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US-Reisemobile in der Babenhäuser Kaserne

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Hingucker auf dem ehemaligen Kasernengelände: Die bulligen Reisemobile vor der Werkshalle
Hingucker auf dem ehemaligen Kasernengelände in Babenhausen: Die bulligen Reisemobile vor der Werkshalle © Dörr

Wohnmobile amerikanischer Hersteller sind auf hiesigen Straßen in der krassen Minderheit. Trotz der Dominanz europäischer Marken auf dem deutschen Markt behauptet sich auf dem Kasernengelände ein Unternehmen in der Ami-Nische.

Babenhausen - Inhaber und Mechaniker Leszek Wieslaw Michniewski (60) sowie Ex-Model und Autodidakt Michael von Trzebiatowski (57) betreiben nun schon 20.. Jahr den US-Reisemobile-Service. 2021 erhielt die Firma einen enormen Schub und verdreifachte ihr Personal.

Warum das just im zweiten Corona-Jahr der Fall war, beantworten Michael und Lesz – das Duo möchte beim Vornamen angesprochen werden – mit einer Reihe von Gründen. Nicht nur, dass man als Eier legende Wollmilchsau fungiere: „Wir machen alles und alle US-Marken, stellen uns dabei sowohl den mechanischen und technischen als auch den gestalterischen Herausforderungen“, sagt Michael, dessen Konterfei in den 90ern europaweit auf Werbeplakaten zu sehen war. Doch dieses breite Portfolio bietet US Reisemobile Service schon länger.

„Es sind Konkurrenten verstorben, andere haben aufgegeben“, zählt Michael auf, warum die Aufträge und damit die Notwendigkeit neuer Mitarbeiter zuletzt deutlich gewachsen seien. „Auf dem Markt hat sich immer mehr konzentriert. Gerade die Spezialisierung auf Wohnmobile der US-Hersteller gibt es in Europa kaum noch. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass es eine Werkstatt wie unsere zwischen Flensburg und Cadiz kein zweites Mal mehr gibt.“ Keine große Rolle spiele hingegen die Corona-Pandemie und der vermutete Grund, dass ob komplizierter gewordener Urlaubsreisen mehr Menschen aufs Reisen mit dem Wohnmobil umgestiegen seien.

Mit der wachsenden Nachfrage habe man sich allerdings neu ausrichten müssen. Michael kaufte sich vor mehr als zwei Jahrzehnten selbst ein Wohnmobil, lernte dabei Lesz kennen. Der startete vor gut 19 Jahren solo in einer ungeheizten Mini-Werkstatt an der Frankfurter Straße. Michael unterstützte ihn zunächst beratend, stieg schließlich ganz ein und ist („Obwohl ich auch heute noch Model-Anfragen kriege“) längst in seiner neuen beruflichen Welt aufgegangen.

Die Macher: Model Michael von Trzebiatowski (links) und Mechaniker Leszek Wieslaw Michniewski.
Die Macher hinter dem  US-Reisemobile-Service in Babenhausen: Model Michael von Trzebiatowski (links) und Mechaniker Leszek Wieslaw Michniewski. © Dörr

Vor dreieinhalb Jahren zog US-Reisemobile-Service aufs Kasernengelände, wo sich das Unternehmen eine Werks-halle mit einer Dreherei teilt. Drinnen arbeitet das Team an einer Hebebühne und zwei Gruben, kann also drei Wohnmobile gleichzeitig beackern – von der Inspektion über die Reparatur von Getriebeschäden bis hin zur Neuaufteilung und dem behindertengerechten Umbau des „Hauses auf Rädern“. „Momentan machen wir besonders viele Dachreparaturen“, sagt Lesz. Komme ein Kunde mit diesem Anliegen, folge meist bald der nächste, fügt Michael hinzu. Die Mundpropaganda als wichtiges Marketingelement führt inzwischen dazu, dass nicht nur Besitzer aus der ganzen Bundesrepublik, sondern aus dem ganzen deutschsprachigen Raum ihre Fahrzeuge nach Babenhausen bringen.

Von den 50 Stellplätzen vor der Halle sind derzeit auch zwei, drei Dutzend belegt. Bis voriges Jahr arbeiteten Michael und Lesz zu zweit, dann stellten sie ein: Mittlerweile hat sich die Belegschaft auf sechs Mitarbeiter verdreifacht, „und in Kürze stellen wir wahrscheinlich schon den nächsten ein“, sagt Michael. Eine dreiteilige Doku im Hessenfernsehen brachte vor wenigen Wochen weitere Aufmerksamkeit: „Jetzt haben wir Anfragen von der Praktikantin bis hin zum Feuerwehr-Modellfahrzeugbauer“. Denkbar, dass Letzterer ebenfalls einsteigen wird, „solche detailverliebten Leute brauchen wir für den Innenausbau“.

Das Wachstum ihres Unternehmens stellt für Michael und Lesz freilich nicht nur Lust, sondern auch Bürde dar: „Mit dem Größerwerden kommt zwar mehr Umsatz, aber auch mehr Verantwortung. Wir bewegen ganz andere Zahlen, haben aber noch nicht mehr Geld in der Tasche. Wer denkt, dass wir Kapitalisten wären, täuscht sich.“ Als limitierender Faktor komme zudem die gemietete, verfügbare Hallenhälfte hinzu. Ihre unternehmerische Zukunft sehen Michael und Lesz dennoch in den Kaisergärten. (Jens Dörr)

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