob überschlagen kann, dann kann man sich Gedanken machen: Irgendwo muss das Geld auch herkommen.
Das Verkehrskonzept haben Sie bereits angesprochen. Dort steht eine weitere Präsentation an.
Ja, der sogenannte zweite Teil, in dem die verkehrlichen Auswirkungen der möglichen Varianten wie West- und Südumgehung oder Osttangente berechnet wurden und welche Entlastung sie bringen. Dort gibt es auch einen Favoriten. Eigentlich sollte alles schon im Dezember präsentiert werden. Aber wegen der Corona-Situation haben wir es in den Februar verschoben. Im Anschluss kommt der Teil 3, in dem wir zur einer favorisierten Variante dann eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Was ist denn der Favorit? Die seit Jahrzehnten gewünschte Südumgehung zur B26, die Westtangente oder eine Mischung aus beidem?
Ich mag der Präsentation vor den Stadtverordneten nicht vorgreifen. Aber: Eine Umgehungsstraße alleine wird die Probleme nicht gänzlich lösen. Es läuft auf Kombinationen oder Teilkombinationen hinaus.
Der Betrieb der ASB-Kitas wird neu ausgeschrieben. Ihr Bestreben war es, die Kitas zukünftig in städtischer Regie zu führen. Die große Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung wollte den Weg nicht mitgehen. Sind Sie enttäuscht?
Nein. Ich sehe das ganz nüchtern. Meine Aufgabe als Verwaltungschef ist es, und das habe ich von Anfang an gesagt, Vorlagen oder Beschlussmöglichkeiten so zu erarbeiten, dass es eine neutrale Darstellung gibt und das jeder Stadtverordnete die Möglichkeit hat, auf einer fakten-basierten Grundlage zu entscheiden. Und wenn sich eine politische Mehrheit dann für eine Variante entscheidet, dann akzeptiere ich das.
Ganz emotionslos?
Was ich möchte oder ich mir vorstellen kann, das werde ich immer nur dann sagen, wenn ich dazu befragt werde. Aber als Verwaltungschef versuche. ich das zu trennen. Die zwingende Aufgabe ist es, eine neutrale Bewertungsgrundlage hinzubekommen.
Ihr Vorteil, weil Sie keiner Partei angehören?
Ja, das war von Anfang an meine Herangehensweise und ist mir auch beim Hallen-Arbeitskreis wieder deutlich geworden. Ich kann nur sagen, was eine verwaltungsseitige Meinung wäre, wie man es favorisieren würde. Dazu gehören auch unbequeme Fragen und Aussagen.
Wie zum Beispiel?
Wenn wir die Markwaldhalle in Langstadt sanieren und renovieren, dann muss allen klar sein, das machen wir überwiegend für einen einzigen Verein. Dieser ist aber ein Aushängeschild für besondere sportliche Leistungen und ein echtes Vorbild. Und in Hergershausen gibt es eine kleine und eine große Variante. Letztere ist erheblich teurer. Das sind jeweils Fakten und das muss auch immer ganz klar ausgesprochen werden. Es bringt ja nichts, ständig um den heißen Brei herum zu reden. Irgendwann muss man eine Entscheidung treffen, die auf einer nach Möglichkeit fundierten sachlichen Grundlage beruht.
Es stehen auch Neubauten an. Allen voran die Kita in Hergershausen. Wie ist die Planung?
Das Ausschreibungsverfahren ist fertig und noch im Januar soll der Zuschlag erteilt werden. Der Spatenstich in diesem Jahr könnte klappen und das optimistische Planungsziel ist die Fertigstellung Ende 2023 oder Anfang 2024. Ich hoffe, dass unser Preis trotz der Baukostensteigerungen noch zu halten ist.
Wie ist die Personalsituation im Rathaus?
Im Bereich Hochbau und Stadtplanung haben wir gefühlt immer noch ein Defizit. Wir werden das noch Anfang des Jahres genau darstellen, welche Projekte wie viel Arbeitskapazität binden. Wenn ich das Ergebnis habe, werde ich dann auch ganz konkret sagen können wie viel Personal ich benötige. Und dann kann man immer noch entscheiden, ob jemand zeitlich befristet oder projektbezogen eingestellt wird.
365 Tage im Amt: Was sind die Lehren aus dem ersten Jahr Bürgermeister?
Die Schwierigkeiten sind, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen und auch der hehre Ansatz, es allen recht machen zu wollen. Das schafft man nicht und das war mir im Vorfeld auch klar. Aber in der Praxis wirkt das einfach anders, gerade wenn man über Soziale Medien angeschrieben wird: „Wie kann man so etwas nur entscheiden?“ oder „Warum kümmert man sich nicht darum?“ Mein Anspruch ist es nach wie vor, sich um alles zu kümmern, aber es geht nicht immer. Es ist aber immer noch der spannendste und fordernste Berufe, den ich mir vorstellen kann.
Im „100 Tage im Amt“-Interview hatten Sie gesagt, dass Sie darauf hin arbeiten, nicht nur Bestehendes zu bearbeiten, sondern auch mehr selbst gestalten zu können. Anderthalb bis zwei Jahren hatten Sie sich selbst gegeben. Ist das zu halten?
Ja. Ich hoffe, dass ich dieses Jahr noch vor allem mit den Mitteln aus dem Förderprogramm zur Innenstadtbelebung auch mal mehr gestalten kann, um zum Beispiel die Aufenthaltsqualität auf dem Marktplatz zu steigern.
Dazu passt das Stichwort „Autofreie Bummelgasse“. Wann wird die Fahrstraße zur Fußgängerzone?
Die ersten Vorarbeiten sind endlich gemacht. Der Stromanschluss für den versenkbaren Poller liegt schon. Es muss alles fertig sein, bevor die Saison in der Außengastronomie los geht. (Norman Körtge)