Babenhausen: Orgel kann mehr als Kirchenlieder

Ja, es gibt tatsächlich Orgelmusik für Tiere. Der 1959 geborene amerikanische Komponist Robin Dinda hat vierhändige Orgelstücke für seine Katze, seinen Hund und sein Meerschweinchen geschrieben. Sein „Charlie Dog Blues“ erfüllte am Samstag die Dorfkirche in Babenhausen Hergershausen, in der das Orgel-Duo Iris und Carsten Lenz gleich zwei unterhaltsame Konzerte hintereinander gab.
Babenhausen - „Damit möglichst viele Menschen, dieses Erlebnis haben können“, begründete Pfarrerin Elke Becker die Doppelveranstaltung. Denn um den nötigen Abstand zwischen den Zuhörern zu wahren, durfte pro Konzert nur eine überschaubare Anzahl von rund 50 Besuchern unter 2G-plus-Regeln das humorvoll moderierte Programm „Die Orgel tanzt“ genießen. Und das Publikum war spürbar dankbar für den kulturellen Lichtblick im öden Corona-Winter.
In Hergershausen gastierten die beiden Orgelvirtuosen, die an der Skinner-Orgel in der Saalkirche in Ingelheim am Rhein „zuhause“ sind, bereits zum dritten Mal. Zu ihren Markenzeichen gehört, dass sie ihr vierhändiges und vierfüßiges Spiel für die Zuhörer live auf eine große Leinwand im Kirchenraum übertragen.
Auf diese Weise können die Besucher den Organisten von allen Plätzen der Kirche aus beim Spielen zuschauen und Finger und Füße beobachten. Auch bei der dem Konzert vorausgegangenen Orgelvorführung sorgten sie mit Videoaufnahmen vom Innenleben der Orgel für ungewöhnliche Einblicke.

Von Corona ließen sich die beiden Musiker nicht stoppen, auch wenn organisatorisch vor dem Auftritt mehr zu stemmen sei. Aber das sind wohl die meisten Künstler nach zwei Pandemiejahren gewohnt. „Man muss kreativer werden. Wir bieten inzwischen meistens zwei Termine für ein Konzert an, damit das Publikum nicht so eng sitzt. Die Alternative wäre, nichts zu machen“, sagte Carsten Lenz.
Der Termin in Hergershausen wurde bereits verschoben. Eigentlich sollte das Konzert am ersten Adventswochenende vergangenen Jahres stattfindenden. Denn da jährte sich die Einweihung des barocken Orgelprospekts zum 300. Mal. Die Pfeifen in dem reich verzierten alten Orgelgehäuse sind allerdings deutlich jüngeren Datums, Lenz nannte die 1980er Jahre. Auch die klangvolle Steinmeyer-Orgel feiert einen runden Geburtstag, sie wurde vor 110 Jahren eingebaut.
Ein Doppel-Orgel-Jubiläum also, das mit originaler Tanzmusik für eine Pfeifenorgel von 1500 bis heute gefeiert wurde. Denn bevor die 300 vor Christus erfundenen Musikinstrumente in Kirchen Gottesdienste begleiteten, wurden sie einige Jahrhunderte lang bereits als Hausorgeln genutzt, auf denen gerne Tanzmusik gespielt wurde. „Ein Vorläufer des heutigen Keyboards“, erklärte Lenz, der mit Fotos und interessanten Erläuterungen während des Konzertes auch eine kleine Kulturgeschichte dieses besonderen Instrumentes lieferte.
„Die fröhliche Seite der Orgel und ihre Bandbreite“ sollten präsentiert werden. So erklangen beispielsweise Märsche, Schreittänze, Menuette, Polka und Walzer von Morandi, Ammerbach, Forrer, Westendorf und anderen. Eine von Carsten Lenz komponierte Suite mit Tänzen vom Barock bis heute war von „Happy Birthday“ als roter Faden durchzogen: ungewöhnlich und unterhaltsam, wie das ganze Konzert in der Dorfkirche. (Petra Grimm)