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Schmauchspur nicht von Panzerfaust

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Darmstadt/Babenhausen - Im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess machte gestern der Vorsitzende Richter Volker Wagner: Nach nicht mal zwei Stunden Verhandlungszeit schloss er den 16. Verhandlungstag im Babenhäuser Doppelmordprozess vor dem Darmstädter Landgericht. Von Veronika Szeherova

Zwei Sachverständige, die bereits im Prozesverlauf ausgesagt hatten, waren erneut geladen – der Schussspurenexperte Rüdiger Schumacher vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden sowie Konstantin Sack vom Kommissariat für Internet-Kriminalität des Polizeipräsidiums Südhessen. Sie brachten das Gericht auf den neuesten Stand ihrer Erkenntnisse.

So galt es für Schumacher anhand eines Schussversuchs zu klären, ob die Schmauchspuren, die an der Bundeswehrhose des Angeklagten Andreas D. gefunden worden waren, tatsächlich noch aus seiner Wehrdienstzeit stammen könnten. Immerhin führte sie als ein Indiz zu seiner Verhaftung. „An dem Asservat wurde vor allem eine vierkomponentige chemische Zusammenstellung gefunden aus Barium, Antimon, Aluminium und Blei“, erläuterte Schumacher.

„Diese Panzerfaust ist also auszuschließen“

Die Übungsmunition, die bei der Ausbildung des Angeklagten an der Panzerfaust 44 zum Einsatz kam, wurde Mitte der 90er Jahre ausgesondert. Schumacher musste seinen Testschuss daher an einem Nachfolgemodell absolvieren, das jedoch bis auf die Patronengröße identisch sei. „Wie erwartet, fanden wir wegen des Schwarzpulvers hauptsächlich Kalium- und Schwefelpartikel“, sagte der Sachverständige. Die vier Komponenten, die auf der sichergestellten Hose dominierten, seien dagegen beim Schussversuch nicht ausfindig gemacht worden. „Diese Panzerfaust ist also auszuschließen, da sie eine völlig andere chemische Zusammensetzung hat“, brachte es Schumacher auf den Punkt.

Die Staatsanwaltschaft blieb jedoch auch an der Stelle ihrer Linie treu und fragte nicht weiter nach. Abschließend äußerte Schumacher die Vermutung, dass es sich bei dem Schmauch an der Hose eher um eine Kontaktspur als um eine Spur infolge einer Schussabgabe handele.

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Der Informatiker Konstantin Sack hat in den vergangenen Wochen weitere Computer der Firma gesichert, in der der Angeklagte beschäftigt war. Insbesondere der Laptop des Netzwerkadministrators stand im Fokus. Er konnte bestätigen, dass von dort aus etliche Zugriffe auf Waffenseiten erfolgten. Auch wurden darauf Bilder von Waffen gefunden. Den Firmen-Laptop habe der Administrator, der Bogenschießen als Hobby betreibe, auch zuhause benutzt. Sack räumte ein, dass es ohne größeren Aufwand möglich sei, Zugriff auf das Firmennetzwerk per Fernsteuerung zu bekommen – selbst mit einem firmenfremden Rechner sei es möglich, solange das Passwort bekannt ist. Das funktioniere auch mit verschiedenen Benutzerkonten. „Gute Anleitungen dafür findet man leicht im Internet“, so Sack. „Selbst Drucken in der Firma ist so möglich“, schloss er zur Zufriedenheit der Verteidigung.

Ein Polizist, der als Zeuge geladen war, war gestern verhindert. Er soll deshalb beim nächsten Termin am Mittwoch, 29. August, aussagen. Es ist anzunehmen, dass die Beweisaufnahme an diesem Tag abgeschlossen wird und schon bald die Plädoyers gesprochen werden.

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