Rosenzeit in Hergershausen

Auch wenn die Gräben der Semme derzeit kein Bachwasser führen, lockt die idyllische Szenerie immer wieder Spaziergänger und Radfahrer. Denn die dortigen Hausgärten und auch der gemeinschaftlich gepflegte Herigar-Sinnengarten bieten im Juni eine üppige Blütenpracht. Vor allem nahe der Kirche kommt es gar zum „Rosenrausch“.
Babenhausen - Um Näheres zu erfahren, kann man die passionierte Gärtnerin Christel Winter fragen, die gegenüber dem barocken Gotteshaus mit Ehemann Lothar lange einen offenen „Rosengarten“ betrieb. Seit dem Tod ihres Mannes verkauft sie keine Pflanzen mehr und hat sich ins Privatleben zurückgezogen. Darin spielt neben ihrer Familie ihr wundervoller Garten immer noch eine Hauptrolle. Man kann ihn vom Semme-Weg und vom Pfad an der Kirche gut überblicken, dagegen haben die Winters überhaupt nichts.
Die gebürtige Kleestädterin zum Grundsätzlichen: „Mein Mann hätte am liebsten nur Rosen gepflanzt, ich wollte eine schöne Blumenmischung, dazwischen Erdbeeren, Salat, Kohlköpfe. Das ist sinnvoll, denn die meisten Rosen gehen mit der Zeit immer mehr zurück“, erklärt Christel Winter. „Wir hatten hier weit über 1 000 Sorten, jetzt sind es ein paar hundert. Die Erde wird mit der Zeit rosenmüde, man kann nicht einfach die Sorten wechseln. Viele Rosen dulden keine anderen Rosen unter sich. Um wieder gutes Wachstum zu bekommen, muss man die Erde bis zu 60 Zentimeter Tiefe austauschen. Das ist mir jetzt eine zu schwere Arbeit.“ Beim Rundgang durch den Garten ist man immer noch von einem Meer von Rosen umgeben. Schöne Busch- und Rispenrosen mit offener Schale wie die rosafarbene „Mozart“ oder auch die „Girlande’d’amour“ ziehen viele Bienen an. Strauchrosen und Rambler blühen um die Wette, die elegante, stark duftenden „Matisse“-Rose wirkt mit ihren feinen Farbnuancen besonders edel. Stark dornige Gewächse wechseln mit weniger dornigen, alte Sorten mit neuen Züchtungen. Die Rosenexpertin zeigt an ihren Gewächshäusern mit Gurken- und Tomatenpflanzen auch neu gezogenen Rosen, die viel Arbeit machen. Wie in ihrem großen Gartenparadies Rosen mit Lavendelsträuchern, Tagetes und anderen Frühlings- und Sommerblumen harmonieren, gleicht einem wohlklingenden Orchesterkonzert. Nicht von ungefähr ist Christel Winter musikbegabt, einer ihrer Söhne ist professioneller Waldhornist im Thüringischen Symphonieorchester.
Es überrascht nicht, dass auch Pfade, Gassen und Wege in der Nähe des Winterschen Areals mit Blumen- und Rosenbüschen geschmückt sind. Auch hier hatte Christel Winter ihre Hände im Spiel – und am nicht weit entfernten Gemeinschaftsgarten des Herigar-Sozialvereins. Auch dort findet man am idyllischen Pavillon und am kleinen Café herrlich duftende Kletterrosen neben anderen Blumen.
Jeden Samstag treffen sich dort Jung und Alt bei gutem Wetter ab 14.30 Uhr zu Kaffee und Kuchen, um Natur und Gemeinschaft zu genießen. Der Treffpunkt an der ehemaligen Schule ist für jeden offen. Dort sollte man auch durch den Hainbuchen-Tunnel durchschreiten, um den großen Herigar-Garten, den umgewandelten ehemaligen Schulgarten, mit allen Sinnen zu erfassen. Zur Zeit dominiert dort die wilde Blumenwiese mit vielen Insekten und Schmetterlingen.
Der Spaziergang durch stimmungsvolle Dorfsträßchen und Gassen öffnen den Blick weiter. Durchaus erlaubt sind dort neugierige Blicke auf Stock- und Kletterrosen an Hauswänden oder in lauschige Höfchen und Hausgärtchen, bei denen sich um versteckte Sitzplätze eine paradiesische Stimmung verbreitet. Dabei sind die Hergershäuser – bei aller Privatheit – offen für das eine oder andere Gespräch über ihre schönen Fachwerk- oder Schindelhäuser, ihre Höfe und deren Blumenschmuck. Bis hin zum Biergarten der Langfeldsmühle an der Gersprenz spielen dabei Rosen derzeit die Hauptrolle. Beim anschließenden Ausflug in naturgeschützte Hergershäuser Wiesen finden sich dann neben Klatschmohn und Kornblumen auch Teich- und Seerosen. (Reinhold Gries)
