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Vor dem Ukraine-Krieg nach Babenhausen geflüchtet

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Die beiden Mädchen Maja (links) und Mija besuchen in Sickenhofen oft ihre Oma Nataliia und ihren Onkel Denys Manzheliei.
Die beiden Mädchen Maja (links) und Mija besuchen in Sickenhofen oft ihre Oma Nataliia und ihren Onkel Denys Manzheliei. © zwk

Vor gut einem Jahr sind Nataliia und ihr Sohn Denys Manzheliei vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet. Seitdem wohnen sie im Babenhäuser Stadtteil Sickenhofen.

Babenhausen-Sickenhofen – „Der Krieg brach plötzlich in unser friedliches Leben ein.“ Nataliia und ihr Sohn Denys Manzheliei erinnern sich noch gut an den 24. Februar 2022, als Russland ihr Heimatland angriff. Sie wohnten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. „Wir hatten vor, für die Familie einzukaufen, im Park spazieren zu gehen, einen Arzttermin wahrzunehmen und abends ins Konzert zu gehen“, erzählen sie vom geplanten Tagesablauf Stattdessen wurden sie von Explosionen geweckt, und beim Blick aus den Fenstern sahen sie schwarzen Rauch vom etwa zehn Kilometer entfernten Flughafen aufsteigen, der von Putins Truppen bombardiert worden war.

Ein paar Wochen hielten es Nataliia und Denys Manzheliei in Kiew noch aus, aber als dann die Stadt zunehmend von den Russen attackiert wurde, packten sie Ende April ihre Koffer. Nach 40-stündiger Fahrt mit Bahn, Bus und Auto fanden sie in Sickenhofen eine kleine Wohnung. Babenhausen hatten sie nicht ohne Grund gewählt. Nataliia Manzheliei Schwiegertochter war mit ihren zwei Töchtern bereits vier Wochen zuvor in Harpertshausen gestrandet.

In Babenhausen haben insgesamt 426 Ukrainer Zuflucht gefunden

In Babenhausen wohnen derzeit nach Auskunft der Stadtverwaltung insgesamt 426 Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Heimatland geflohen sind. In den ersten Wochen und Monaten kamen sie vor allem in von Bürgern zur Verfügung gestellten Wohnungen und Häusern unter. Zeitweise fungierte ein Teil der Markwaldhalle in Langstadt als Notunterkunft. Im Sommer 2022 mietete der Landkreis Darmstadt-Dieburg zwei Wohnblöcke auf dem ehemaligen Kasernengelände an, um weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. In den dortigen Wohnungen leben nach Angaben der Kreisverwaltung derzeit 253 Geflüchtete aus der Ukraine. 91 von ihnen sind unter 18 Jahren. (nkö)

Die ersten Wochen waren geprägt von bürokratischen Dingen, etwa beim Einwohnermeldeamt oder dem Eröffnen eines Bankkontos. Auch die Suche nach einem Arzt begann sofort. Denn Denys Manzheliei ist Diabetiker und hat auch Probleme mit den Augen, sodass schon bald Operationen notwendig wurden. Unterstützung fanden die beiden stets bei ihren Gastgebern und der Nachbarschaft, die Beistand und Hilfe leisteten. Rasch kam es zwischen den Beteiligten zu einer guten nachbarschaftlichen Beziehung, und die gegenseitige Unterstützung gehört inzwischen zur Tagesordnung.

Inzwischen haben sich die beiden sehr gut eingelebt und sind oft alleine zwischen Dieburg und Aschaffenburg mit Zug und Bus unterwegs, um notwendige Arztbesuche und andere Besorgungen zu erledigen. Im Sickenhöfer Apartment haben sie sich häuslich eingerichtet, nutzen auch das Grundstück, um mit den Enkelkindern beziehungsweise Nichten zu spielen und nehmen Besen und Rechen zur Hand, um bei Hausarbeiten mitzuhelfen. Nataliia Manzheliei geht ihrer Garten-Leidenschaft nach und kümmert sich um die Pflanzen.

Aber sie vermissen ihre geliebte Stadt, in der sie geboren wurden und in der auch ihre Vorfahren begraben sind. Mit Verwandten und Freunden, die in Kiew geblieben sind, tauschen sie sich regelmäßig aus. In der Stadt haben sie noch zwei Wohnungen. Nachbarn kümmern sich um diese.

„Wir verspüren das ganze Jahr über jeden Tag Liebe und Fürsorge, Verständnis und Sympathie, wofür wir den freundlichen Menschen unendlich dankbar sind. Danke auch an Freunde und Nachbarn in Sickenhofen, die an unserem Leben in Deutschland teilnehmen. Auch die Unterstützung des Staates für Kriegsflüchtlinge, wie die monatlichen Sozialleistungen, Mietzahlungen und Krankenversicherung spricht für die umfassende Hilfe und Versorgung Deutschlands“, sagen die beiden voller Dankbarkeit. Nataliia und Denys Manzheliei wollen sich auf jeden Fall in die deutsche Gesellschaft integrieren, aber es sind auch noch eine Reihe von Fragen zu klären. Dazu gehören Auskünfte über die Dauer der sozialen Unterstützung und der Krankenversicherung für Flüchtlinge aus der Ukraine. Auch freuen sie sich, wenn es in Wohnortnähe Plätze für Integrationskurse geben kann.

Denys Manzheliei würde gerne arbeiten, aber noch nicht ausreichende Sprachkenntnisse und das eingeschränkte Sehvermögen machen die Jobsuche nicht einfach. (zwk)

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