Babenhausen: Lizenz zum Feiern in München erbettelt

Kaum hatten die „Wiesnkracher“ ihr Bühnenprogramm gestartet, tanzten die ersten Gäste – die meisten stilecht in Dirndl oder Lederhosen – vor der Bühne, aber auch auf den Bänken. Rund 400 gut gelaunte Oktoberfestfans aus der ganzen Region genossen es sichtlich, mal wieder ausgelassen zu feiern, und zwar in einem großen, gut gefüllten Festzelt.
Babenhausen - Die „1. Harreshäuser Wiesn“, zu der der Carnevalclub Herrnhuter (CCH) gemeinsam mit dem TSV Harreshausen am Wochenende eingeladen hatte, bot zwei Tage Programm. Umrahmt von Fußballspielen der ersten und zweiten Mannschaft des TSV am Samstagnachmittag und einem Frühschoppen mit den Kleestädter Feuerwehrmusikanten und einem Jugendfußballturnier am Sonntag, war die Party am Samstagabend der Höhepunkt der Großveranstaltung.
Und sie war eine Premiere in zweierlei Hinsicht. Zum einen als Teamwork beider Vereine und zum anderen als Oktoberfest. Diese Form bayerischen Brauchtums ist seit Jahren bei den hessischen Nachbarn beliebt. Jetzt war auch in Harreshausen blau-weiße Gaudi angesagt.
Was ist der besondere Reiz daran? „Es ist ein bisschen auch das Verkleiden. Irgendwie erinnert es an Fasching. Das ist das Tolle“, sagte Hannah (23), die mit ihrer Freundin Sophia (24) und ihrer Harreshäuser Clique in bester Partylaune einen Tisch direkt vor der Bühne besetzte. Ihre hübschen Dirndl haben die beiden jungen Frauen schon länger. Da kann man im Internet fündig werden, erklärten sie. Hannah hat ihres bereits auf dem Oktoberfest in München und Sophia auf der Stuttgarter Wasen getragen.
Für den CCH-Vorsitzenden Michael Kattner, bei dem die Fäden der Großveranstaltung zusammen gelaufen sind, ist es ebenfalls dieses Moment des „anders sein, eine andere Rolle zu spielen“, das den Reiz an diesem Fest ausmacht. Dass er den Begriff „Oktoberfest“ nicht für seine Veranstaltung benutzen darf, weil er geschützt ist, wusste Kattner schon lange. Dass das Gleiche auch für „Wiesn“ gilt, hat er erst während der Vorbereitungen erfahren. „Ich habe mich dann mit den entsprechenden Stellen in München in Verbindung gesetzte und eine Lizenz für ein Jahr bekommen. Freundlicherweise umsonst“.
Wie das? Er habe beim Briefwechsel ein bisschen auf die Tränendrüse gedrückt, von der gesperrten Harreshäuser Mehrzweckhalle und dem durch Corona belasteten Vereinsleben erzählt, so der CCH-Vorsitzende. Die Münchner hätten nur wissen wollen, für wie viele Gäste das Ganze geplant sei und dann grünes Licht gegeben. Gut geklappt hat auch der Aufbau des 15 auf 30 Meter großen Zeltes. Das größte, das je in diesem Stadtteil stand.
18 ehrenamtliche Helfer hatten am Donnerstag und Freitag in die Hände gespuckt. „Wir haben an beiden Tagen jeweils zwölf Stunden daran gearbeitet. Vor allem ältere Mitglieder haben geholfen“, erzählte Kattner dankbar. Und dieser Kraftakt, der von gemeinsamen Mahlzeiten an einem großen Tisch begleitet wurde, hätte vielen sogar Spaß gemacht. „Die Älteren haben gesagt, das sei wie früher, wenn alle zusammen gearbeitet haben“.
Ein Kraftakt finanzieller Natur war im Vorfeld zu leisten. „Die Fixkosten waren so hoch wie die von drei Karnevalssitzungen“, sagte Kattner. Aber wenn man keine Verluste mache, sei alles okay und man werde das Fest auch im kommenden Jahr wieder auf die Beine stellen. (Petra Grimm)
