Rundgang durch den Babenhäuser Wald

Drei extrem heiße und trockene Jahre haben dem Babenhäuser Wald immense Schäden zugefügt. Den Wald fit machen für die Zukunft, das ist die Herausforderung für die Forstämter – eine Herkulesaufgabe.
Babenhausen - Mit der Aufgabenstellung, welche Zukunftslösung für Wälder greifen könnten, ging es bei der jährlich öffentlichen Waldbegehung am Samstag durch mehrere Waldabschnitte. Rund 50 Bürger folgten der Einladung, um sich ein Bild zu machen und die Einschätzung der Fachleute zu hören. Der Marsch führte vom Reitsportgelände An der Schwedenschanze rund zweieinhalb Stunden durchs Grüne.
Als Revierförster Lothar Seipp im November 1982 nach Babenhausen kam, da war „sein Wald“ noch in Ordnung. Heute, ein paar Tage nachdem der Forstmann in Rente ging, zeichnet er ein düsteres Bild: „Wir hatten drei schlechte Jahre, viele Bäume sind abgestorben, allein 80 bis 90 Prozent der Kiefern. Besonders schlimm ist die Situation im Bereich Fischteich, Hanauer Weg und weiter Richtung VDO.“ Hitze und Trockenheit, infolge dessen vermehrt Pilze und Käfer, setzen den Bäumen massiv zu.
Die Waldbegehung mit den Förstern ist seit Anfang der 1960er Jahre ein wiederkehrendes Ritual. Seit Ende der 90er Jahre sind zu den fachkundlichen Begehungen auch die Bürger eingeladen. 2050 Hektar Wald besitzt die Stadt Babenhausen, hinzu kommt weitere Fläche in Privatbesitz. Damit ist Babenhausen eine der waldreichsten hessischen Kommunen. Kiefer, Buche und Eiche sind die Hauptbaumarten auf den sandigen Babenhäuser Böden. Die Orkanstürme Wiebke und Vivian, die hätten im Jahr 1990 Schäden gerissen, erinnert sich Seipp – doch Vergleichbares zur aktuellen Situation gibt es nicht. In diesem Sommer habe es zwar geregnet, auch von extremer Hitze blieb man im Rhein-Main-Gebiet verschont, doch das Wasser reicht bei weitem nicht. Etwa 30 Zentimeter des Bodens seien durchfeuchtet – darunter herrsche Trockenheit. „Es müsste wochenlang durchgehend regnen“, meint Seipp, während der Tross Waldbegeher weiterwandert.

Ein kurzer Stopp wird an der Nachhaltigkeitsbank eingelegt: ein 500 Kilo massiver Baumklotz zeigt, um wie viel Babenhausens Wald wächst: „Vier solcher Klötze pro Stunde“, meint Seipp – 96 innerhalb von 24 Stunden.
Wo die heimischen Arten nicht klarkommen, könnten vielleicht andere europäische Bäume unter den neuen Klimabedingungen gedeihen – ein naheliegender Gedanke? „Brauchen wir neue Baumarten?“, fragt Stadtverordnetenvorsteher Ingo Rohrwasser, „wie reagieren wir auf das Klima?“
„Wir haben unklare Prognosen: Niemand weiß genau, was 1,5 oder 2,5 Grad Erderwärmung mit den Wäldern macht“, so der neue Dieburger Forstamtsleiter Sebastian Vocilka, der das verantwortungsvolle Amt vor einem Jahr übernahm. Ein Patentrezept gibt es nicht, aber eine Richtung: Natürliche Waldverjüngung mit heimischen Arten. Den Waldeinschlag zurückfahren, nur partiell ausdünnen, statt großflächig roden. Und: Risikostreuung. Will heißen, mehrere verschiedene heimische Baumarten pflanzen, um gemischte Bestände mit einer heterogenen Altersstruktur zu schaffen. Dabei setzt man nicht auf den Ankauf von einer Million Setzlinge aus einer Baumschule, sondern auf die nachwachsenden Mechanismen des Waldes selbst.
Vom Import vermeintlich resistenter Arten aus dem Mittelmeerraum hält Vocilka nichts. „Es geht nicht einfach darum, dass es trockener und heißer wird“, so der Forstamtsleiter, „es ist komplizierter und geht auch um das wann. Einen Frühjahrsfrost kann der Baum aus der Mittelmeerregion nicht ab.“ Insgesamt sind die Kollegen des Forstamts Dieburg für rund 5000 Hektar Wald des Landes Hessen und etwa 10000 Hektar Kommunal- und Privatwald verantwortlich. Sie für die Zukunft zu rüsten, ist eine Herausforderung mit jeder Menge Unbekannten. Vocilka: „Der Mensch beeinflusst das Klima - aber das Klima beherrscht uns.“ (zah)