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Kritik an Zweitwohnungsteuer

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Babenhausen - Mit großer Mehrheit ist im Stadtparlament die Einführung einer Zweitwohnungsteuer beschlossen worden. Nun wächst die Kritik daran. Von Norman Körtge

Die Zweitwohnungssteuer in Babenhausen produziert „Heimatvertriebene“. Davon ist der Babenhäuser Walter Stock überzeugt. Als Beispiel führt er seinen Sohn Thorsten an. Der lebt bereits seit vielen Jahren in Oberursel, hat aus Heimatverbundenheit aber immer noch einen Zweitwohnsitz in Babenhausen in seinem Elternhaus gemeldet. Über das geplante Erheben einer Zweitwohnsteuer habe der Sohn durch einen Brief der Stadt erfahren. Für diesen stehe bereits fest: Kommt der Steuerbescheid, meldet sich dieser aus Babenhausen ab. „Warum soll er auch für etwas zahlen, wofür er keine Leistungen bekommt?“, meint sein Vater.

Stock glaubt darüber hinaus, dass sich die Einführung der Zweitwohnungsteuer für Babenhausen nicht rechnen werde. Und bekommt Zuspruch von Bürgermeister Joachim Knoke. „Nach den derzeit vorliegenden Daten lohnt es sich nicht“, sagte er gestern auf Nachfrage. 442 „Zweitwohnsitzer“ sind noch in Babenhausen gemeldet. Zur Erinnerung: Bevor die Stadt die so Gemeldeten angeschrieben hatte, waren es über 800 gewesen. In der Stadtverordnetenversammlung im September, in der der Beschluss gefasst wurde, war noch die Zahl von 540 genannt worden. „Es kommen täglich neue Abmeldungen“, so der Rathaus-Chef. Nur ganz wenige hätten sich nun mit dem Hauptwohnsitz angemeldet, der von der Verwaltung betriebene Aufwand sei enorm. Er zitiert eine Aussage des Bundes der Steuerzahler, wonach dieser rate, von Steuererhebungen abzusehen, wenn diese nicht mindestens 100. 000 Euro einbringe. Ansonsten stehen die Einnahmen in keinem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand. Mit zirka 90. 000 Euro an Steuereinnahmen sei zu rechnen, sagte FDP-Abgeordnete Milena Scinardo im Stadtparlament. Wie berichtet, hatten CDU, SPD und Freie Wähler dem FDP-Antrag zugestimmt, die Grünen enthielten sich. Die Höhe der Steuer soll zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete betragen. 

Neben dem sich nicht rechnenden Verwaltungsaufwand glaubt Stock auch, dass die Politiker bei ihrer Entscheidung auch viele Mitarbeiter von Continental im Blick hatten, die als Wochenendpendler nur unter der Woche in Babenhausen wohnen. Dieses Potential werde aber bei weitem nicht so ausgeschöpft werden können, sagt Stock und verweist auf höchstrichterliche Urteile. Denn das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass Verheiratete, die berufsbedingt einen Zweitwohnsitz unterhalten müssen, weil die Familie ihren Erstwohnsitz nicht aufgeben kann, keine Zweitwohnungssteuer zahlen müssen.

Entkräften kann die Stadt auf Nachfrage die Befürchtung von Stock, dass nur in Babenhausen beerdigt werden kann, wer in der Stadt auch gemeldet ist. Wer nachweislich in Babenhausen gelebt habe oder sonst eine Beziehung hierher habe, der könne auch auf den städtischen Friedhöfen beerdigt werden, heißt es aus dem Rathaus.

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